Impfstart in der EU: Auf die Spritzen, fertig, los!
In der ganzen Europäischen Union haben die ersten Menschen Impfdosen erhalten. Die Impfablehnung in manchen Ländern könnte den Erfolg verzögern.
Sechs Monate nach der Präsentation der Corona-Impfstrategie habe die EU ihr Versprechen eingelöst, „Impfstoffe für alle Mitgliedstaaten zur selben Zeit“ bereitzustellen, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. Angesichts der Impfungen könne Europa „mit Optimismus“ in das neue Jahr starten.
Für die gesamte EU waren am Samstag die ersten Impfstoffdosen aus der Pfizer-Fabrik im belgischen Puurs ausgeliefert worden. Vereinzelt wurden erste Impfungen noch am Samstag verabreicht. Neben einer 101-jährigen Pflegeheimbewohnerin in Sachsen-Anhalt erhielten auch Menschen in Ungarn und der Slowakei einen Tag vor dem offiziellen Impfstart in der EU das Vakzin.
Die 29-jährige Krankenschwester Claudia Alivernini, die am Sonntag als erste Italienerin mit dem Vakzin geimpft wurde, sagte, sie empfinde „großen Stolz“ und Verantwortung angesichts dieses Privilegs. Während in Italien in der ersten Phase bevorzugt Mitarbeiter im Gesundheitswesen geimpft werden, waren unter anderem in Spanien und Frankreich die Bewohner von Pflegeheimen die ersten Impfstoff-Empfänger.
Tschechiens Ministerpräsident darf als Erster
Im Pariser Vorort Seine-Saint-Denis applaudierten die Mitarbeiter eines Krankenhauses einer 78-Jährigen, die sich als erste die Spritze geben ließ. „Ich bin bewegt“, sagte die pensionierte Haushälterin. Im von sozialen Problemen geprägten Seine-Saint-Denis liegen die Infektionszahlen mit dem Coronavirus besonders hoch.
In Tschechien ließ sich zuerst öffentlichkeitswirksam der populistische Ministerpräsident Andrej Babis impfen. Zur Begründung erklärte er, er habe im Fernsehen eine Frau gesehen, die gesagt habe, sie wolle mit der Impfung „auf Babis warten“.
Die EU hatte den Impfstoff von Biontech und Pfizer vor knapp einer Woche zugelassen. Der EU-weite Impfbeginn am Sonntag erfolgte später als in vielen anderen Weltregionen, darunter Russland, Kanada, China, die USA, die Schweiz und Saudi-Arabien.
Als erstes westeuropäisches Land hatte am 8. Dezember Großbritannien mit seiner Impfkampagne mit dem Biontech-Pfizer-Präparat begonnen. Bis zum 20. Dezember hatten dort nach Regierungsangaben bereits 616.933 Menschen eine erste Dosis erhalten. Vor allem größere Pflegeeinrichtungen mit 50 bis 70 Betten haben Priorität.
In den kommenden Tagen wird zudem die Entscheidung der britischen Behörden über die Zulassung des Impfstoffs des britischen Herstellers AstraZeneca erwartet. Unternehmenschef Pascal Soriot sagte der Sunday Times, das gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelte Vazin könne einen „hundertprozentigen Schutz“ gegen schwere Verlaufsformen von Covid-19 bieten.
Impfablehnung weiterhin verbreitet
Politiker und Gesundheitsexperten erhoffen sich vom Start der Impfkampagne eine Trendwende in der Corona-Pandemie. Doch die Impfbereitschaft fällt vielerorts noch verhalten aus. Eine im Journal du Dimanche veröffentlichte Umfrage ergab, dass 56 Prozent der Franzosen sich nicht impfen lassen wollten.
In Spanien beobachteten Demoskopen derweil einen Anstieg bei der Impfbereitschaft: Dort gaben in einer diese Woche veröffentlichten Umfrage nur noch 28 Prozent der Befragten an, sich nicht impfen lassen zu wollen. Im November hatte dieser Wert noch bei 47 Prozent gelegen. Doch in Spanien kommt es am Montag bereits zu Verzögerungen bei der Impfstofflieferung. Der Hersteller Pfizer habe Logistik-Probleme und könne erst am Dienstag liefern.
Europaweit steigen die Infektionszahlen derzeit wieder stark an. Mit 25 Millionen nachgewiesenen Infektionen bleibt der Kontinent die am schwersten von der Pandemie betroffene Region der Welt, wie eine Bilanz der Nachrichtenagentur AFP vom Sonntag auf der Grundlage von Behördenangaben ergab. Weltweit stieg die Zahl der registrierten Ansteckungen laut der Zählung auf mehr als 80 Millionen, in 1,7 Millionen Fällen verliefen die Infektionen tödlich.
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