Homophobie in Nigeria: Hatz auf schwule Sündenböcke
Kaum tritt in Nigeria ein Gesetz gegen Homosexualität in Kraft, gibt es erste Verhaftungen. Besonders kritisch ist die Lage für schwule Muslime.
COTONOU taz | Mit Schnelligkeit trumpft Nigerias Regierung nur selten auf. Nicht so mit dem neuen Anti-Homosexuellen-Gesetz, das Präsident Goodluck Jonathan in der vergangenen Woche unterzeichnet hat. Kaum ist die Unterschrift trocken, sollen bereits zwölf Männer verhaftet worden sein, die angeblich homosexuell sein sollen. Nach Informationen der BBC sind darunter elf Muslime und ein Christ. Bereits im vergangenen Monat wurden offenbar 38 weitere Männer unter dem Vorwurf homosexueller Handlungen verhaftet, so berichten nigerianische Medien.
Im muslimischen Norden Nigerias, wo nach dem Ende der Militärherrschaft 1999 in zwölf Bundesstaaten die islamische Gesetzgebung Scharia eingeführt wurde, heißt das: Den Verdächtigen droht bei Verurteilung der Tod durch Steinigung.
Dabei war Homosexualität auch früher schon in Nigeria verboten. Nun allerdings sind die Strafen verschärft. Wer eine gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung hat, muss jetzt für bis zu zehn Jahre ins Gefängnis. Das gilt auch für Mitglieder von Schwulenklubs oder Menschen, die solche Organisationen unterstützen. Eine Gefängnisstrafe von bis zu 14 Jahren droht all jenen, die eine eingetragene gleichgeschlechtliche Partnerschaft eingehen. Dabei ist Letzteres in Nigeria nie ein Thema gewesen, da es ohnehin nicht möglich war.
Für Homosexuelle im bevölkerungsreichsten Land Afrikas bedeutet das: Sie müssen noch viel mehr auf der Hut sein als früher. Umfragen zufolge lehnen mehr als 90 Prozent der Nigerianer gleichgeschlechtliche Beziehungen ab. Für das zersplitterte Nigeria, wo sich viele Menschen selten als Nigerianer sehen, sondern ihre ethnischen Ursprünge oder ihre Religion in den Vordergrund stellen, ist das eine ungeahnte Einigkeit.
Ein ständiges Versteckspiel
Noch vor ein paar Jahren hieß es in Nigerias Schwulenszene immer wieder: Der Alltag ist zwar ein ständiges Versteckspiel und ein Geflecht aus Lügen – aber der Druck war mehr ein privater, etwa vonseiten der Verwandten, endlich eine Familie gründen zu müssen. Anders als beispielsweise in Uganda fühlten sich viele nicht ständig wie auf dem Präsentierteller und wurden von der Öffentlichkeit einigermaßen in Ruhe gelassen.
Treffpunkte und Partys für Homosexuelle gibt es in ganz Nigeria – längst nicht nur in den Wirtschafts- und Partymetropole Lagos, sondern auch in der Millionenstadt Kano im muslimischen Norden, wo die Scharia besonders scharf ausgelegt wird und die Scharia-Polizei Hisbah gern regelmäßig öffentlich und massenwirksam Bierflaschen vernichtet. Die Sicherheitsvorkehrungen waren zwar immens. Veranstaltungsorte von Partys wurden immer wieder verlegt und Spuren regelrecht verwischt. Aber es war möglich, sich zu treffen und zu feiern.
Das könnte nun schwieriger werden. Vor allem im Internet lässt auch Tage nach Jonathans Unterschrift die Begeisterung für das neue Gesetz unter Nigerianern nicht nach. Allerdings gibt es auch aus Nigeria andere Stimmen, die versuchen, die Gesetzesbefürworter mit ihren eigenen Argumenten zu schlagen.
So sagen diese gern, dass Homosexualität sowohl im Islam als auch im Christentum verboten und somit „unafrikanisch“ sei. Religion spielt im tiefkonservativen Nigeria immer eine entscheidende Rolle. Doch das Christentum selbst wurde erst vor gut 100 Jahren von den Europäern nach Westafrika gebracht.
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