Hochwasserkatastrophe in Spanien: Angehörige fordern Konsequenzen für Regionalpräsident
Valencias Regionalpräsident weist Vorwürfe wegen seines Krisenmanagements beim Hochwasser im Herbst von sich – und präsentiert sich als Wiederaufbauchef.
Eine Frau, die ihren Vater bei der Tragödie verloren hatte, verließ gar die Kathedrale, als Mazón sie betrat. „Ich glaube, sie haben ihre Arbeit nicht gemacht“, beschwerte sie sich gegenüber der Presse und beschimpfte die Politiker als „Mörder“.
Erzbischof Enrique Benavent, der die Messe gemeinsam mit den Pfarrern aus den betroffenen Gemeinden feierte, weiß von der angespannten Stimmung und mahnte dazu, dass „die Schwierigkeiten nicht dazu führen, dass wir in mangelnde Solidarität verfallen, dass Unterschiede nicht zu Spaltungen werden“.
Doch niemand kann und will vergessen, dass Mazón an jenem 29. Oktober, als es im Landesinneren in wenigen Stunden so viel regnete wie sonst in einem Jahr, zu spät zur Krisensitzung kam. Er traf sich stattdessen in einem für Verschwiegenheit bekannten Restaurant mit einer Journalistin.
Keine offizielle Einladung für Angehörige
Es ist unklar, ob dies ein politisches Zusammenkommen war, wie Mazón später behauptete, oder ein privates, wie Teile der Presse vermuten. Sicher ist hingegen, dass die Hochwasserwarnung für die bedrohten Gebiete erst auf den Handys zu sehen war, als es bereits zu spät war. Die Flüsse weiter unten nahe der Küste waren längst meterhoch über die Ufer getreten. Viele, derer in der Messe gedacht wurde, waren da bereits in den Fluten ertrunken.
Neben mehreren Ministern aus Madrid und dem spanischen Königspaar nahmen auch 400 Angehörige der Opfer an der Gedenkveranstaltung teil. Viele beschwerten sich, nicht offiziell eingeladen worden zu sein. Statt von den Behörden wurden sie von der Diözese über den geplanten Trauergottesdienst informiert. Nur König Felipe VI. und Frau Letizia betraten das Gotteshaus durch den Haupteingang.
Die Politiker nutzten einen für sie reservierten Zugang. Oppositionsführer Alberto Nuñez Feijóo, dessen Partido Popular (PP) Mazón angehört, kam zu spät und Ministerpräsident Pedro Sánchez blieb der Trauerfeier gleich ganz fern. Er sieht sich von der PP Vorwürfen ausgesetzt, zu spät reagiert zu haben, und das, obwohl die Zuständigkeit für Katastrophenschutz eindeutig bei den Regionen liegt.
Mazón, der an jenem tragischen Tag versagte, will sich jetzt als derjenige präsentieren, der entschlossen den Wiederaufbau der betroffenen Gemeinden vorantreibt. Er engagierte eigens dafür einen Ex-General und machte ihn zum Vizepräsidenten seiner Regionalregierung. Nicht ganz ohne Polemik: Denn während die Gelder für den Wiederaufbau hauptsächlich aus Madrid kommen, ließ Mazón die Obergrenze für Regierungsgehälter aufheben, um eben jenen General mit einem Jahresgehalt von weit über 130.000 Euro zu versehen.
Mazón vergibt Aufträge an zwielichtige Firmen
Der Regionalpräsident denkt in schweren Stunden auch an diejenigen, die in der Region Valencia seiner PP immer treu waren. So wurden in den vergangenen Wochen Aufträge in zweistelliger Millionenhöhe an Unternehmen vergeben, die in den größten Korruptionsskandal Spaniens verstrickt waren.
Laut Recherchen der Tageszeitung El País soll die konservative Partei mindestens 20 Jahre lang von Bau- und anderen Unternehmern nicht gemeldete Spenden in bar erhalten haben. Diese sollen jetzt öffentliche Einrichtungen wie Nahverkehrsbahnlinien, Staudämme und Kläranlagen wieder herrichten.
Mazón will außerdem den sogenannten „Territorialen Aktionsplan“ reformieren. Er gibt an, damit weitere Baumaßnahmen vorantreiben zu wollen, um Gemeinden entlang der Flüsse zu sichern, die für die Überschwemmungen verantwortlich waren. Opposition und Umweltschutzverbände werfen Mazón vor, nur eines im Sinne zu haben: mehr Bauland zu schaffen. Der Plan war von der linksalternativen Vorgängerregierung zum Landschaftsschutz erlassen worden.
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