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Hoeneß' geheimes Tagebuch 7Mauschelei mit Moni

Kolumne
von Markus Völker

Der „Steuer-Strolch“ Uli Hoeneß über Kaffeekränzchen in der Anstalt, seinen Kuraufenthalt und eine Wunde an seinem Bauch.

Eingang zur Kur-Klinik in Landsberg. Bild: dpa

M ein liebes Tagebuch

8. Oktober

Sitze jetzt jede Woche mit der Moni zusammen, also der Monika Groß, die wo hier die Chefin ist. Manchmal kommt auch Frankie dazu, Frank Arloth, der fürs Juristische zuständig ist in der Anstalt. Oder soll ich Knast sagen? Es gibt dann schön Kaffee und Kuchen, und wir besprechen die Lage in Landsberg und in der Champions League. Das Ganze hat nichts mit Vorzugsbehandlung oder so einem Schmarrn zu tun, das ist eine Reha-Maßnahme, die allen Beteiligten etwas bringt. Lustig sind auch die Anekdötchen vom Franzl Röck, der sich Vollzugsleiter nennt.

Wir haben viel gelacht über Helg Sgarbi, den Erpresserdeppen, und den jungschen Wildmoser. Der muss sich ja hier aufgeführt haben, meine Güte! Ganz zu schweigen vom Graeter. Ich kann gar nicht verstehen, wie man in Landsberg ne Depri kriegen kann. 2011 haben sich ja sogar zwei Häftlinge umgebracht. Völlig unverständlich. Die Moni war damals auch total überrascht.

17. Oktober

Niemand hat nach meinem Weggang mein Büro in der Säbener Straße betreten. Es ist abgesperrt, alles an seinem Ort. Wie ein Mahnmal oder besser: wie eine Weihestätte liegt es inmitten der hektischen Betriebsamkeit des FC Bayern. Bald wird sein rechtmäßiger Besitzer zurück sein und das Büro wieder mit Leben füllen. Na ja, es wird dann erst mal nicht ums Große und Ganze gehen, sondern nur um die Bayern-Jugend. Aber das begreife ich auch als eine wunderbare Chance, meinen Horizont zu erweitern.

Genauso wie ich ihn im Strafvollzug erweitert habe. Langsam habe ich den Eindruck, ich sei auf Kur, auf einer inneren Mission, die aus mir einen neuen Hoeneß macht: tiefsinniger, weitsichtiger, ernsthafter und gestählter. Der Günter hat mir das neulich auch bestätigt. Wer von uns bekommt schon so eine Auszeit geschenkt, so viel gedanklichen Freiraum? Andere gehen zu den Trapisten ins Kloster, ich habe einen anderen Weg beschritten. Einen ehrlicheren, wie ich finde.

In unregelmäßigen Abständen erreicht die taz ein Kassiber aus der JVA Landsberg. Es handelt sich um geheime Tagebuchaufzeichnung von Uli Hoeneß, der dort wegen Steuerhinterziehung einsitzt. Der Bayern-Boss kommt erst Anfang 2016 frei – und will bis dahin weiterschreiben, heißt es aus gut informierten Knastkreisen.

Bisher sind erschienen:

Teil 1: Heimat im Darm schmecken

Teil 2: Gesprengte Ketten

Teil 3+4: Keine Gewöhnung. An gar nichts

Teil 5+6: Endlich frei

25. Oktober

Die Susi ist jetzt ständig am Hosen-Shoppen für mich, meistens beim Hirmer. Ich sei nur noch ein Strich in der Landschaft, völlig vom Fleisch gefallen, nölt sie jetzt immer – und stellt mich bei den Freigängen, die ja nun häufiger werden, gleich auf die Waage. 18 Kilo weniger, dann sogar 20. Wo soll das noch enden? Ich soll mal kräftig durchessen, sagt die Susi. Als „Scheinkranker“ (Susi) habe ich doch Anrecht auf Nachschlag. Ja, schon, aber der Landsberger Fraß frisst mir langsam ein Loch in den Zwölffingerdarm.

Deswegen ging’s jetzt bei meinem Ausritt direkt zum Käfer: Es ist diese einzigartige Mischung aus Genuss und Wohlbefinden, aus Kultur und Küche, die den Charakter des Gourmet-Tempels für mich ausmacht. Seit vielen Jahrzehnten gilt es als Treffpunkt Nummer eins in München. Logisch, dass ich mich da mal wieder blicken lassen musste. Die drei Gänge lagen mir dann doch schwer im Magen. In der JVA musste ich mich prompt übergeben. Bekomme jetzt Schonkost. Die Susi will nichts wissen von Schonkost. Aufpäppeln will sie mich. Muss sie gar nicht. Es handelt sich nämlich um eine Wunderdiät: Er steht mir sogar wieder.

1. November

Habe der Moni und dem Franzl aufgetragen, endlich die undichte Stelle zu finden. Ständig tröpfeln Informationen nach draußen, die so was von falsch sind. Auch in der Anstalt sind die Menschen vom Neid auf einen Machertypen wie mich zerfressen. In der sogenannten Freiheit wünschen sie einem die Pest an den Hals, weil man es zu Wohlstand und Reichtum gebracht hat, im Gefängnis flicken sie einem was ans Zeug, nur weil man angeblich auf einer neuen Matratze schlafen darf und ein paar Quadratmeter mehr in der Zelle zur Verfügung hat. Homo homini lupus est, sag ich da nur.

Zum Glück konnten die ganzen Giftspritzen und Nölärsche jetzt wenigstens in meinem veröffentlichten Urteil sehen, dass alles seine Richtigkeit hat in der bayerischen Justiz. Von Deal und Absprache keine Spur. Stattdessen dies schwarz auf weiß: Der Hoeneß, also ich, hat sich „durch seine insbesondere zuletzt rückhaltlose Kooperation geradezu ans Messer geliefert“. Ich würde sagen: Ins Messer gestürzt habe ich mich. Die Wunde trage ich mit Stolz. Sie ist ein Emblem meines Draufgängertums.

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Redakteur
Seit 1998 mehr oder weniger fest bei der taz. Schreibt über alle Sportarten. Und auch über anderes.

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