Importierte Armut: "Die Löhne sind sehr niedrig"
Vattenfall will Holz aus Liberia für seine Kraftwerke in Berlin. Der Mitarbeiter einer NGO vor Ort berichtet über Arbeitsbedingungen und die Stromversorgung.
taz: Herr Kollie, Vattenfall will in Berlin Biomasse in Kraftwerken verbrennen. Das Holz dafür wird teilweise aus Liberia stammen. Vattenfall hält 20 Prozent an der Firma Buchanan Renewables, die vor Ort Plantagen betreibt. "Ökoimperialismus", hieß es hier dazu.
Abraham Kollie: Wenn es um Unternehmen geht, die im Ausland investieren, gibt es immer Probleme. So stellt sich natürlich die Frage, warum Holz nach Europa verschifft wird und wir es in Liberia nicht selber nutzen. Aber es gibt viele Vorteile: Wenn Unternehmen hier investieren, bringt es insgesamt eine Verbesserung der Situation, es gibt neue Jobs und das kann dazu beitragen, das Leid vor Ort zu lindern.
Überwiegen die Vorteile oder die Nachteile?
Meiner Meinung nach überwiegen die Vorteile. Buchanan Renewables kauft zum Beispiel den Farmern alte Bäume ab, hilft ihnen dabei, den Grund wieder bepflanzbar zu machen und neue Kautschukbäume anzupflanzen.
Welche Probleme gibt es?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Als Buchanan Renewables begann, hier Plantagen zu betreiben, bemerkten wir, dass die Leute nicht gut in den Prozess eingebunden wurden. Also haben wir mit dem Unternehmen gesprochen, und momentan geben sie sich mehr Mühe, die Bevölkerung einzubeziehen. Ein anderes Problem ist, dass Buchanan Renewables bereits 2009 versprochen hatte, hier ein Biomasse-Kraftwerk zu errichten. Damals wurde der Vertrag zwischen dem Unternehmen und der Regierung geschlossen. Doch da hat sich bislang nichts getan. Nun haben wir das Unternehmen besucht und sie haben versprochen, dass sie im September anfangen, das Kraftwerk zu errichten. Davon würden die Leute vor Ort wirklich profitieren.
Gibt es derzeit gar keine Stromversorgung?
Das alte Kraftwerk wurde im Krieg zerstört. Die Leute nutzen vorwiegend Generatoren, um Strom zu erzeugen, auch die Regierung stellt nur ein bisschen Strom zur Verfügung. Das führt dazu, dass nur sehr wenige Menschen eine Stromversorgung haben. Das neue Kraftwerk soll dagegen bis zu 500.000 Haushalte mit Elektrizität versorgen.
Wie sind die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen vor Ort?
Es gibt viele Unternehmen, die hier Bäume pflanzen. Offen gesprochen sind wir mit dem Arbeitsbedingungen nicht immer zufrieden, vor allem, weil die Löhne sehr niedrig sind.
Wenn Vattenfall Holz aus Liberia bezieht - hat das Unternehmen eine Chance, Einfluss auf die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen zu nehmen?
Ich glaube, das Problem ist, dass das diesbezügliche Gesetz in Liberia sehr alt ist. Es müsste einen Mindestlohn geben, den könnten die Unternehmen nicht umgehen. Aber es ist nicht so, dass alle Unternehmen, die hier tätig sind, schlechte Arbeitsbedingungen haben. Es gibt durchaus welche, die gut zahlen und auf Sicherheit Wert legen.
Wie ist es mit Kinderarbeit?
Das ist in der Tat ein Problem. Die Unternehmen stellen zwar nicht direkt Kinder ein, aber Kinder helfen häufig ihren Eltern, weil die Arbeit sonst nicht zu schaffen ist. Bei Buchanan Renewables ist das bislang aber nicht der Fall.
Aber eine Möglichkeit, das sicher zu verhindern, gibt es nicht?
Nein, vermutlich nicht.
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