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Hotels für UnbehausteViele Gewinner

Alexander Diehl
Kommentar von Alexander Diehl

Die Hotelbranche ist in Not, Menschen ohne Wohnung sind es auch – beiden zu helfen, könnte sich für den Staat lohnen.

In großer Not: Plakat des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband am Fenster einer leeren Kneipe Foto: Foto: Kay Nietfeld/dpa

M it dem Lohn im Jenseits ist es so eine Sache. Näher als jedes gute Karma ist mäßig spirituell gesinnten Hamburger Kaufleuten immer noch ihr Jahresabschluss. Wenn es also nicht schwer einzupreisende Mildtätigkeit ist – oder wolkiges Mitgefühl –, dann zieht an Alter und Elbe ein anderes Argument: Obdachlose in Hotels unterzubringen, das könnte helfen, diese Branche vor der Pleite zu bewahren. Und das ist keine Lappalie in einer Stadt, die ihr wirtschaftliches Heil zunehmend im Fremdenverkehr sucht.

Dass auf die örtliche Hotellerie gegen Ende des Jahres eine Pleitewelle zurolle, diese Befürchtung äußerte im Sommer schon Franz Klein, Hamburger Landeschef des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga. Und am Montag dieser Woche erst veröffentlichte der Verband eine bundesweite Umfrage, wonach Restaurants und Hotels „in Folge der Corona-Krise nie dagewesene Umsatzeinbrüche“ verzeichnen: 71,3 Prozent der Betriebe sehen sich in ihrer Existenz gefährdet, jedem sechsten droht im November die Insolvenz.

Logische Folgerung aus Sicht eines Branchenverbandes: Wo der Staat den Umsatz verunmöglicht, muss er halt einspringen. Bloß: Wenn die Steuerzahler*innen schon für leere Hotelzimmer aufkommen sollen – warum diese dann nicht Menschen überlassen, die sie benötigen? Menschen, für die der Unterschied zwischen Massenunterkunft oder Einzelzimmer keine bloße Frage des Komfort ist – sondern eine des Überlebens?

Am Ende dürfte es sich auch für den Staat lohnen, diese zwei Fliegen unter die eine sprichwörtliche Klappe zu bekommen. Denn Erfahrungen aus Hannover legen nahe: Besser untergebrachte Menschen gelangen leichter in die Hilfssysteme, entwickeln erfolgreicher Perspektiven – und wenn es gut geht, brauchen sie später seltener staatliche Unterstützung.

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Alexander Diehl
Redakteur taz nord
Wollte irgendwann Geisteswissenschaftler werden, ließ mich aber vom Journalismus ablenken. Volontär bei der taz hamburg, später auch mal stv. Redaktionsleiter der taz nord. Seit Anfang 2017 Redakteur gerne -- aber nicht nur -- für Kulturelles i.w.S.
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1 Kommentar

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  • Womöglich hat hier Corona einen positiven Nebeneffekt und setzen sich die "housing first" Befürworter:innen in der Politik endlich durch wenn der Coronawinter zeigt dass zuerst eine Menschenwürdige Unterbringung nötig ist damit obdachlose Menschen zurück in eine Wohnung und in ein normales Leben kommen können. Muss auch nach Corona die Regel werden denn Wohnen ist ein Menschenrecht und die Unterstellung "freiwilliger Obdachlosigkeit" mit der sich bislang die Kommunen ihrer Pflicht entledigen obdachlosen Personen eine Unterkunft zu vermitteln ist eine Menschenrechtsverletzung und eine Verhöhnung von Menschen in Not. Mit diesem vorgeschobenen Argument dürfen Obdachlose Personen ja noch nicht mal mit eigenem Zelt auf ausgewiesenen Plätzen wohnen sondern werden im städtischen Raum ständig von der Polizei geräumt und auch bisherige Notübernachtungen die Menschen nachts immerhin vor dem Erfrieren bewahren aber am Morgen wieder in die Kälte auf die Straße schicken sind und keine menschenwürdige Unterbringung sondern halten Menschen in der Obdachlosigkeit fest. Und nein Obdachlose Personen brauchen auch keine neuen möglichst ungemütlichen Sammelwohnheime sondern wir alle brauchen normalen Wohnraum staatlich finanziert und in staatlicher Hand damit dauerhaft Menschen vor Obdachlosigkeit bewahrt werden wenn sie von Milliardenschweren Aktiengesellschaften aus deren Kapitalanlagen heraus geklagt und geräumt werden.