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Indiens Irrtum im Kaschmir-KonfliktBitte kein „Teile und herrsche“

Britta Petersen
Kommentar von Britta Petersen

Wegen Terrorgefahr hat Indiens Regierung die Autonomie von Jammur und Kaschmir aufgehoben. Der Lösungsversuch könnte den IS auf den Plan rufen.

Wird es neue Konflikte geben? Die Islamische Politische Partei demonstriert für Unabhängigkeit Foto: ap

D ie hindunationalistische Regierung unter Narendra Modi hat die lange auf der politischen Rechten in Indien vorgedachte Aufhebung der Unabhängigkeit des umstrittenen Bundesstaats Jammu und Kaschmir beschlossen und plant dessen Teilung. Die Anhänger dieses Schritts mögen, wenn sie nicht vor allem ideologische Motive haben, der Meinung sein, dass sich der seit 70 Jahren währende Konflikt in Kaschmir besser lösen lässt, wenn Neu-Delhi dort direkten Einfluss nimmt. Die volle Integration in die Indische Union scheint dies zu versprechen. Doch das ist ein gefährlicher Trugschluss.

Zwar ist es zu begrüßen, dass das mehrheitlich buddhistische Ladakh aus der „babylonischen Gefangenschaft“ mit dem Kaschmir-Tal befreit wird, in dem der Konflikt vor allem tobt. Doch wie das zukünftige Unionsterritorium Jammu und Kaschmir unter Kontrolle gebracht werden soll, ist keineswegs klar. Neu-Delhi hofft offenbar, dass sich neue politische Konstellationen jenseits der etablierten Parteien in Kaschmir ergeben werden, wenn diese nicht mehr den Bundesstaat dominieren.

Doch muss man ausgerechnet Indien daran erinnern, dass „Teile und herrsche“ eine Kolonialstrategie ist, die stets mit Belohnung für die einen und brutale Unterdrückung für die anderen einherging? Oder sollte dies gar die Absicht sein?

Bisher hat keine der etablierten Parteien in Kaschmir, von den anderen ganz zu schweigen, signalisiert, dass sie die Pläne der BJP unterstützt. Wer aber sollen dann die Partner der Regierung in diesem nach wie vor muslimisch dominierten Staat sein? Stattdessen liefert der Schritt eine Steilvorlage für die Radikalen in Kaschmir und Pakistan, den bewaffneten Kampf zu intensivieren.

Es ist zu befürchten, dass noch mehr junge Menschen sich radikalisieren und auch der „Islamische Staat“, der kürzlich zum ersten Mal bekannt gab, in Kaschmir eine Provinz (Wilayat-e-Hind) errichtet zu haben, Zulauf bekommen wird. Für Frieden und Wirtschaft keine guten Entwicklungen.

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Britta Petersen
Britta Petersen ist Senior Fellow bei der indischen Denkfabrik Observer Research Foundation (ORF) in Neu-Delhi und Mitglied im Korrespondenten-Netzwerk "weltreporter.net". Bis 2014 war sie Bueroleiterin der Heinrich Boell Stiftung in Pakistan, zuvor Redakteurin und Korrespondentin der Financial Times Deutschland (FTD) in Berlin, Kabul und Neu-Delhi (bis 2010). Fuer ihre Arbeit mit jungen afghanischen Journalisten erhielt sie 2005 den Leipziger "Preis fuer die Freiheit und Zukunft der Medien" und 2009 den "Gisela Bonn Preis" für Beiträge zur deutsch-indischen Verständigung.
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