Indigene und Flüssiggas: LNG aus Kanada ist nicht grün
Bundeskanzler Scholz will Flüssiggas in Kanada einkaufen. Für die indigene Bevölkerung hat die Förderung katastrophale Auswirkungen.
I ch bin Großmutter, Wasserschützerin und Highschool-Lehrerin aus der Mi’kmaq-Nation im heutigen Nova Scotia, Kanada. Obwohl wir nie Land abgetreten haben, hat Kanada in den letzten 450 Jahren unser Volk ständig angegriffen, ist in unser Land eingedrungen und hat unsere Ressourcen gestohlen.
Nicht weit von meinem Wohnort entfernt plant Pieridae Energy den Bau des Goldboro LNG-Terminals, von dem aus Flüssigerdgas nach Deutschland verschifft werden soll, um Europa in der Energiekrise zu „helfen“. Im August wird Bundeskanzler Olaf Scholz zu diesem Zweck nach Kanada reisen. Ich fordere Sie als deutsche Bürger:innen auf zu verstehen, dass LNG aus Kanada alles andere als grün ist.
Diese Projekte bedrohen unser Klima, die Sicherheit unserer Frauen und Mädchen, und sie zerstören das Land, auf dem wir seit jeher gelebt haben. Das Goldboro LNG-Exportprojekt sieht ein riesiges Camp für bis zu 5.000 Arbeiter vor, während die Anlage gebaut wird. Diese Arbeitslager sind in Kanada dafür bekannt, dass sie mit Gewalt, Menschenhandel und dem Verschwinden von indigenen Frauen und Mädchen in Verbindung stehen.
LNG kann nicht als „nachhaltig“ und „ethisch“ bezeichnet werden, wenn es unser Volk bedroht. Das Goldboro LNG-Terminal wird ohne die vorherige, freie und informierte Zustimmung der Mi’kmaq Nation verhandelt. Dies ist ein direkter Verstoß gegen die UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker, die sowohl Kanada als auch Deutschland unterzeichnet haben. Schließlich befindet sich nicht nur das Gebiet der Mi’kmaq, sondern auch die Erde in einer Krise infolge des Klimawandels.
Wir können nicht länger so tun, als sei die Förderung und Verbrennung neuer fossiler Brennstoffe eine Lösung – nicht für die Energiekrise in Europa, nicht für die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen, nicht für die wirtschaftlichen Probleme Kanadas. Unserem Planeten und uns selbst zuliebe müssen wir neue Wege finden, um die heutigen Energieprobleme zu lösen.
Wir können nicht länger so tun, als sei die Förderung und Verbrennung neuer fossiler Brennstoffe eine Lösung
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei