Hungerstreikende Flüchtlinge in München: Keine Ärzte von der Stadt
Der Protest der Asylbewerber in München geht weiter. Bürgermeister Ude fordert, die Stadt solle die Streikenden ärztlich versorgen. Das lehnen die Streikenden ab.
MÜNCHEN taz | Die hungerstreikenden Asylbewerber in der Münchner Innenstadt lehnen eine weitere medizinische Hilfe seitens der Stadt ab. „Wir haben unsere eigenen Ärzte“, sagt Ashkan Khorasani vom Verein Refugee Tent Action. Seit vergangenem Samstag mussten 21 Hungerstreikende ins Krankenhaus gebracht werden. Am Freitagnachmittag waren noch fünf in medizinischer Behandlung.
50 Asylbewerber und 12 Unterstützer verweigern in München auf dem Rindermarkt in selbst bereitgestellten Pavillons Nahrung und Wasser. Sie wollen damit erreichen, dass der Asylstatus der Männer und Frauen aus Pakistan, Äthiopien, Afghanistan und anderen Ländern anerkannt wird.
Christian Ude, Münchner Oberbürgermeister, berief am Freitag einen Stab für außergewöhnliche Ereignisse (SAE). Zum SAE gehören das Sozialreferat, das Jugendamt, das Referat für Gesundheit und Umwelt, die Polizei, die Regierung von Oberbayern, das Bayerische Sozialministerium, das Innenministerium und die Kassenärztliche Vereinigung. Die vorrangige Aufgabe des SAE sei die ärztliche Betreuung der stark geschwächten Flüchtlinge und das Wohl der Kinder zu gewährleisten, hieß es aus dem Presse- und Informationsamt der Stadt München. Laut einer Pressemitteilung der Asylbewerber befinden sich die anwesenden Kinder und eine schwangeren Frau nicht im Hungerstreik.
In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde nach Information des Presse- und Informationsamt der Stadt München Ashkan Khorasani ein Bescheid übergeben. Darin fordere man jederzeit Ärzte, den Rettungsdienst, die Feuerwehr und das Stadtjugendamt zu den Flüchtlingen zu lassen.
Khorasani ist empört. Er sei unter einem Vorwand zu dem Gespräch gelockt worden, sagte er am Freitag der taz. „Ich sollte ein Papier unterschreiben, welches ich nicht verstanden habe. Mir wurde gedroht die Genehmigung, die uns erlaubt auf dem Platz zu bleiben, zu prüfen.“ Das Presse- und Informationsamt der Stadt München erklärt, dass der Bescheid „ausführlich auf Englisch erläutert“ wurde.
Die Pressestelle der Münchner Polizei lies ausrichten, man habe „kein Auskunftsrecht mehr"“ Am Dienstag hatte ein Sprecher erklärt, die Räumung des Platzes in der Münchner Innenstadt sei nicht geplant.
Migrationsministerium handelt nach Gesetz
Am Mittwoch hatten Vertreter des Innenministeriums, des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der Regierung von Oberbayern den Flüchtlingen vorgeschlagen, innerhalb von zwei Wochen alle Asylanträge zu prüfen. Bedingung: Der Hunger- und Trinkstreik wird bis dahin unterbrochen.
Das Ministerium für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erklärte der taz, gesetzlich zur einzelnen Prüfung aller Anträge verpflichtet zu sein. „Über diese gesetzliche Verpflichtung können wir uns auch in einer Situation wie dieser nicht hinwegsetzen“, heißt es aus BAMF.
Das wollen die Asylbewerber jedoch nicht akzeptieren. „Es liegt in der Hand der Regierung zu entscheiden: Papiere oder Menschenleben“, sagt Ashkan Khorasani. Für ihn suche die Regierung nach keiner Lösung. „Man weigert sich, mich als Boten anzuerkennen“, so Khorasani.
Flüchtlingssituation in Bayern besonders kritisch
Alexander Thal vom Bayrischen Flüchtlingsrat verweist auf die angespannte Situation für Flüchtlinge in Bayern. „Nirgendwo ist das Aufnahmegesetz von Flüchtlingen so rigide geregelt wie in Bayern.“ Während Asylbewerber in Bundesländern wie Nordrhein Westfalen und Berlin drei Monate in einer Erstaufnahme untergebracht werden, bleiben sie in Bayern bis zu acht Monaten in solchen Einrichtungen. Später kommen sie in Lager mit Gemeinschaftsunterkünften. In Bayern sind diese restlos überfüllt, sagt Thal.
Im Gegensatz zu anderen Bundesländern könnten in Bayern untergebrachte Flüchtlinge kaum eine eigene Wohnung beziehen. „Es gibt Fälle, in denen Flüchtlinge in Bayern bis zu 20 Jahren in solchen Lagern leben“, sagt Thal. Als Asylbewerber in Bayern erhalte man Essenspakete mit einer winzigen Auswahl. Ein Recht auf Gutscheine oder gar Bargeld gäbe es nicht.
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