: Hundert Jahre Verspätung
Am Freitag wird die U-Bahn einhundert Jahre alt. Gefeiert wird das ganze Jahr: Mit historischen Zügen, viel Prominenz und – ganz modern – einem Chat im Internet
Am Freitag wird es voll auf dem U-Bahnhof Warschauer Straße. „Wirklich rappelvoll“, betont U-Bahn-Direktor Ulrich Deinhardt. Wer keine Einladung hat, brauche gar nicht erst versuchen in die Halle hineinzukommen, in der die Feierlichkeiten zum einhundertsten Geburtstag der Berliner U-Bahn beginnen. Während der normale Linienverkehr vom dritten, äußeren Bahnsteig abgewickelt wird, treffen sich zwischen Gleis 1 und 2 geladene Gäste: Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD), Bundesverkehrsminister Klaus Bodewig (SPD) und 100 BVG-Kunden, die eine Karte für die Jubiläumsfahrten gewonnen haben.
Die hundert Fahrgäste – symbolisch einer für jedes vergangene Jahr – dürfen in einem historischen Zug die Jungfernfahrt nachstellen. Der Verkehrsminister wird die Fahrt „freigeben“, möglichst genau hundert Jahre nach seinem Kollegen 1902. Er selbst wird zusammen mit dem Regierenden und allen, die nicht in den Oldtimerzug passen, erst im zweiten Zug hinterherfahren. „Der steht für die nächsten einhundert Jahre“, erklärt Deinhardt. Darum ist es auch einer der modernsten im BVG-Fuhrpark, Modell „HK“, der seit vergangenem Jahr auch auf den Linien 1 und 2 verkehrt. Die Züge sind die schmalere Version des komplett durchgängigen Modells „H“, das auf der U 5 regelmäßig fährt.
Der alte und der neue Zug fahren bis zum Gleisdreieck, fast die gleichr Strecke wie der erste Zug. Der fuhr 1902 vom Stralauer Tor bis zum Potsdamer Platz – das geht heute nicht mehr, denn den Bahnhof Stralauer Tor, der auf der Friedrichshainer Seite der Spree unmittelbar hinter der Oberbaumbrücke stand, gibt es nicht mehr. Und zum Potsdamer Platz fährt die U 1 nicht mehr. Aber die Festgesellschaft hat ohnehin ein anderes Ziel: das Deutsche Technikmuseum am Gleisdreieck. Dort gibt es am Freitag den offiziellen Empfang.
Alle Fahrgäste, die nicht zu den 100 Auserwählten der beiden Sonderfahrten gehören, können sich die Fahrt ab Warschauer Straße im Internet ansehen und drei Tage später, am Jahrestag der offiziellen Aufnahme des Linienverkehrs, selbst in den historischen Zug steigen, der zwischen Deutscher Oper und Schlesischem Tor fahren soll. Dort wird am 18. Februar auch eine Informationstafel zur Geschichte des Bahnhofs enthüllt.
Am U-Bahnhof Olympiastadion stehen historische Züge fotogerecht bereit und die BVG veranstaltet dort einen U-Bahn-Markt mit Souvenirs und Sammlerstücken. Am Nachmittag stellt sich dann ab 15 Uhr der U-Bahn-Chef persönlich seinen Kunden. Genervte Pendler können sich dann im Internet-Chat unter www.bvg.de mit ihm anlegen.
MARKUS MÜNCH
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