Impfstoffverteilung in der EU: Genug für alle
Der Corona-Impfstoff des Konzerns Moderna steht kurz vor der Zulassung, der von AstraZeneca ist auf dem Weg. Es wird genug Vakzine für die EU geben.
Während die EU noch auf den Impfstoff des britisch-schwedischen Pharmakonzerns Astrazeneca warten muss, entwickelt sich der US-Anbieter Moderna zum nächsten Hoffnungsträger. Moderna stellte am Dienstag in Aussicht, mehr Einheiten seines Produkts herstellen zu können als bisher angekündigt. Im Jahr 2021 kann das Unternehmen mindestens 600 Millionen Impfdosen liefern, hofft aber darauf, eine Milliarde zu schaffen. Bisher hatte das Unternehmen aus Cambridge in Massachusetts nur von 500 Millionen Einheiten gesprochen. „Wir investieren und bauen Personal auf“ um die Kapazitäten auszuweiten, teilte Moderna mit.
Der Impfstoff von Moderna soll am Mittwoch grünes Licht für die Zulassung in der EU erhalten. Damit steht neben dem Produkt des Mainzer Unternehmens Biontech auf dem deutschen Markt eine Alternative zur Verfügung. Aus den von der EU-Kommission bestellten Lieferungen stehen Deutschland rund 28 Millionen Dosen zur Verfügung. Zusammen mit dem Biontech-Impfstoff sind das bereits 114 Millionen Einheiten. Da jeweils zwei Spritzen nötig sind, können damit 57 Millionen Bundesbürger geimpft werden. Das übertrifft die Zahl der Impfwilligen in den Risikogruppen und beim medizinischen Personal bei Weitem.
Dazu kommen voraussichtlich ab April weitere Impfstoffe, die sich ebenfalls als wirksam und sicher erwiesen haben. Experten räumen ihnen gute Chancen ein, in Europa zugelassen zu werden. Das sind vor allem die Produkte von AstraZeneca und die des US-Anbieters Johnson & Johnson. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist sich daher inzwischen sicher, bis Ende Juni jedem Deutschen ein Impfangebot machen zu können. Er wies Kritik aus der SPD zurück, dass Deutschland bei der Beschaffung und Verteilung schwere Fehler gemacht habe. Nach einer Anlaufphase werde Biontech jeden Montag 670.000 Dosen liefern. Dennoch wird sich die Impfkampagne über viele Monate hinziehen.
Während AstraZeneca in Großbritannien, Mexiko und Argentinien bereits Zulassungen hat, steht die Freigabe in der EU noch aus. Das Unternehmen reicht zwar laufend Unterlagen bei der zentralen Arzneiaufsicht EMA in Amsterdam ein. Es hat jedoch noch nicht den endgültigen Antrag auf Marktfreigabe gestellt. „AstraZeneca hat die Daten fortlaufend eingereicht und wird weiterhin eng mit der EMA zusammenarbeiten, um den Beginn eines formellen Antragsprozesses für eine bedingte Zulassung zu unterstützen“, sagte eine Sprecherin von AstraZeneca. „Ein ähnlicher Ansatz der Datenbereitstellung auf rollierender Basis wird mit anderen Regulierungsbehörden auf der ganzen Welt verfolgt.“
Unsaubere Arbeit bei AstraZeneca
Die EMA selbst mahnt derweil zu Geduld. „Das Produkt muss alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen, Überprüfungen und Auflagen erfüllen“, so die EMA. AstraZeneca müsse einen detaillierten Plan für die Erfassung von Nebenwirkungen ebenso vorlegen wie den Entwurf für den Beipackzettel. Die Art der Zulassung, die Großbritannien bereits erteilt wurde, ist dagegen eher für Notfälle gedacht. Beide Sichtweisen haben Anhänger: Die einen fordern, nur umfangreich geprüfte Impfstoffe auf die Bevölkerung loszulassen, andere halten die Krise für so schwer, dass hier Abstriche erlaubt seien.
Die Bewertung des AstraZeneca-Impfstoffs durch Experten und die Öffentlichkeit ist dadurch erschwert, dass das Unternehmen bei einem kleinen Teil der Testpersonen einen Dosierungsfehler gemacht hat, der jedoch zu besonders guten Ergebnissen geführt hat – mit denen das Unternehmen dann geprahlt hat, obwohl diese Variante in der Praxis nicht zum Einsatz kommt. Diese unsaubere Arbeit führt zu Nachfragen und macht nach Ansicht einiger Fachleute weitere Studien nötig, um die tatsächliche Wirksamkeit zu ermitteln. Die britische Arzneimittelbehörde MHRA hat darauf jedoch nicht gewartet.
AstraZeneca plant die Bereitstellung von 3 Milliarden Dosen im ersten Jahr, während Pfizer und Biontech im Jahresverlauf 1,3 Milliarden Impfdosen herstellen wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Selbstzerstörung der FDP
Die Luft wird jetzt auch für Lindner dünn
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern