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Immobilienkrise bei SignaVom Wunderwuzzi und seinem Absturz

Der österreichische Geschäftsmann René Benko hat sich verzockt. Das könnte schwerwiegende Auswirkungen über sein Imperium hinaus haben.

Finale! René Benko hat sich verzockt Foto: Martin Wagner/imago

E rst Milliardär, nun bankrott: Der Tiroler Immobilienunternehmer René Benko hat ein Leben geführt, für das die Österreicher den lustigen Begriff Wunderwuzzi geprägt haben. Doch so atemberaubend Benkos Finanzmanöver waren, so verfehlt wäre es, den 46-Jährigen zu einer seltsamen Ausnahmeerscheinung zu erklären.

Benko hat nur ins Extrem getrieben, was in der gesamten Immobi­lienbranche üblich ist: Man finanziert auf Kredit und spekuliert auf steigende Gebäudepreise. Die Frage ist also, ob auf den Konkurs vom Wunderwuzzi noch weitere große Pleiten folgen könnten – und ob eine echte Finanzkrise droht.

René Benko ist in eine typische Falle geraten: Er hat darauf vertraut, dass die Kreditzinsen auf Dauer ganz niedrig sein werden und es keinerlei Risiko darstellt, immer neue Darlehen aufzunehmen. Doch dann kam die Zinswende der Europäischen Zentralbank, mit der die Kredite deutlich teurer wurden, um die Inflation zu bekämpfen. Diese steigende Zinslast konnte Benko nicht tragen.

Er hätte also frisches Geld gebraucht, um die Lücken in seiner Bilanz zu stopfen. Doch nun schnappte die zweite Falle zu: Es gab niemanden mehr, der noch in sein Imperium investieren wollte – weil die Immobilienpreise fallen, statt zu steigen. Benko hatte den Fehler gemacht, zu glauben, dass Betongold ganz sicher sei.

Immobilienkrisen sind gefährlicher als Aktienkrisen

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Benko ist besonders bedenkenlos ins Risiko gegangen, aber das Doppelproblem von steigenden Zinsen und fallenden Immobilienpreisen dürfte auch anderen Banken, Versicherungen und Fonds zu schaffen machen. Ein paar Zahlen zeigen das Ausmaß der Misere: Die Preise für Gewerbeimmobilien sind im vergangenen Jahr um 10,3 Prozent gesunken. Zudem ist der Markt wie eingefroren. Es ist sehr schwer, überhaupt noch Gebäude loszuwerden: Die Immobilientransaktionen im Euroraum sind im ersten Halbjahr 2023 um 47 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

Die Immobilienbranche tröstet sich zwar jetzt, dass die Inflationsraten wieder fallen, sodass die Zentralbank auch die Zinsen senken könnte. Aber unschön bleibt, dass viele Gewerbeimmobilien gar nicht mehr gebraucht werden: Das Büro wird oft durchs Homeoffice ersetzt; und gekauft wird weniger in Läden und häufiger im Onlineshop. Die Preise für Gewerbeimmobilien dürften sich nicht so bald erholen.

Immobilienkrisen sind immer gefährlich, viel gefährlicher als Aktiencrashs, weil ein großer Teil des Volksvermögens in Gebäuden angelegt ist. Allein die Darlehen für Gewerbe­immobilien machen zehn Prozent aller Bankkredite aus. Und dann gibt es noch die ­Versicherungen und Fonds, die ebenfalls in Büros und Einkaufszentren investieren. Wie groß das Risiko eines Crashs ist – das kann niemand sagen.

Auch bei Benko wabert noch der Finanznebel. Zwar ist klar, dass seine Dachgesellschaft Signa Holding insolvent ist und auf etwa 5 Milliarden Euro Schulden sitzt. Aber unbekannt ist, wie viele Kredite die bis zu 1.000 Unterfirmen aufgenommen haben könnten. Die US-Bank JPMorgan schätzt, dass allein die beiden größten Immobilientöchter weitere 13 Milliarden Euro Schulden haben.

Diese Kredite sind wahrscheinlich nicht komplett verloren, denn normalerweise werden Darlehen besichert – durch genau jene Immobilien, die damit gebaut oder erworben wurden. Aber Geld kommt nur rein, wenn sich die Gebäude verkaufen lassen – was gerade schwierig ist. Benko dürfte der Anfang einer Immobilienkrise sein, nicht das Ende.

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Ulrike Herrmann
Wirtschaftsredakteurin
Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).
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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Zum Doppelproblem Benkos u. a. Immobilienhaie von steigenden Zinsen und fallenden Immobilienpreisen, kommt noch ein Drittes, der Wertverfall hinterlegter Sicherheiten bei Kreditaufnahme. Was dazu führt. dass Benko u. a. von Banken u-a. Gläubigern in steigender Tendenz wöchentlich neu und wiederholt aufgefordert wird, weitere geldwerte Sicherheiten zur Kreditabsicherung nachzuschießen. Worauf Beno dann noch mehr Immobilen billigst zum Verkauf im Immobilienmarkt stellt, sich das Karussell sinkender Preise Richtung Immobilienmarkt Crash down the river immer schneller dreht.



    Da helfen dann auch keine Versuche mehr durch Stopp aller Bauvorhaben, Immobilienpreise durch Angebotsverknappung, steuerlich subventionierten Leerstand künstlich hoch halten zu wollen wie es der Wohnungskonzern Vonovia seit 2022 tut, ohne dass sich die Politik in Bund, Ländern bei der Wohnungsknappheit dagegen mit Gesetzesänderung wehrte, die Wohnungskonzerne verpflichtet, dem Gemeinwohl dienend, zumindest sozial bezahlbare Wohnungen weiter anteilig wie vorgesehen zu Ende und neu zu bauen.



    Dass viele Kommunen ihre Verwaltungen in Benko Immobilien zu hohen Mieten untergebracht haben, die ihnen zuvor gehörten, aber an Benko verkauft wurden, weist auf drohend weiteren Dominoeffekt mit unabsehbaren Folgen für kommunale Haushalte

    • @Joachim Petrick:

      Die Kommunen, die Immobilien von Benko gemietet haben, haben einen (langfristigen?) Mietvertrag. Das bedeutet einerseits, dass diese Immobilien gut vermietet und damit keine Ramschimmobilien sind, Sollte diese Immobilien verkauft werden, gilt der Mietvertrag weiterhin. Und wenn die Gebäude zwangsversteigert und "unter Preis" verkauft werden müssen, können auch die jeweiligen Kommunen mitbieten und dann etwas Geld sparen.

      • @Offebacher:

        gewerbliche Mietverträge können bei Verkauf gekündigt werden.

        • @nutzer:

          Können sie nicht, wenn man einen längerfristigen Zeitvertrag hat, was für die meisten Gewerbetreibenden zutrifft. Erst nach Ablauf kann gekündigt werden oder man einigt sich auf eine Abfindung.



          Man richtet sich doch nicht teuer einen Laden ein um dann gekündigt zu werden. Immobilien werden ja des öfteren vererbt, verkauft.

        • @nutzer:

          Natürlich sind die Darlehen gegen steigende Zinsen durch Hedging abgesichert und der Cashflow bei den Yielding Assets ist nicht das Problem. Fallende Preise sind im übrigen die zwingende Folge von höheren Zinsen, hat also auch nichts mit "Doppelproblem" zu tun. Das wahre Problem sind die Kostenüberschreitungen bei den Developments, die bei fallenden Preisen eine noch höhere Eigenkapitalzufuhr erfordern - Geld dass er nicht hat weil er EK immer in den nächsten Deal gerollt hat, um aggressiv zu wachsen. Ohne Ukrainekrieg wäre das Spiel einfach so weiter gegangen und der Wuzzi würde weiter strahlen.

          • @Paul Panther:

            mit einfachen Worten, er hat die letzte Immobilie aufgewertet und als Eigenkapital für die nächste benutzt, letztlich ein Schneeballsystem... das wär aus dem einen oder anderen Grunde irgendwann zusammengebrochen...

        • @nutzer:

          Nein, vgl. 566 BGB, gilt nur nicht bei der Zwangsversteigerung und Verkauf aus der Insolvenz

          • @Paul Panther:

            genau, der Käufer übernimmt die Verträge, bei gewerblichen Mietverträgen gibt es aber keinen Kündigungsschutz, die Kündigungsfristen sind anders geregelt, kürzer als bei privaten Mietverträgen.



            Bei Verkauf oder sonst irgendwann kann dann einfach gekündigt werden (nach Frist), bei Insolvenz/Zwangsversteigerung sofort.

      • @Offebacher:

        Danke

        Was ist, wenn sich ganzer Prozess ergebnislos hinzieht, Instandsetzungsmaßnahmen notwendig sind, gehen Mieter dann in Vorleistung mit Ergebnis, dass sie auf Kosten sitzen bleiben zulasten Steuerzahler?

        • @Joachim Petrick:

          Wenn der Vermieter seinen Pflichten nicht mehr nachkommt, kann der Mieter die Miete kürzen.



          Wenn der Mieter in Vorleistung geht (gehen muss, weil sonst das Gebäude nicht mehr nutzbar ist), müssen sich Mieter und Vermieter bzw. Insolvenzverwalter einigen, ansonsten geht es vor Gericht.



          Das ist allerdings mühsam und mit Kosten verbunden, die können dann auch an einer Kommune und damit am Steuerzahler hängenbleiben, da haben sie Recht. Allerdings könnte, vorausgesetzt die Kommune kann das Geld auftreiben, die Kommune auch das Gebäude kaufen. Ich verstehe sowieso nicht, wieso diese ihre Rathäuser, Schulgebäude etc... nur mieten statts selber bauen. Ist auf lange Sicht für sie billiger. Und "Sale and Lease back" kann u.U. für Firmen interessant sein, aber auch diese zahlen meistens drauf, war ein Grund für die zwei Insolvenzen von Galeria Karstadt Kaufhof.

          • @Offebacher:

            "Ich verstehe sowieso nicht, wieso diese ihre Rathäuser, Schulgebäude etc... nur mieten statts selber bauen"



            das war doch Konsenz der letzten Jahrzehnte, Besitz schlecht, weil nur Kosten, mieten toll, weil buchhalterisch und haushaltstechnisch besser verbuchbar (und politisch bessewr durchsetzbar, feste Mietkosten statt politische Diskussionen a la "ist es wirklich nötig Immobilie XY zu renovieren?, etc. ")



            Dass das Quatsch ist, ist eine andere Geschichte. Wurde aber allenthalben so gemacht.