Impeachmentverfahren gegen Trump: Das Gordon-Problem
Gordon Sondland genoss Trumps Vertrauen. Jetzt hat er zu dessen versuchten Erpressung in der Ukraine-Affäre ausgesagt. Das nützt dem Verfahren.
G ordon Sondland ist Teil des Problems. Er ist ein Unternehmer ohne politische und diplomatische Vorkenntnisse, der nach einer Spende von einer Million Dollar für die Einweihungsfeierlichkeiten von Donald Trump zum Botschafter der USA bei der EU befördert wurde. Seine Blitzkarriere – nicht untypisch für US-Verhältnisse – ist Ausdruck eines Systems, in dem Geld an die Stelle von Qualifikationen tritt. Sondland, der unter anderem mit Immobiliengeschäften und Hotels zu seinem Vermögen kam, hat seine Position gekauft. Anderswo heißt so etwas „Korruption“.
Am Mittwoch, bei dem Impeachmentverfahren in Washington, ist Sondland von einem Problem zum Teil einer Lösung geworden. Nachdem er seinen Boss bei vorausgegangenen Aussagen hinter verschlossenen Türen geschont hatte, packte er vor der US-amerikanischen Öffentlichkeit aus.
Sondland bestätigte nicht nur, dass Trump das Versprechen eines Treffens im Weißen Haus und die Vergabe von US-Militärhilfe an die Ukraine an „Gegenleistungen“ des ukrainischen Präsidenten geknüpft hat, er warf auch noch den Vizepräsidenten und den Außenminister der USA mit unter den Bus. Mike Pence und Mike Pompeo hätten gewusst, worum es Trump in der Ukraine ging: nämlich nicht um das Land, nicht um dessen militärische Bedrohung durch Russland und nicht um die Bekämpfung der ukrainischen Korruption, sondern um Trumps eigene Wiederwahl im Jahr 2020.
Ein Sog von Lügen und Manipulationen
Diese Anschuldigungen, die Sondland mit Erinnerungen an eigene Telefonate, Treffen und Textnachrichten auf der obersten Ebene untermauerte, führen zu einer Wende in dem Impeachmentverfahren. Sie haben die Bestechung konkret gemacht.
Sondland genoss Trumps Vertrauen. Er konnte ihn problemlos per Handy aus einem Café in Kiew anrufen. Er bekam per Tweet Vorschusslorbeeren aus dem Weißen Haus. Und er konnte mit dem US-Präsidenten in dem männerbündelnden Umkleidekabinen-Ton witzeln, den Trump salonfähig gemacht hat. Kostprobe von Sondland zu Trump: „Er (der ukrainische Präsident) mag Deinen Arsch“. Aber angesichts der Gefahr, selbst in den Sog von Lügen und Manipulationen gerissen zu werden, und angesichts der Möglichkeit, eines Tages selbst wegen Meineids angeklagt zu werden, hat Sondland die Disziplin des innersten Kreises von Trump gebrochen.
Schon mit seiner Aussage vor dem Ausschuss trotzte er der Aufforderung seiner Bosse in Weißem Haus und Außenministerium, nicht hinzugehen. Darüberhinaus beschrieb er, wie Weißes Haus und Außenministerium seine eigene Aussage – und damit die Aufklärung über eine mutmaßliche Straftat des US-Präsidenten – behindert haben, indem sie Dokumente über seine eigene Arbeit in Europa unter Verschluss hielten. Schließlich lieferte er Details über „Befehle“ aus dem Weißen Haus, die das Ziel hatten, den ukrainischen Präsidenten zu einer öffentlichen Ankündigung von Ermittlungen zu drängen.
So wie Sondland es beschreibt, war der ukrainische Präsident zu der von Trump verlangten „Gegenleistung“ bereit, um die zurückgehaltene Militärhilfe endlich zu erhalten. Aber nachdem ein Whistleblower in den USA die Sache publik gemacht hatte, erhielt die Ukraine im September doch die Militärhilfe Es gab auch ein Treffen von Trump und Selenski. Von „Gegenleistung“ war keine Rede mehr.
Es ist schwer vorstellbar, dass Sondland nach seinem Auftritt vom Mittwoch noch lange in der Botschaft in Brüssel bleibt. Er hat seine Position per Fingerzeig aus dem Weißen Haus bekommen. Und er kann sie ebenso verlieren. Aber dem Impeachmentverfahren hat er mit seiner Aussage einen großen Dienst erwiesen. Er hat klargemacht, dass Trump eine Bestechung geplant hat. Dass diese Straftat letztlich nicht zustande kam, ist für eine Amtsenthebung zweitrangig.
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