Hohe Inflation und EZB: Zentralbank tritt auf die Bremse

Um die Inflation zu dämpfen, lässt die EZB ihre Anleihekäufe auslaufen. Unwägbarkeiten wegen der Pandemie und des Angriffs auf die Ukraine.

Im Licht des heranbrechenden Tages steht die Zentrale der Europäischen Zentralbank (EZB) im Frankfurter Osten

Zentrale der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main Foto: Frank Rumpenhorst/dpa

BERLIN taz | Die Europäische Zentralbank (EZB) reagiert deutlich, aber nicht hektisch auf die ansteigende Inflation. Die zusätzlichen Anleihekäufe sollen spätestens Ende Oktober dieses Jahres komplett enden. Das gab der EZB-Rat am Donnerstag bekannt. Damit reduziert die Notenbank, die die europäische Währung Euro herausgibt, die Versorgung der Wirtschaft mit frischem Geld, um den Preisauftrieb zu dämpfen.

Gleichzeitig hält das Leitungsgremium um Präsidentin Christine Lagarde aber die Zinsen auf dem niedrigen Niveau. Wann es zur Zinswende kommt, ist unklar. Das ist als Zeichen zu verstehen, dass der EZB die Coronakrise und der russische Krieg gegen die Ukraine auch ökonomische Sorgen bereiten.

Das Ankaufprogramm APP wird demnach schneller als bisher geplant auslaufen. Ein anderes Programm (PEPP) endet schon diesen Monat. Allerdings werden nur die zusätzlichen Ankäufe ausgesetzt. Die Mittel aus auslaufenden Papieren will die Zentralbank weiter reinvestieren, sodass der Bestand der Anleihen in ihrem Besitz konstant bleibt. Diese Programme dienen dazu, Staatsanleihen der Euro-Mitglieder und Unternehmensanleihen zu erwerben, um deren Refinanzierungskosten niedrig zu halten, Investitionen und Konsum zu fördern.

Die EZB steckt in einer schwierigen Situation. Wegen der schnell gestiegenen Inflation und der hohen Energiepreise muss sie einerseits ihre Geldpolitik straffen, das heißt, ihre Anleihekäufe rasch reduzieren und eigentlich auch die Zinsen anheben. Das geringere Geldangebot würde den Preisauftrieb bremsen. Andererseits jedoch zieht sich die Coronakrise in die Länge, die Erholung der Konjunktur kommt nicht richtig in die Gänge. Und neuerdings führt der Weg zusätzlich in eine Kriegswirtschaft. Die Sanktionen gegen Russland schädigen auch hiesige Unternehmen, bei einigen Rohstoffen für die Industrie deuten sich Knappheiten an. Diese Entwicklungen sprechen eher dafür, die Wirtschaft weiter mit billigem Zentralbankgeld zu unterstützen.

Der Widerspruch zwischen beiden Strategien ist schwer lösbar. Einige Ökonomen betonen die Inflationsgefahr und legen deshalb nahe, die Zentralbank müsse stärker auf die Bremse treten. Zu ihnen gehört Timo Wollmershäuser vom ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München. Er hält die Ansage der EZB für eine „gute Entscheidung“, weil die Zentralbank die Gefahr des Preisauftriebs ernst nehme.

Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), sieht zwar das Risiko einer weiter zunehmenden Inflation: „Die kommenden Monate können sehr, sehr hart werden für die Verbraucherinnen und Verbraucher.“ Gleichzeitig warnte er vor einer Rezession als Folge des Krieges.

Marcel Fratzscher, DIW

„Die kommenden Monate können sehr, sehr hart werden“

Friedrich Heinemann von Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) kann die Beweggründe der EZB ebenfalls nachvollziehen: „Zwei Wochen nach Kriegsausbruch ist es unabsehbar, wie stark der Konflikt die Erholung der Wirtschaft dämpfen wird. Es ist nachvollziehbar, dass sich die EZB noch etwas Zeit nimmt, bevor sie die geldpolitische Wende einleitet.“

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