Informationen in der Iran-Krise: Trumps Worten trauen?
Über die Iran-Krise bleibt vieles unklar. Es wäre aber gut, wenn die Grundlage internationaler Politik Tatsachen wären und nicht Gefühle.
E ine Weltsicht, die sich in erster Linie an Glaubensfragen orientiert und nicht an der nüchternen Analyse unbestreitbarer Tatsachen, nennt man religiös. Nicht politisch. Wenn das eine mit dem anderen verwechselt wird, kommt dabei selten Gutes heraus. Im Hinblick auf die Iran-Krise stimmt das nicht zuversichtlich. Denn die Informationen in diesem Zusammenhang sind so verwirrend, dass kaum eine Einschätzung ohne Gefühle auskommt. Meine auch nicht.
Beispiel. Haben Sie je geglaubt, dass der Absturz einer ukrainischen Verkehrsmaschine unweit des Flughafens von Teheran auf technische Probleme zurückzuführen ist? Ich auch nicht. Und wie steht es mit der Behauptung, Geheimdienstinformationen zeigten, dass der getötete iranische General Soleimani mit der Planung von Angriffen auf US-Ziele beschäftigt war – Beweise dafür könne man jedoch leider, leider im Interesse der nationalen Sicherheit nicht veröffentlichen?
Schon schwieriger. Mit dieser Argumentation steht und fällt die völkerrechtliche Rechtfertigung des Drohnenangriffs auf den ranghohen Militär, ganz unabhängig von der politischen Einschätzung der Tat. Ich glaube US-Präsident Donald Trump kein Wort. Aber das liegt eben auch daran, dass er es ist, der sich weigert, Beweise vorzulegen.
Den Drohnenkrieg seines Vorgängers Barack Obama hielt und halte ich für falsch, in Teilen sogar für ein Verbrechen. Dennoch bin ich ihm gegenüber nachsichtiger als gegenüber Trump. Obama hat das deutlich sympathischere Lächeln und steht mir auch politisch näher. Damit reagiere ich allerdings keineswegs stärker vernunftgesteuert als ein glühender Anhänger des US-Präsidenten, der bereit ist, diesem alles zu glauben.
Keine reine Glaubensfrage
Weiter. Was ist von den Hinweisen zu halten, die USA seien im Vorfeld über die iranischen Angriffe auf ihre Militärstützpunkte im Irak informiert worden und die Schweiz sei in diesem Zusammenhang als Briefträgerin unterwegs gewesen? Glaubhaft, jedenfalls aus meiner Sicht. Und auch aus der Sicht der meisten Beobachterinnen und Beobachter, die deshalb fast unmittelbar nach den Raketeneinschlägen von einem „Signal der Deeskalation“ sprachen.
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Das ist nun allerdings keine reine Glaubensfrage, sondern Ergebnis einer jahrelangen Analyse diplomatischer Gepflogenheiten. Auf die breite Öffentlichkeit wirkt das jedoch so widersprüchlich, dass eine Zustimmung oder Ablehnung dieser These kaum ohne Gefühligkeit auskommt. Wenn das schon in Demokratien mit freiem Zugang zu Medien unterschiedlicher politischer Richtungen so ist, dann ist die Manipulierbarkeit von Massenbewegungen in Diktaturen nicht verwunderlich.
Wenn es doch wenigstens nur die Öffentlichkeit wäre, die verwirrt ist! Aber in den letzten Tagen hat sich der Eindruck verstärkt, dass auch führende Politikerinnen und Politiker in Europa nicht so recht wissen, was sie von der Entwicklung und den sich überschlagenden Meldungen halten sollen. Über die europäische Hilflosigkeit ist in den letzten Tagen viel gesagt und geschrieben worden. Aber müsste die so groß sein, wenn die Akteure sich gut informiert fühlten – sic! – über das, was sich tatsächlich ereignet hat? Und über die Motive der Konfliktparteien?
Was auch immer die nächsten Tage bringen, zwei Erkenntnisse scheinen unabweisbar zu sein: Die transatlantischen Beziehungen sind so stark belastet, dass auch engste Verbündete dem US-Präsidenten nicht mehr unbesehen glauben, was er sagt. Und: Die Behauptung, wir lebten in einer Informationsgesellschaft, darf als widerlegt gelten. Leider.
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