ISRAEL: NUR FRIEDEN BESEITIGT DIE HISBULLAH: Vampir aus dem Norden
Wenn alle alles falsch machen, gewinnt die Hisbullah. Die jüngste Bestätigung für diese Grundwahrheit des Nahostkonflikts sieht so aus: Die Israelis marschieren in das Westjordanland ein, die arabische Liga kuscht und schweigt, die palästinensische Hamas ruft den „totalen Krieg“ gegen Israel aus – und die vom Iran unterstützte Schiitenmiliz Hisbullah greift daraufhin, zum ersten Mal seit drei Monaten, eine Ortschaft in Nordisrael an. Ihre Dividende: steigende Sympathiewerte unter den zu Obdachlosen gebombten Einwohnern Gazas und den eingesperrten Bürgern Ramallahs.
So lebt die Hisbullah wie ein Vampir von den Ängsten der Israelis, der Feigheit der arabischen Welt und der Verzweiflung der Palästinenser. Ihre historische Mission hat sich mit dem Abzug der Israelis aus dem Süden des Libanon erledigt – jetzt ist die Hisbullah nur noch eine überbezahlte Söldnertruppe. Ihr Nebengeschäft: Sie tauscht die Feuerkraft ihrer Waffen gegen eine Existenzberechtigung. Die Hisbullah ist ein Untoter des Nahostkonflikts, der den Frieden scheut wie ein Vampir das Sonnenlicht.
In Palästina betreibt sie seit Beginn der Intifada eine Charme-Offensive, lässt gelbe Hisbullah-Fähnchen drucken und propagiert den selbst erprobten Guerillakampf als Taktik für die Palästinenser. Und den Israelis versucht sie durch geschickt terminierte Nadelstiche die Angst vor der „zweiten Front“ im Norden des Landes zu erhalten. Dadurch hat die Hisbullah weit mehr schädigenden Einfluss, als ihr zusteht.
Aber nur wenn alle alles falsch machen, gewinnt die Hisbullah. Das bedeutet im Umkehrschluss: Benähmen sich die Israelis in Palästina nicht wie selbstherrliche Kolonialisten, spräche die arabische Welt deutliche Worte und engagierte sich in Friedensmissionen, ginge das destruktive Potenzial der Hisbullah rapide zurück. Israels „Kampf gegen den Terror“ müsste deshalb genau umgekehrt aussehen. Erst die andauernde Besatzung Palästinas erlaubt es Hamas und Hisbullah, sich gegenseitig hochzuschaukeln. Der wahre Anti-Terror-Kampf im Nahen Osten wird nicht mit Panzern geführt, sondern mit Federhaltern – auf einer Friedenskonferenz. YASSIN MUSHARBASH
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