piwik no script img

Indigene und FlüssiggasLNG aus Kanada ist nicht grün

Kommentar von Ducie Howe

Bundeskanzler Scholz will Flüssiggas in Kanada einkaufen. Für die indigene Bevölkerung hat die Förderung katastrophale Auswirkungen.

Die Förderung und Verbrennung neuer fossiler Brennstoffe ist keine Lösung Foto: Marcy de Luna/reuters

I ch bin Großmutter, Wasserschützerin und Highschool-Lehrerin aus der Mi’kmaq-Nation im heutigen Nova Scotia, Kanada. Obwohl wir nie Land abgetreten haben, hat Kanada in den letzten 450 Jahren unser Volk ständig angegriffen, ist in unser Land eingedrungen und hat unsere Ressourcen gestohlen.

Nicht weit von meinem Wohnort entfernt plant Pieridae Energy den Bau des Goldboro LNG-Terminals, von dem aus Flüssigerdgas nach Deutschland verschifft werden soll, um Europa in der Energiekrise zu „helfen“. Im August wird Bundeskanzler Olaf Scholz zu diesem Zweck nach Kanada reisen. Ich fordere Sie als deutsche Bür­ge­r:in­nen auf zu verstehen, dass LNG aus Kanada alles andere als grün ist.

Diese Projekte bedrohen unser Klima, die Sicherheit unserer Frauen und Mädchen, und sie zerstören das Land, auf dem wir seit jeher gelebt haben. Das Goldboro LNG-Exportprojekt sieht ein riesiges Camp für bis zu 5.000 Arbeiter vor, während die Anlage gebaut wird. Diese Arbeitslager sind in Kanada dafür bekannt, dass sie mit Gewalt, Menschenhandel und dem Verschwinden von indigenen Frauen und Mädchen in Verbindung stehen.

LNG kann nicht als „nachhaltig“ und „ethisch“ bezeichnet werden, wenn es unser Volk bedroht. Das Goldboro LNG-Terminal wird ohne die vorherige, freie und informierte Zustimmung der Mi’kmaq Nation verhandelt. Dies ist ein direkter Verstoß gegen die UN-Erklärung über die Rechte indigener Völker, die sowohl Kanada als auch Deutschland unterzeichnet haben. Schließlich befindet sich nicht nur das Gebiet der Mi’kmaq, sondern auch die Erde in einer Krise infolge des Klimawandels.

Wir können nicht länger so tun, als sei die Förderung und Verbrennung neuer fossiler Brennstoffe eine Lösung – nicht für die Energiekrise in Europa, nicht für die Abhängigkeit Deutschlands von fossilen Brennstoffen, nicht für die wirtschaftlichen Probleme Kanadas. Unserem Planeten und uns selbst zuliebe müssen wir neue Wege finden, um die heutigen Energieprobleme zu lösen.

Wir können nicht länger so tun, als sei die Förderung und Verbrennung neuer fossiler Brennstoffe eine Lösung

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

10 Kommentare

 / 
  • Das gleiche Verbrechen geschieht an der Westküste Kanadas. Auf der Ostseite der Rocky Mountains gefracktes Gas soll in mehreren neuen pipelines in die Häfen von Kitimat und Prince Rupert gepumpt werden. Der indigene Widerstand wird mit militarisierter Polizei gebrochen. Deutschland und Europa müssen los von Gasimporten, egal woher.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Auch nicht "grün":



    Gewalt, Menschenhandel und das Verschwinden von indigenen Frauen und Mädchen :-(

  • Erdgas aus Canada grün? Da lachen selbst die Bio-Hühner. Aber die Selbstgerechten werden das Gas schon grün waschen und zwar gründlich! Willkommen in der Klima-Krise.

  • Erdgas ist nie grün, egal woher es kommt.

    • @Herbert Eisenbeiß:

      Dann lasst uns doch zumindest uns in die Lage versetzen, es möglichst grün und sozial verträglich zu gewinnen. Bei uns zuhause, ohne LNG-Verluste, ohne Transport, in einem demokraischen Staat mit wirtschaflichen Teilhabemöglichkeiten für die Anwohner wie bei Windkraft.

      in 18 Monaten werden immer noch Gas brauchen.

      • @Herr B:

        Fracking ist absolut nicht grün. Die Flüssigkeit, welche man in den Boden pumpt, ist hochgiftig und alles andere als gesund.

        Ach ja, und noch was: wenn wir jetzt damit anfangen, das Wattenmeer zu zerstören, ist Förderbeginn irgendwann um 2030. Mal eben mit dem Finger schnippen und in ein paar Monaten ist es soweit ist reines Wunschdenken. Wie überbrücken wir die acht Jahre bis dahin?

        • @Herbert Eisenbeiß:

          Keine Ahnung wo Sie die Jahreszahl 2030 her haben, aber die Industrie selbst sagt was ganz anderes. Und das Wattenmeer ist nicht der Ort, wo das meiste Erdgas liegt. Das liegt auf dem Land, relativ leicht zugänglich.

          Laut Aussagen der Industrie könnte man in 18 Monaten genug fördern, um zumindest ein LNG-Terminal einzusparen.



          Und Fracking wurde wirklich durch russisches Geld schlechter dargestelltm als es ist. Der Bericht der Kommison der Bundesregierung zeigt die Gefahren gut auf.

          • @Herr B:

            Die Jahreszahl 2030 stand im Spiegel drinne. Da gab es einen Bericht, wie lange es dauern würde, die Gasfelder im Wattenmeer zu erschließen inkl. aller Genehmigungsverfahren.

      • @Herr B:

        Dem kann man nur zustimmen. Allerdings werden 18 Monate auch nicht reichen. Das würde aber eine ideologiefreie Vorgehensweise zur Erreichung der CO2-Neutralität erfordern. Ideologiefrei bedeutet hier vorallem, technologisch notwendige Zwischenschritte realisieren, wie z.B. lokales Fracking und Kernkraft. Nachdem Alternativen mit ausreichender Versorgungssicherheit etabliert sind, kann man dann z.B. das Fracking und die Kernkraft zurückfahren. Es wird leider völlig unter den Tisch gekehrt, dass mit der Verabschiedung vom russischem Gas der bisherige Klimastrategie die Grundlage entzogen wurde. Man muss sich nur ansehen, wie der Primärenegiebedarf in Deutschland gedeckt wird. Scheinbar macht sich niemand die Mühe.

      • @Herr B:

        Dann kommt nur fracking in DE in Frage. Da wird die deutsche Politik sicher jedwede Ungerechtigkeiten in CAN akzeptiere. Sprech vom Kanzler dann in wenigen Wochen: "Alle kanadischen Gesetze werden eingehalten. Davon dürfen und können wir ausgehen."



        Das schlimme ist für mich, dass die Argumente und Formulierungen alle so schrecklick leicht vorhersehbar sind. Letztlich kann jeder , wirklich jeder nach kurzer Einarbeitung Politiker werden. Es hat aber nicht jeder die Fähigkeit so dreist und dümmlich bei maximal sicherem Auftreten vor Kameras o.ä. zu sein. Aber das ist jetzt ein anderes Frustfeld...