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Illegale Raves in BerlinParks nachts immer beliebter

Eine Bilanz der Polizei gibt Aufschluss über die Ausmaße der illegalen Partys meist junger Menschen nachts in Berlins Parks

Improvisierter Open-Air-Club: Der Volkspark Hasenheide Foto: Christoph Soeder/dpa

Anlage eingepackt, ab in den nächsten Park und Musik anmachen – fertig ist die Party. Wann die Berliner Clubs wieder aufmachen dürfen, ist trotz aller Lockerungen der Corona-Eindämmungsmaßnahmen noch unklar. Das Feierbedürfnis vieler Berliner*innen scheint durch die Pandemie aber wenig getrübt zu sein.

Die Berliner Parks entwickelten sich in den vergangenen Wochen zu beliebten Spots für improvisierte Partys. Teilweise feierten Tausende Menschen in der Hasenheide, im Gleisdreieck- und im Mauerpark. Das zeigt eine Antwort auf eine taz-Anfrage an die Berliner Polizei. Folgen der illegalen Feierei, heißt es darin, seien vor allem Lärmbelästigungen und verschmutzte Grünflächen.

In der Bilanz, die den Zeitraum vom 21. Juni bis 5. Juli 2020 abdeckt, gibt die Berliner Polizei detailliert Auskunft darüber, wie oft sie ausrücken musste, um improvisierte Partys in Parks aufzulösen.

Die Antwort offenbart, dass die Polizei in dem Zeitraum offenbar wenig tun konnte, um das Partytreiben einzuschränken. Meist handelte es sich bei den Feiernden um Gruppen von mehreren hundert Personen. Am 27. Juni wurde sogar eine Ansammlung von 1.500 Menschen in der Hasenheide aufgelöst. Nach nur wenigen Stunden mussten die Beamt*innen erneut anrücken; am darauf folgenden Wochenende wurde abermals eine Menschenmenge von 700 Personen in dem beliebten Neuköllner Grüngelände aufgelöst.

Kaum Infektionsschutz

Im Gleisdreieckspark in Schöneberg zeichnete sich ein ähnliches Bild: 13-mal rückte die Polizei in dem Zeitraum aus, um dort Feiern von teilweise bis zu 500 Menschen aufzulösen. Der Mindestabstand oder andere Infektionsschutzmaßnahmen wurden demnach nur selten eingehalten. Grund für die Einsätze waren vor allem Lärmbelästigungen, angezeigt durch Anwohnende und Parkbesuchende. Denn teilweise kamen nicht nur batteriebetriebene Boxen, sondern auch professionelle Anlagen zum Einsatz.

Gelitten unter den Partys habe auch die Pflanzenwelt der Parks, so die Polizei. Besonders in der Hasenheide seien Grünflächen zertrampelt, in die Büsche uriniert und Müll und Glasflaschen zurückgelassen worden, so die Pressestelle.

Rechtliche Folgen hatte das Einschreiten dennoch nur selten: In der Hasenheide wurden in dem Zeitraum nur zwei Anzeigen wegen Verursachung unzulässigen Lärms verhängt. Die Einsätze verliefen überwiegend friedlich, meist lösten sich die Gruppen mit dem Erscheinen der Polizei von selbst auf. Nur im Mauerpark und vereinzelt am Gleisdreeick kam es häufiger zu Auseinandersetzungen mit Beamt*innen, als sie „aggressive Kleingruppen“ zerstreuen wollten.

Der Lobbyverband Clubcommission setzt sich dafür ein, das Feierbedürfnis auch in Coronazeiten in legale Bahnen zu lenken: „Bevor es eskaliert, müssen Alternativen geschaffen werden“, so Pressesprecher Lutz Leichsenring. So könne beispielsweise bei legalen Veranstaltungen durch Zugangskontrollen, beschränkte Teilnehmerzahl und Hygienemaßnahmen das Infektionsrisiko gemindert werden. Auch Lärm- und Umweltbelastung könnten durch das Bereitstellen geeigneter Flächen und Infrastruktur verhindert werden, so Leichsenring.

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5 Kommentare

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  • Es ist genau heute Eskaliert. Ein Meer voll Flaschen. Laufen auf der Wiese auf eigene Gefahr, klar was sonst! Während ich mit den Hunden versuche den Scherben auszuweichen, die sich inzwischen praktisch über das gesamte Areal der Hasenheide verbreitet haben und nur hier und dort einen Blick abseits des Bodens zulassen, sehe ich ein Paar Meter weiter Schaulustige Menschen, die es geil finden, Notärzt*innen bei Wiederbelebungsmaßnahmen zuzuschauen. Paula zieht es auf den Berg, was sonst..als echte Partymaus...oben läuft n mäßiges Techno set und ich entdecke meinen Hund bei irgendwelchen Druffis am chillen. Von denen erfahren wir, dass die Party wohl hierher "umgezogen" sei, weil man auf der Wiese nicht mehr Tanzen könne "Und statt aufräumen feiert ihr jetzt eure 'awareness' hier weiter, ja!? Nice" sage ich und bin froh das keiner der Hunde da bleiben will. Auf dem Rückweg begegnen mir alle möglichen meckernden und verärgerten mit Menschen, ich denk mir nix dabei. Bis ich auf der großen Wiese ankomme...Alter! Was ist passiert!? Keine Wiese mehr zu sehen, nix als Flaschen, Müll, Kondome usw. ich schäme mich fast, auch so ein Techno Mensch zu sein. Bis zum Ende der Wiese ragen aufgeschlagen Flaschenhälse aus dem Boden und ich hab Angst um meine Hundepfoten. Ich suche den Ausgang und wir ziehen lieber weiter um die Häuser. Alles besser als das... Ganz ehrlich, wer dafür verantwortlich ist, sollte auf Grund von massiven Achtsamkeitsdefiziten und absoluter Unsolidarität, einfach generell Feierverbot erhalten. Illegale Raves sind ne gute Sache, wenn man weiß wie's geht was wir professionell machen! Zu guter letzt möchte ich auch das Einsatzpersonal dieserPolizei vor Ort nicht unerwähnt lassen, die zwar im manierlichen Streifenwagen zur Umgebung passte, was an sich ein harmonisches Bild ergab, sich ansonsten aber, wohl mit Passivität am besten beschreiben ließe. Schien wohl unpolitischer Müll zu sein oder wirkte auf sie einfach nicht links genug!? Standart!

  • "Bevor es eskaliert, müssen Alternativen geschaffen werden". Einer der wenigen Momente, in dem ich einem Lobbyverband zustimme. Menschen, die feiern werden feiern. Genauso wie Menschen, die Drogen nehmen wollen, Drogen nehmen werden.



    das einzige, was man da effektiv unternehmen kann, ist das Geschehen zu akzeptieren und in legale und kontrollierte Bahnen zu lenken.

    Selbstverständlich wäre es aus Infektionssicherheitssicht besser, wenn garkeine Partys stattfinden. Das kriegen wir aber nicht hin, also müssen wir das beste draus machen.

    • @Martin Weber:

      Genauso ist es. Es gab schon immer illegale Partys und Corona wird daran nichts ändern. Ich erinnere mich an die 90er in Hamburg. Auf wie vielen illegalen Goa Partys (heute nennt man das wohl Rave) in Wäldern oder ehemaligen Truppenübungsgeländen im Umland wir waren. Da gab es kein Corona, nicht angemeldet und somit nicht legal war es dennoch. Warum sollte sich die Jugend (oder Teile derer, auch früher gab es natürlich vernünftige junge Leute wie auch heute) inkl ihrer Sorglosigkeit 25 später geändert haben, das ist eine Utopie. Das mag man in Zeiten einer Pandemie noch mehr ablehnen als sonst, es passiert dennoch. Das ist jetzt auch nicht wertend in die ein oder andere Richtung gemeint, einfach Fakt.

    • @Martin Weber:

      Was kriegen wir schon hin. Wir sollten einfach resignieren. Will ich momentan feiern gehen? Ja! Will ich mit den Feierwütigen feiern gehen, denen alles egal ist? SICHER NICHT!

    • @Martin Weber:

      und sie verbieten auch Drogen weil sich das als so effektiv und zielführend herausgestellt hat?