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Ihr Recht auf Unversehrtheit

Jacinta Katiany spricht vor einer Versammlung von Masai-Dorfältesten: Sie entscheiden, welche Normen und Traditionen gelten Foto: Anika Büssemeier/Plan International

Aus Kajiado County Harriet Wolff

Kurz guckt eine Kuh zur Tür herein. Betrachtet freundlich das Klassenzimmer. Und ist schon wieder weg. Draußen streicht eine Brise sachte über graugrün gesprenkeltes Weideland. Drinnen schreibt eine junge Frau auf eine große weiße Tafel: „Ihr habt das Recht, Nein zu sagen.“ Jacinta Katiany spricht die Schülerinnen direkt an. Im lichten Raum stehen viele Bücher und Globen. Die Mädchen und jungen Frauen, sie sind zwischen 14 und 19 Jahren alt, lauschen der lebhaften Rednerin. An diesem Nachmittag steht eine klassenübergreifende „School Health Club Session“ auf dem Stundenplan.

In einer Mischung aus Englisch und der nationalen Landessprache Swahili geht es um das Recht, über den eigenen Körper zu entscheiden. „Sagt nicht Nein zu Sex, wenn es für euch passt und sich richtig anfühlt. Aber sagt Nein zu Teenagerschwangerschaften“, erklärt Katiany. „Weil: Erwartet ihr früh ein Kind, dann nehmen euch eure Eltern aus der Schule. Und meist ist es so, dass Mädchen nach der Geburt leider nicht mehr die Schule abschließen. Werdet also nicht so früh schwanger!“ Die Schülerinnen in ihren weißen Uniformblusen mit den leuchtend roten Krawatten nicken ernst, manche lächeln, vielleicht ein bisschen befangen.

Sie folgen aufmerksam einer jungen Frau, die nicht jeden Tag hier arbeitet in der Ewuaso Girls Secondary School in Kajiado County. Der Verwaltungsbezirk liegt rund 80 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Nairobi. Katiany lebt in der Nähe, sie ist ehrenamtliche Jugendbeauftragte für ein Programm, das in der Gegend vor allem die Rechte von Masai-Mädchen und Frauen starkmachen will. Die Masai sind die größte Gruppe in der Region.

Das Programm heißt „Break Free“. Sein Ziel: Mädchen und Frauen vor weiblicher Genitalverstümmelung (FGM), vor Zwangshochzeit unter 18 Jahren und Teenagerschwangerschaft zu schützen. „Sagen wir ‚frühe Heirat‘, wenn ein Mädchen verheiratet wird?“, ruft Katiany in den Klassenraum. „Nein“, antwortet eine Schülerin, „muss man unter 18 heiraten, dann ist das eine Kinderheirat. Und die ist auch in Kenia verboten. Genauso wie die Beschneidung von Frauen und Mädchen.“ – „Kommt, lasst uns klatschen für diese wichtige Antwort!“ Jacinta schlägt rhythmisch ihre Hände zusammen, fast alle folgen ihr lebhaft.

In dieser Schule in Ewuaso, einer staatlichen kenianischen Internatsschule, lernen rund 235 junge Menschen, viele Masai sind darunter, aber auch diverse andere ethnische Gruppen. In ganz Kenia geht nur rund die Hälfte aller Masai-Mädchen auf eine Grundschule, nur jede Zehnte auf eine weiterführende Schule. Für umgerechnet rund 300 Euro im Jahr bekommen die Schülerinnen hier in Ewuaso Unterkunft, Unterricht und Verpflegung. Viele stammen aus entlegenen Gebieten im weitläufigen Kajiado County. Ihre Familien sehen diese Mädchen nur wenige Male im Jahr.

Jenseits der meist makellosen Hauptverkehrsstraße sind Nebenstraßen und Wege oft holprig und ungeteert. Fahrten können mühsam und langwierig sein, obwohl die Metropole Nairobi nicht weit weg ist. Das Schulgeld belastet viele Eltern hier auf dem Land stark – viele Familien verdienen nicht mehr als rund 140 Euro im Monat. Manchmal müssen Mädchen die Schule verlassen. „Doch wir versuchen zusammen mit unserer Direktorin, Rita Thiringi, alles, dass das nicht vorkommt“, sagt die zuständige Beratungs- und Betreuungslehrerin Esther Marona. Die beiden Frauen kümmern sich um staatliche Bildungskredite, arbeiten mit verschiedenen sozialen Organisationen zusammen, die teils Stipendien für von Armut betroffene Schülerinnen übernehmen.

Mehrmals im Monat, jeweils für rund eine Stunde, unterrichtet Katiany an insgesamt 17 Grund- und weiterführenden Schulen in der Region. Sie alle tragen das Programm „Break Free“ mit. „Dieser gesellschaftliche Wandel bei den Themen FGM, Kinderheirat und Teenagerschwangerschaften, dieses Umdenken, ist stark an die junge Generation gebunden hier“, erklärt Katiany nach der School Health Club Session in Ewuaso.

In sehr oft noch stark patriarchalisch organisierten Familien und ethnischen Gruppen herrsche traditionell der Glaube vor, dass die Reinheit und Ehre eines Mädchens durch die Beschneidung erhalten bleibe – und Mädchen heiratsfähiger seien, weil sie so überlieferten sozialen Normen entsprechen. „FGM ist ein Mittel, die weibliche Sexualität vorsätzlich zu erschweren“, erklärt Katiany, während sie die Schultafel für die nächste Stunde wischt. Es sei ein Kontrollinstrument, das nicht nur Sex vor der Ehe verhindern solle, sondern auch die männliche Angst vor weiblicher Untreue zeige. Die meisten Masai-Männer waren früher oft wochenlang als herumziehende Hirten unterwegs. Die Schmerzen, die beschnittene Frauen beim Sex empfinden, sollten verhindern, dass Frauen in der Abwesenheit ihrer Männer, weitere Sexualpartner haben.

Früh für Probleme sensibilisieren, Frauen und Mädchen Wissen an die Hand geben: Das sei wichtig, sind sich Marona und Katiany an der Schule in Ewuaso einig. Das auf fünf Jahre angelegte Break-Free-Programm ist initiiert worden von der Kinderrechtsorganisation Plan International. Es wird vor Ort in 62 Dörfern in drei verschiedenen Counties von Plan-Kenia-Mitarbeiter:innen verwirklicht. Projektleiter in Kajiado County ist Ibrahim Musoga, finanziert wird das gesamte Projekt vom niederländischen Außenministerium – jedoch nur noch bis Ende 2025.

Musoga und seine Kollegin Martha Gathoni, die Projektmanagerin, hoffen, dass ihr umfangreicher Antrag an die niederländische Regierung für ein Folgeprojekt durchgeht. In den Niederlanden haben aktuell rechte bis ultrarechte Positionen verstärkt Einfluss auf die Regierungsarbeit. Konkreter Mädchen- und Frauenschutz, den Menschen etwa in Subsahara-Afrika eigenverantwortlich organisieren, gehört weltweit bekanntlich nicht zu den Prioritäten rechter Regierungen.

Beschneidung in Kenia

Verbot Die weibliche Genitalverstümmelung (FGM, für englisch: Female Genital Mutilation) ist seit 2011 in Kenia gesetzlich verboten. Seit 2013 ist auch Kinderheirat unter 18 Jahren illegal. Ke­nia­ne­r:in­nen zwischen 15 und 49 Jahren lehnen laut staatlicher Erhebung von 2022 FGM zu mehr als 90 Prozent ab. Trotzdem wird FGM vor allem in ländlichen, wenig entwickelten Regionen teils weiter durchgeführt, meist von lokalen Beschneiderinnen.

Verstümmelung Bei einer FGM werden die äußeren und/oder inneren Schamlippen und die Klitoris ganz oder zum Teil abgeschnitten. Bei der extremsten Form wird auch der Vaginaeingang fast zugenäht. Die Zahl der Kenianerinnen, die FGM meist ohne Narkose und mit großem Blutverlust erleiden, ist von 1998 bis 2022 von 38 auf 15 Prozent gesunken. Die Mädchen sind bei dem Eingriff heute jünger, durchschnittlich neun Jahre alt. Betroffene Mädchen und Frauen haben fast immer lebenslange körperliche und psychische Schmerzen. Jede fünfte Kenianerin ist an den Genitalien verstümmelt, weltweit sind es mehr als 230 Millionen Frauen. In Kajiado County, einem Stammland der ethnischen Gruppe der Masai, ist die hohe FGM-Quote in den vergangenen zehn Jahren von 78 Prozent auf rund 60 Prozent zurückgegangen.

Das bestätigt auch Edell Otieno-Okoth, Juristin und Fachreferentin für FGM von Plan International Deutschland in Hamburg. Sie stammt selbst aus Kenia. „Die Ressourcen für Mädchen- und Frauenschutz werden knapper. Umso wichtiger ist es, dass wir solidarisch unsere Kräfte bündeln.“ Sie sieht in ihrer alten Heimat auch teils fehlendes Verantwortungsgefühl, besonders bei lokalen Politikern – „manche von ihnen glauben leider wirklich noch an FGM“. Vor Ort hätten diese auf dem Land manchmal großen Einfluss. Auch wenn FGM seit 2011 in Kenia verboten ist – solche Politiker „legen nur ein Lippenbekenntnis gegen FGM ab, schauen aber bei Verstößen weg“.

Generell würden weltweit viele Männer das Thema von sich schieben, nach dem Motto: „Es ist ein Problem, aber nicht meins.“ Otieno-Okoth schult in Deutschland regelmäßig Fachkräfte im sozialen und medizinischen Bereich, sensibilisiert sie für das Thema. In Deutschland leben geschätzt etwa 100.000 von FGM betroffene Frauen, viele von ihnen kommen aus Somalia, Sudan, Sierra Leone und Eritrea. Rund 20.000 Mädchen sind akut gefährdet. Ihre Beschneidung droht selten in Deutschland selbst, aber bei einem Heimatbesuch. Wer konkrete Verdachtsmomente habe, dass FGM geplant sei, rät Otieno-Okoth, solle vertraulich das Jugendamt kontaktieren. Falls eine Ausreise unmittelbar bevorstehe, direkt die Polizei. Otieno-Okoth hält die Dunkelziffer bei FGM in Deutschland für hoch.

Ein Sprecher des Bundesentwicklungsministeriums teilt der taz auf Anfrage mit, dass man derzeit in Kenia keine bilateralen Vorhaben finanziere, die gezielt zur Eindämmung von weiblicher Genitalverstümmelung, Kinderheirat und Teenagerschwangerschaft arbeiten. Deutschland beteilige sich aber an einem Treuhandfonds dazu bei der UNO. Hier geht es um ein Programm von Unicef und UNFPA, dem Bevölkerungsfonds der UNO, um Genitalverstümmelung zu überwinden.

Katiany selbst, ebenfalls eine Masai, wäre als Erstgeborene beinahe mit nicht einmal 13 Jahren verheiratet worden. „Wir waren zehn Kinder damals und meine Eltern sehr arm.“ Ihr Vater, Morris Solomon Kahane, ein Christ und heute 63 Jahre alt, war mit zwei Frauen verheiratet, unter älteren Masai-Christen in Kenia keine Seltenheit. Als eine davon früh starb, übernahm Jacintas Mutter, Leah Margareth Katiany, heute 52 Jahre alt, auch die Sorge für die fünf Halbgeschwister von Jacinta.

Jacinta Katiany

Katiany nimmt nach dem Unterricht einen Schluck stark gebrühten Tee, während sie draußen auf dem Schulgelände erzählt. Ihre Eltern seien immer schon, im Gegensatz zu vielen anderen traditionell eingestellten Masai, gegen weibliche Genitalverstümmelung gewesen. „Aber mein Vater glaubte damals, dass er es als Hirte von fremden Herden und gelegentlicher Zaunbauer für Weideland nicht schaffen würde, ohne die Mitgift, die er für mich erhalten hätte, unsere große Familie finanziell zu versorgen.“

Kurz vor ihrer „geplanten Kinderhochzeit“, wie Katiany sagt, sei ihr Vater zufällig in näheren Kontakt mit einem evangelischen Kirchenmann gekommen. „Bishop Joseph Dere ermöglichte es, dass die Kirche meine restliche Schulausbildung und Unterkunft finanzierte und meine Familie sich weiter über Wasser halten konnte.“ Der Vater habe eingewilligt. Heute, erzählt Katiany, könne sie ihre Nächsten „auch wegen meiner Ausbildung selbst sinnvoll mit Geld unterstützen“.

Sie ist die Erste aus ihrer Familie, die einen Bachelor in Buchhaltung hat. Katiany ist unverheiratet, mit ihrem zehnjährigen Sohn lebt sie in Ewuaso. „Diesen Freiraum brauche ich, das hat meine große Familie verstanden.“ Und die Menschen im Ort hätten sich mittlerweile daran gewöhnt, „ich bin auch nicht die einzige Single Mom hier“. Am liebsten würde sie noch einen Master in Gender Studies machen, „das ist mein Traum, darauf arbeite ich hin“.

Neben ihrem ehrenamtlichen Engagement für das Break-Free-Programm betreibt die 30-Jährige einen kleinen Laden mit Lebensmitteln, Haushalts- und Schreibwaren mitten in Ewuaso. Dort kreuzen sich ein paar nicht asphaltierte Straßen, und dort kann man sie nach ihrem Einsatz an der Schule treffen. „Der Laden ist nicht mein Traum, aber er hilft stark dabei, dass wir als Familie gut über die Runden kommen.“

Jacinta Katiany spricht vor einer Versammlung von Masai-Dorfältesten: Sie entscheiden, welche Normen und Traditionen gelten Foto: Anika Büssemeier/Plan International

Es ist ein Shop, bei dem man draußen über die Theke einkauft, ein Schwätzchen hält, die neuesten Lokalnachrichten austauscht. Mit den Einnahmen hat Katiany in den letzten Jahren an einem geräumigen bunten Haus mit rotem Blechdach mitgebaut – für ihre Eltern und die neun Geschwister und Halbgeschwister.

Als Kind musste sie jeden Werktag 14 Kilometer zu Fuß zur Schule hin- und zurücklaufen, beim Feuerholzsammeln und Ziegenhüten helfen. Heute besitzt die Familie eine Kuh und ein Kalb, sehr viele Ziegen und Schafe, auch das Einkommen der Eltern ist spürbar gestiegen. Vor Kurzem sind die meisten aus einer Manyatta, einer traditionellen Lehmhütte der Masai, in das neue Haus umgezogen. Schwester Nancy, 25, die ebenfalls aufs College gegangen ist, wohnt dort mit ihrem kleinen Sohn, sowie zwei weitere Geschwister. Die anderen sind auf Internaten oder studieren – auch das finanziert Katiany mit.

Regelmäßig schaut sie bei ihrer Familie vorbei, die lebt nicht weit weg von ihr, mitten im Buschland, auf einem Fleckchen namens Olkirdingae. Nachdem Katiany ihren Laden verriegelt hat, bricht sie dorthin auf. Als Masai kommt sie ursprünglich aus einer Kultur, die sie auf dem Weg so beschreibt: „Frauen haben bei den Masai nichts zu sagen.“ Sobald Leah Margareth, ihre Mutter, vor Jahren bemerkte, „dass ich mein Leben selbstständig in die Hand nehme“, habe sie „aus Freude erst mal angefangen zu weinen“.

Das Break-Free-Programm in Kajiado County ist der Anfang eines Aufbruchs für viele Mädchen und Frauen. Aber noch davor steht die oft komplizierte Arbeit mit meist männerdominierten Interessengruppen vor Ort. Es geht darum, ohne bevormunden zu wollen, Menschen zum Umdenken zu animieren.

Wir brauchen neue Rituale, um den Übergang zum Erwachsenwerden für Mädchen zu symbolisieren. Doch auf keinen Fall solche, die weh tun

Bishop Joseph Dere

Die Ältestenversammlung von Masai-Dorfvorstehern, Chiefs aus dem Gebiet Najile, begrüßt mit einer Willkommenszeremonie die ausländischen Reporterinnen. Die „Elders“ sind in der Tradition der Masai immer noch die Wichtigsten: Sie sind es, die vorgeben, wie zusammengelebt werden soll, welche Rituale und welche Konventionen gelten.

Sie nicken zustimmend, als Katiany ihnen übersetzt, dass zu weiblicher Genitalverstümmelung und zu Aktionen dagegen recherchiert werde. Chief Sayo, im dunklen Sportblouson und mit einem hölzernen Hirtenstab der Masai, meldet sich zu Wort: „Es gibt vieles, was wir Masai bewahren sollten, aber Beschneidungen und Frühverheiratungen schaden uns. Sobald ein Mädchen beschnitten ist, ist sie bei uns eine Frau, heiratet, und drei Monate später ist sie schwanger und geht dann nie mehr zur Schule“, sagt der Chief. „Dass FGM in Kenia eine Straftat ist, ist wichtig, aber die Menschen hier fürchten das Gesetz nicht besonders. Erst wenn sie wirklich verstehen, warum es schlecht für uns ist, werden sie es für immer sein lassen.“

Bishop Joseph Dere, der einst Katianys Familie geholfen hat, fordert nach der Zeremonie: „Wir brauchen neue Rituale, um den Übergang zum Erwachsenwerden für Mädchen zu symbolisieren. Doch auf keinen Fall solche, die weh tun.“ Insbesondere in ländlichen Gegenden ist die Kirche in Kenia eine wichtige Instanz. Ohne sie lassen sich soziale Projekte hier nicht verwirklichen und schon gar nicht verstetigen.

„Weit gekommen, aber noch nicht weit genug“: Joseph Kiranto von der Presbyterian Outreach Mission Church nahe Ewuaso Foto: Anika Büssemeier/Plan International

In Kajiado County ist sie meist evangelisch-reformiert oder evangelisch-presbyterianisch. Masai sind, so sie einer Kirche angehören, fast ausschließlich evangelisch. Nur rund 10 Prozent der kenianischen Kirchen sind katholisch geprägt. Neben den Stammesältesten sind es die Gemeindeführer:innen, also Frauen und Männer, die in der Verwaltung arbeiten, auf deren Zustimmung es ankommt, wenn es um die Umsetzung von Projekten geht.

„Rund 40 Prozent unserer Pastoren hier im Sprengel sind immer noch sehr traditionell und nicht kooperativ eingestellt. Wir sind wirklich schon weitergekommen, was die Rechte von Mädchen und Frauen angeht, aber noch immer nicht weit genug“, sagt Pastor Joseph Kiranto von der Presbyterian Outreach Mission Church nahe Ewuaso. Mittlerweile gibt es unter den 74 Pastoren auch fünf Frauen, eine davon ist eine Masai.

Nur jedes zehnte Mädchen in Kenia geht auf eine weiterführende Schule: Unterricht in der Ewuaso Girls Secondary School Foto: Anika Büssemeier/Plan International

Der 42-jährige Kiranto organisiert mit seinem gemischten Team regelmäßig größere Treffen mit Masai-Eltern. Dann geht es einen ganzen Tag um Kinderschutz, um Schulfragen, um Verhütung und Sexualität. Oft auch darum, wie sich die meist beengte Wohnsituation in einfachen Hütten verbessern lässt. „Viele sind am Anfang noch sehr scheu, manche ablehnend. Aber sie kommen und etwas verändert sich. Zum Guten.“

Kiranto will in Zukunft auch einen „Dad’s Day“ für Väter und Söhne anbieten. Was es schon gibt in Ewuaso, ist eine Art Mann-zu-Mann-Initiative, die sich vierteljährlich trifft. „Wenn Menschen sich gegen Neues, gegen Gleichberechtigung stellen, kommst du nicht weit mit Streit“, meint Kiranto. „Alle unsere Initiativen wollen ermutigen, ins Gespräch zu kommen, sich beraten zu lassen.“ Nur wenn Jungen und Männer begriffen, dass es nicht von Selbstbewusstein zeugt, Mädchen und Frauen zu unterdrücken, könnten sie sich positiv engagieren. „Und das passiert bei uns immer mehr.“

Morris Solomon, Katianys Vater, erzählt, dass er stolz sei auf seine Tochter, sehr sogar. „Was sie macht, was sie geschafft hat. Ich bin froh und glücklich, dass ich Jacinta nicht als Kind verheiratet habe.“ Ihre Mutter Leah Margareth nickt, dann lacht sie energisch, und sagt, sie selbst könne janoch nicht lesen. „Aber das wird.“

Die Recherchereise wurde unterstützt von Plan International Deutschland.

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