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Immobilienmarkt in BerlinVon wegen „kleine Leute“

Viele Berliner Immobilien gehören Finanzmarktprofis. Wer das Grundrecht auf Wohnen will, muss die Eigentumsverhältnisse kennen.

Der im Januar beschlossene Mietendeckel soll für Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt sorgen Foto: Rolf Zöllner/imago

Der Immobilienmarkt ist außer Rand und Band. Das weiß sogar Uroma Erna in ihrer Wohnung ohne Internetanschluss in Villingen-Schwenningen. Menschen, die in den letzten Jahren in einer Großstadt eine Mietwohnung gesucht haben, wissen es erst recht.

In Berlin soll der von Rot-Rot-Grün implementierte Mietendeckel dem entfesselten Markt Einhalt gebieten. Vor allem CDU- und FDP-Politi­ker*innen haben sich bislang daran aufgerieben, als würde man ihnen ihre Eigen­tumswohnung am Savigny­platz wegnehmen wollen. Solche Maßnahmen brächten die den ­Berliner Wohnungsmarkt dominierenden Klein­vermieter*innen um ihre Rente, lautet ihr Mantra. Diesen Mythos widerlegt nun eine Studie der Linke-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Berlin gehört laut der Studie fast zur Hälfte Finanzmarktprofis. Allein börsennotierten Unternehmen wie der Deutsche Wohnen, Investmentfonds und Banken gehören laut der Studie 16,5 Prozent der Immobilien in Berlin. Dazu kommen private Großgrundbesitzer, die zum Teil mehrere Tausend Wohnungen besitzen und dafür bekannt sind, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln oder die Mieten nach Sanierung auf ein Vielfaches zu erhöhen.

Außerdem mischen Private-Equity-­Unternehmen wie die US-amerikanische Firma Blackstone ordentlich mit. Blackstone verschleiert erst gar nicht, was sein oberstes Ziel ist: möglichst viel Kohle machen. In Berlin haben solche Firmen in den letzten Jahren teilweise mehr als 20 Prozent Rendite eingefahren.

Vormieterin Waltraud kann ja ins Altersheim ziehen

Was ist schon dabei, könnte man denken: Manche Menschen verdienen ihr Brot damit, unter Einsatz ihrer Gesundheit komatöse Covid-19-Patient*innen zu waschen oder Lebensmittel über die Autobahn zu karren. Andere finanzieren ihre Austern damit, ein Haus in Berlin-Mitte zu kaufen, und das lichtdurchflutete Apartment im Vorderhaus für ein paar Milliönchen an Uli aus München zu verscherbeln. Vormieterin Waltraud kann ja ins Altersheim ziehen.

Die Studie ändert nichts daran. Aber sie liefert Argumente dafür, den Immobilienmarkt zu regulieren und Eigentümer*innenverhältnisse transparent zu machen – nicht nur in der Hauptstadt. Dann wüssten Mieter*innen zumindest, für wessen Villa an der Côte d’Azur sie bei der Wohnungssuche ­ihren Arbeitsvertrag offenlegen, sich mit 500 anderen Verzweifelten durch die Besichtigung quälen oder die Niere ihrer Schwester verkaufen.

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7 Kommentare

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  • "Die Studie ändert nichts daran. Aber sie liefert Argumente dafür, den Immobilienmarkt zu regulieren und Eigentümer*innenverhältnisse transparent zu machen – nicht nur in der Hauptstadt. Dann wüssten Mieter*innen zumindest, für wessen Villa an der Côte d’Azur sie bei der Wohnungssuche ­ihren Arbeitsvertrag offenlegen, sich mit 500 anderen Verzweifelten durch die Besichtigung quälen oder die Niere ihrer Schwester verkaufen."

    ach ja? Wie hilft zu wissen, wem die Wohnung gehört dabei, sich gegen die 500 anderen Interessenten durchzusetzen?



    Insbesondere der Schluss ist an Polemik kaum zu überbieten.

    Wenn mehr Leute ein Gut wollen, als zu haben ist, dann steigt der Preis. Setze ich diesen Preis fest steigt der Schwarzmarkt.



    Will ich wirklich helfen, biete ich mehr Gut an, oder liefere Alternativen - dabei hat die Politik versagt.



    Alles andere ist Augenwischerei - das wiederum kann die Politik gut.

  • Die Stadt muss maximal viel Wohnraum besitzen und zu einem anderen Teil an Baugenossenschaften abgeben. Das ist der Weg, alles andere läuft nicht. `

    Berlin ist der Hammer - eine arme Stadt, wo das Kapital die Mieter auswringt und der Politik nichts einfällt. Eigentumswohnungen sind an sich keine Pflicht, Eigentum verpflichtet - es gibt kein Recht auf eine Eigentumswohnung. Wo steht das denn?

    Gerade in Städten kann die Politik auch an dieses Eigentum rangehen. In Westdeutschland sind Spekulanten seit 50-60 Jahren dabei, den Wohnungsmarkt aufzuräumen, durch überteuerte Mieten, durch mangelnde Instandsetzungen, durch Umwandlung und durch Entmieten durch stetige Bauarbeiten und Verteuern.

    Dieses Segment kennen die Politiker aus Hamburg, Berlin, Köln, München, Frankfurt, Essen, Stuttgart, München, Düsseldorf in und auswendig, aber Lösungen gibt es keine.

    Das spricht Bände über die Problemlösungsfähigkeiten unserer politischen Entscheider.

    Dazu kommt dann noch, dass oft genug kommunale Unternehmen ihren Besitz verscherbeln und ineffiziente, sonderbare Verwaltungen haben.



    Auch dieses Segment ist meist direkt und indirekt mit der Politik verbunden.

    Es wird Zeit, dass die Bürger diesen Entscheidern klar und deutlich machen, mit Euch läuft es nicht.

    Das geschieht ja auch schon, die CDU in Hamburg ist praktisch dauerhaft unter 20 Prozent, vielerorts ist es auch so, aber dummerweise treten nicht allzu selten weichgespülte Grüne auf und reden viel, machen wenig.

    Auch hier muss etwas passieren. Im Zweifel muss der Staat hier andere Normen herstellen.

    Bislang laufen alle gesetzlichen Vorgaben konträr ab, ganz besonders wenn es um attraktive urbane Ballungszentren geht - warum wohl? Weil diese Vorhaben gut durchdacht wurden?

    • @Andreas_2020:

      In Berlin sind es keine "weichgespülten Grünen", sondern die SPD, wo Spitzenpolitiker kräftig im Immobilienbusiness mitmischen. (In Hamburg ist das vielleicht anders, zumindest nach Scholz' Abgang.)

      • @Ajuga:

        Die Grünen haben 15,2 Prozent, die bestimmen mit und die haben in Berlin viel zu sagen. Im Übrigen würde ich mich freuen, wenn das stimmt ... im Immobilienbuisness sind zu viele, daher muss der Staat, bzw. die Stadt was tun und das ist nach meiner Auffassung nicht ausreichend. Und ich habe auch nicht gehört, dass es sich ändern soll.

  • Danke, noch einmal. Auch in diesen Kommentarspalten tummeln sich zuhauf Leute, die (verwirrt oder absichtlich) das falsche Gerücht der armen Tante Frieda als Wohnungseigentümerin weiterstreuen.

    Es wäre überraschend, wenn der Trend hier nicht auch, wie überall sonst, zu mehr Marktkonzentration führte.

    • @tomás zerolo:

      Trotzdem sind es laut Artikel offensichtlich über 50% nicht GroßAnleger. Der Fakt wird klein gehalten.

      • @Flocke:

        eine Studie von der Linken aufgegeben, bestätigt die Meinung der Linken..