Hubertus-Knabe-Rauswurf: Birthler soll den Knast aufräumen
Frühere Stasi-Unterlagenbeauftragte wird nach Affäre um sexuelle Belästigung Beraterin der Gedenkstätte Hohenschönhausen
Die frühere Stasi-Unterlagen-beauftrage Marianne Birthler soll als Beraterin in der Gedenkstätte in Hohenschönhausen aushelfen, bis eine neue Hausleitung gefunden ist. Das hat Kultursenator Klaus Lederer (Linkspartei), der zugleich den fünfköpfigen Stiftungsrat des früheren Stasi-Knasts leitet, am Donnerstag im Abgeordnetenhaus angekündigt.
Der Stiftungsrat hatte am Dienstag den langjährigen Direktor Hubertus Knabe entlassen, weil man ihm einen nötigen Kulturwandel im Haus nicht zutraue. Tags zuvor war sein Stellvertreter nach mehrfachen Vorwürfen sexueller Belästigung beurlaubt worden, er soll ebenfalls entlassen werden.
Lederer widersprach einer Mediendarstellung, Knabe, seit 2001 Direktor, habe vor seinem Rauswurf kein Gehör gefunden. „Wir haben Herrn Doktor Knabe natürlich die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben“, sagt der Senator über die nach seinen Angaben fünfstündige Sitzung am Dienstag, in der die Entscheidung über Knabes Entlassung fiel. Lederer betonte mehrfach, dass er jeden seiner Schritte mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) abgesprochen habe, deren Behörde ebenfalls im Stiftungsrat vertreten ist.
Die AfD-Fraktion warf Lederer vor, die Entscheidung über einen Rauswurf nicht in die Hände einer unabhängigen Kommission gegeben zu haben. „Das ist doch politisch motiviert“, lautete ein Zwischenruf aus ihren Reihen, als Lederer im Parlament mit ruhigen Worten die Schritte bis hin zur Entlassung Knabes vortrug. Der Senator verwies hingegen darauf, dass man im Fall der Belästigungsvorwürfe gegen den Vizechef eine Rechtsanwältin hinzu gezogen habe und dass es bei Knabe nicht um derartige Vorwürfe, sondern um seinen Umgang damit ging. In Knabe habe der Stiftungsrat kein Vertrauen mehr gehabt.
Birthler (70), die von 2000 bis 2011 die Stasi-Unterlagen-Behörde leitete und zuvor Anfang der 90er Jahren für die Grünen Bildungsministerin in Brandenburg war, soll die Gedenkstätte nicht kommissarisch leiten, sondern beim Übergang zu einer neuen Mitarbeiterkultur mithelfen. Nach Lederers Darstellung herrscht in der Gedenkstätte ein Klima, in dem sich Frauen entweder nicht trauten, Vorwürfe über sexuelle Belästigungen vorzutragen oder solche Beschwerden nicht ernst genommen wurden. Ein Kulturwandel soll dringend nötig sein. Lederer sagte über ein Gespräch mit Knabe, er habe immer mehr den Eindruck gehabt, dass das Problem überhaupt nicht erfasst wird. Knabe habe die Vorwürfe gegen seinen Stellvertreter als „nicht ausreichend substantiiert“ betrachtet.
Nach Angaben der Senatsverwaltung für Kultur soll Birthler sofort mit ihrer Beratungstätigkeit beginnen, für die es auch eine gewisse Bezahlung geben soll. Wie parteiübergreifend ihr Ansehen ist, zeigte sich unter anderem 2016, als die Bündnisgrüne als mögliche Kandidatin Angela Merkels für das Bundespräsidentenamt galt. Birthlers Arbeit soll vorrangig in Gesprächen mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gedenkstätte bestehen.
Kulturstaatsministerin Grütters äußerte sich kurz nach Lederers Ankündigung im Parlament via Presseerklärung: Mit Birthlers Ernennung „setzen wir ein starkes, überparteiliches Signal der Fürsorge für die Gedenkstätte.“
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