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Homophobie in UgandaDrakonisches Gesetz in Kraft

Präsident Museveni unterzeichnet ein Gesetz, das für homosexuelle Handlungen lebenslange Haft vorsieht. Auch die Nichtanzeige steht unter Strafe.

Mit seiner Unterschrift kriminalisiert Präsident Museveni sämtliche „homosexuelle Akte“. Bild: reuters

GOMA taz | Auf heftige weltweite Kritik ist die Entscheidung von Ugandas Präsident Yoweri Museveni gestoßen, ein umstrittenes Gesetz zur Kriminalisierung von Homosexualität doch noch zu unterzeichnen. Nach jahrelangem Hin und Her setzte Museveni am Montagmittag seine Unterschrift unter das Gesetz, das die bestehende und nur selten durchgesetzte Strafbarkeit gleichgeschlechtlichen Geschlechtsverkehrs in Uganda auf alles erweitert, was als Förderung, Vorbereitung oder Gutheißen homosexueller Handlungen interpretiert werden kann, und das mit lebenslanger Haft bestraft. Wer solches Verhalten mitbekommt und nicht anzeigt, muss mit sieben Jahren rechnen.

Museveni erklärte zu seiner Unterschrift, er wolle die Gelegenheit nutzen, um sein Volk vor anderen „westlichen“ Verhaltensweisen zu warnen, wie Oralsex und Unhöflichkeit. Ugandische Schwulenaktivisten berichteten der BBC, sie hätten sich in ihren Häusern eingeschlossen und fürchteten nun um ihr Leben.

Das Gesetz in Uganda war zum ersten Mal 2009 ins Parlament eingebracht worden, von einem Abgeordneten mit engen Beziehungen zu evangelikalen US-Sekten. Zunächst sah es die Todesstrafe für Homosexualität vor. Dann wurde daraus „lebenslänglich“. Verabschiedet wurde es Ende 2013, aber zunächst weigerte sich der Präsident, es zu unterzeichnen, und gab wissenschaftliche Studien in Auftrag: Wenn Homosexualität angeboren sei, bringe ein Verbot nichts.

Ein mit der Klärung dieser Frage beauftragtes ugandisches Wissenschaftlerteam kam zum Schluss, Homosexualität sei weder als Krankheit noch als Abnormalität zu werten. Es gebe auch kein „Schwulen-Gen“. Sie existiere einfach. Kultureller Einfluss könne sie aber begünstigen: „Der zunehmende Einfluss westlicher Kultur stellt Homosexualität als eine Wahlmöglichkeit dar“, so die Wissenschaftler.

Kritik von Obama und Tutu

Die Regierungspartei NRM (Nationale Widerstandsbewegung) machte daraus in ihrer Vorlage für den Präsidenten, Homosexualität sei „keine Krankheit, sondern bloß ein abnormales Verhalten, das durch Erfahrungen im Leben erlernt werden kann“. Das war das Stichwort, das Museveni brauchte. In einem am Samstag veröffentlichten Antwortschreiben an seinen US-Amtskollegen Barack Obama, der ihn zur Nichtunterzeichnung des Gesetzes aufgefordert hatte, schrieb der ugandische Präsident: „Es kann keine Wahlfreiheit dafür geben, ob ein Mann sich wie eine Frau benimmt oder umgekehrt.“ Aber falls sich in der Wissenschaft herausstelle, dass tatsächlich Menschen homosexuell geboren werden, „können wir die Gesetzgebung überprüfen“.

Die Debatte um Homosexualität in Uganda ist über die Landesgrenzen hinaus wichtig. Der Gesetzentwurf von 2009 stand Pate für ähnliche Vorhaben in anderen Ländern Afrikas. Es gibt aber auch andere Stimmen in Afrika.

Die schärfste Kritik kam am Wochenende vom südafrikanischen Friedensnobelpreisträger und Erzbischof Desmond Tutu: Das Gesetz erinnere ihn an den Nationalsozialismus in Deutschland und die Apartheid in Südafrika. „Die Geschichte der Menschheit ist voller Versuche, Liebe oder Heirat über Klassen-, Kasten- oder Rassengrenzen hinweg zu verbieten“, sagte Tutu. Meist werde das pseudowissenschaftlich begründet, aber „es gibt für Vorurteile und Diskriminierung keine wissenschaftliche Rechtfertigung. Niemals. Und auch keine moralische.“

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14 Kommentare

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  • B
    beka

    Woher weht der Wind? Dazu 2 Zitate aus Wikipedia:

     

    "In der Bevölkerung herrscht vielfach eine anti-homosexuelle Stimmung.[29] Angefeuert wird diese insbesondere von christlichen Predigern, die von klerikalen Verbänden aus den Vereinigten Staaten finanziert werden, sowie von muslimischen Predigern."

     

    und

     

    "Im Oktober 2009 brachte der ugandische Abgeordnete David Bahati, ein Mitglied der evangelikalen Organisation The Family[21][18], ein Gesetz unter dem Titel Uganda 2009 Anti-Homosexuality Bill in das Parlament ein, wonach das Eingehen oder Feiern gleichgeschlechtlicher Beziehungen kriminalisiert werden sollen."

     

    "The Family" ist ein evangelikal religiöses und international politisch agierendes Netzwerk, das 1935 in den USA gegründet wurde und das von den USA aus agiert! David Bahati (s.o.), der Initiator des Anti-Homosexuellen Gesetzes, gilt als Mitglied des inneren Kreises von The Family! Der heutige ugandische Präsident Museveni wurde bereits 1986 von dem Netzwerk als Schlüsselfigur für Afrika genannt!

     

    Nur damit mal klar wird, woher der Wind gegen Schwule und Lesben in Uganda eigentlich weht!

  • G
    Gast

    Hier wurde von Uganda ein verständliches aber überzogenes Ausrufezeichen gegen die westliche Art im Umgang mit Homosexualität gesetzt. Mit Demokratie hat aber leider weder der europäische noch der ugandische Umgang mit diesem Thema etwas zu tun. Beides läuft nach dem Prinzip Top Down und die Freiheit der Bürger wird mit Füßen getreten.

    Es ist wohl ein Traum zu glauben, dass sich ein Staat nur um die Rahmenbedingungen für ein friedliches und freiheitliches Zusammenleben kümmert und sich nicht von Ideologien oder Religionen instrumentalisieren lässt. Vielleicht ist es ein übermenschlicher Wunsch an die Amtsträger dieser Welt der in der Realisierung übernatürliche Kräfte braucht!

  • Zwang zur Denunziation, ein Gesetz nicht nur gegen Homosexuelle, sondern alle, die jemanden kennen... Das ist schon sehr außergewöhnlich.

  • "Wie die Rassenlehre, die in Rwanda zum Massenmord an Tutsi führte, so die Sündenlehre ("Homos are after our Kids, Hang them!")

    kommen diese Aggressionen aus der Schule des Kolonialismus."

     

    Das möchte ich doch alles bezweifeln. Aversionen gegen Homosexuelle lassen sich wie auch z.B. der afrikanische Hexenglaube in einem christlichen Vokabular formulieren, müssen aber nicht aus der Kolonialzeit stammen und gehören auch nicht zwingend zum Christentum. Genauso ließen sich in Ruanda Stammeskonflikte in den rassischen Vorstellungen der Kolonialherren beschreiben, ohne auf sie reduzierbar sein zu müssen.

    • E
      eugrus
      @Lunaria:

      Das ist ohne Vorkenntnisse ja schwer zu sagen. Japanische Homophobie ist zB tatsächlich erst durch westliche Einflüsse entstanden.

  • Die Regierung Ugandas hat für ihre Verhältnisse längere Zeit gezögert, dieses Gesetz in Kraft zu bringen. Sie weiß um die Reaktionen aus dem westlichen Ausland.

    Es ist der Druck der einheimischen Kirchen, v.a. der Katholiken, die ein solches Gesetz seit langem fordert. Man schaue sich die fanatischen Reden und Schriften der ugandischen Zeitung Rolling Stone an.

    Das ist alles sehr schlimm.

     

    Eine Aufnahme von Geflüchteten aus Gründen der Verfolgung der sexuellen Orientierung ist notwendig.

    Konsequenz der Geschichte:

    Wie die Rassenlehre, die in Rwanda zum Massenmord an Tutsi führte, so die Sündenlehre ("Homos are after our Kids, Hang them!")

    kommen diese Aggressionen aus der Schule des Kolonialismus.

  • 1G
    1714 (Profil gelöscht)

    Uganda, Russland, Arizona - es gibt nur graduelle Unterschiede...

  • Eine gute Gelegenheit, um über wirkliche westliche Unsitten nachzudenken, z.B. Entwicklungshilfe für Uganda. Etwas mehr Druckmittel als bloße Appelle von Obama und Tutu wird es ja wohl geben.

  • Der Begriff Homophobie ist hier gar nicht mehr angebracht, klingt wie eine Verharmlosung. Es ist viel schlimmer als nur eine Angst vor Homos. Hier ist es der Versuch, die homosexuellen Menschen zu vernichten, wegzusperren, im Grunde auszurotten. Man muss doch mal in die Natur gucken, es gibt Fische, Voegel, Pinguine und viele Arten mehr, wo Homosexualitaet stattfindet. Unter Elefanten, obwohl Weibchen praesent sind, kann "Analverkehr" beobachtet werden, zwischen 2 Bullen. Da ist der Praesident in Uganda aber unglaublich zurueckgeblieben, da sind ja die Chimpansen noch weiter als er, die dimkriminieren zumindest keine homosexuellen Akte der Artgenossen.

    • B
      beka
      @Max Bruch:

      Klingt mir alles ein bisschen zu darwinistisch, ich denke man kann auch schwul oder lesbisch sein ohne dem Tierreich nacheifern zu müssen?!

    • F
      freigeistplus
      @Max Bruch:

      In der Natur passieren noch ganz andere Sachen, und die wollen Sie sicher nicht auf die Menschen übertragen. Insofern sind diese "auch in der Natur"-Argumente ziemlich sinnlos.

      • @freigeistplus:

        Nicht ganz.

        Vieles am Menschen ist eben nicht mehr natürlich. Auch das ganze Drumherum des Flirtens wie romantische Abendessen, lauschige Musik u. Rosen auf dem Bett sind eher der Kultur geschuldet.

         

        Der Trieb selber aber - hetero- und homosexuell - ist am Menschen wohl noch das Animalischste und dem Tierreich nächste.

         

        Man eifert hier ja nicht dem Tierreich nach.

        Viel eher geht es um die Feststellung, dass ein überall in der Natur vorkommender Trieb laut Definition nicht unnatürlich ist.