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Historiendrama aus PolenDer sich den Mund zunäht

Der polnische Regisseur Bartosz Konopka erzählt in „Sword of God“ eine Missionsgeschichte. Dabei findet er Bilder für Kritik an der Gegenwart.

Mit Stärke Glauben durchzusetzen: Willibrord (Krzysztof Pieczynski) in „Sword of God“ Foto: Drop-Out Cinema

Auch wenn die jüngste Präsidenten­wahl den Rechtsruck des Landes noch nicht stoppen konnte: Die Zustände, die bei seinem weiter östlich gelegenen russischen Nachbarn herrschen, hat Polen noch nicht erreicht. Noch können Künstler sich frei äußern, ohne befürchten zu müssen, wegen windiger Vorwürfe eingesperrt oder zumindest an der Arbeit gehindert zu werden. Noch können Autoren wie die Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk oder Filmemacher wie Jan Komasa im demnächst startenden „Corpus Christi“ oder wie nun Bartosz Konopka in „Sword of God“ unverhohlen Kritik an den dominanten Insti­tu­tio­nen des Landes üben, nicht zuletzt an der katholischen Kirche.

Während Komasas Film in der polnischen Gegenwart spielt, lässt Konopka in seinem archaischen Historienfilm Fragen nach Ort und Zeit bewusst unbeantwortet. Ohnehin ist „Sword of God“ kein Film vieler Worte, wirkt oft wie ein moderner Stummfilm, bei dem sich mehr über die Bilder vermittelt als über ohnehin oft missverständliche Worte.

In völliger Orientierungslosigkeit beginnt „Sword of God“ dann auch, in einem Ruderboot, irgendwo auf dem Meer, irgendwann im Mittelalter, so viel kann man ahnen. Zwei Männer sind die einzigen Überlebenden einer wohl größeren Expedition: Willibrord (Krzysztof Pieczynski), der ältere der beiden, ein Priester und ein namenloser jüngerer Mann (Karol Bernacki), der ein Ritter ist oder war.

Gemeinsam landen sie an einem verlassenen Strand, auf einer Insel, auf der in den Bergen ein wilder Stamm lebt. Die Aufgabe der beiden ist schnell klar: den Stamm der Heiden, die in Höhlen leben, meist mit Erde bedeckt und in Fell gekleidet sind, zu missionieren. Die Methoden des Duos könnten jedoch unterschiedlicher nicht sein. Während Willibrord versucht, seinen Glauben mit Stärke durchzusetzen, agiert der Ritter vorsichtiger. Er versucht sich den Heiden anzunähern, darunter einer Frau (Wiktoria Gorodecka), die die Tochter des Anführers des Stammes zu sein scheint.

Duell im Feuer

Nachdem Willibrord den Schamanen des Stammes zu einem Duell der Glauben herausgefordert hat und unverletzt durchs Feuer ging, während der Schamane von den Flammen ergriffen wurde, eskaliert die Situation. Zwei Fraktionen bilden sich: Anhänger des Priesters und des Ritters, der sich in einem radikalen Akt den Mund zunäht.

„Sword of God“

„Sword of God“. Regie: Bartosz Konopka. Mit Krzysztof Pieczynski, Karol Bernacki u. a. Poland 2018, 104 Min.

Nicht erst mit dem tatsächlichen Verstummen einer der Hauptfiguren wird „Sword of God“ zunehmend zum bildgewaltigen Stummfilm. Von Anfang an verzichtet Bartosz Konopka auf jedes unnötige Wort, zumal er seine beiden Helden bewusst isoliert. Die Sprache der Heiden wird nicht untertitelt, der Zuschauer bleibt ebenso ein Außenstehender wie die Eindringlinge, die selbst ernannten Missionare.

Diese Entscheidung, die nicht nur im Hollywoodkino normalerweise ein im besten Fall nachlässiges Igno­rieren fremder Kulturen darstellt, ist hier eine bewusste filmische Entscheidung. Sie bewirkt, dass der Zuschauer mit den vorgeblichen Helden – dem Priester und dem Krieger – gleichgesetzt wird, mit ihrem Blick die Kultur der Heiden entdeckt. Durch die Sprachbarriere ebenso außen vorgelassen, zwingt Konopka den Zuschauer, die Rolle der Täter einzunehmen, die eine fremde Kultur nur durch ihre eigene, eine westlich geprägte Brille wahrnehmen. Die Folgen sind Intoleranz, Unverständnis und schließlich exzessive Gewalt, die im unausweichlichen blutigen Finale die Heiden auslöscht.

Verfolgung Andersdenkener

Man muss keine großen Gedankensprünge machen, um vom Mittelalter der filmischen Erzählung zum Polen der Gegenwart zu kommen, wo Andersdenkende, Minderheiten, Menschen, die die organisierte Kirche ablehnen, oft verfolgt werden. Gerade die Kirche predigt oft Intoleranz und nimmt für sich in Anspruch, den einen, den wahren Glauben zu kennen und zu predigen.

Dennoch – und gerade das macht das zeitgenössische polnische Kino so spannend – geht es hier nicht um dezidiert atheistische oder kirchenfeindliche Erzählungen. Die Dichotomie, die aktuelle polnische Filme wie „Corpus Christi“ oder eben „Sword of God“ aufzeigen, besteht nicht aus einem klaren Pro/Kontra Kirche. Vielmehr deuten sie verschiedene Formen von Religiosität an, erzählen von den Unterschieden zwischen organisierten Formen des Glaubens wie etwa der katholischen Kirche und den als wahrhaftiger gezeigten Formen, die aus dem Inneren einzelner Menschen zu kommen scheinen. Oder die eben im Anderen, in fremden Kulturen zu finden sind, wie sie Konopka hier zeigt.

So unzivilisiert die sogenannten Heiden zunächst auch wirken mögen, am Ende erweisen sie sich im Kontrast zu den Vertretern der organisierten Kirche als friedlicher und, ja, zivilisierter.

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