Hilfe für Kritiker des türkischen Regimes: Beck fordert unbürokratische Lösung

Volker Beck will die Visumpflicht für Intellektuelle aus der Türkei abschaffen. Aber das Innenministerium hat etwas dagegen.

Polizisten in Zivil nehmen im Februar 2017 in Ankara einen Demonstranten fest, der gegen die Massenentlassung von Akademikern an türkischen Universitäten demonstriert hatte

„Die Opposition gegen Erdoğan verdient unseren Schutz“, findet Volker Beck Foto: dpa

BERLIN taz | Volker Beck hat da eine Idee: Türkische AkademikerInnen, die angesichts der kritischen Lage in ihrem Heimatland nach Deutschland flüchten wollen oder geflüchtet sind, sollten ohne Visa einreisen und unbürokratisch bleiben dürfen. Das klingt für die Betroffenen vor allem dann gut, wenn sie hören, wie Beck das konkret umsetzen will. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete fordert, die sogenannte Visumerfordernis für LehrerInnen, JournalistInnen und andere Intellektuelle ganz abschaffen.

Am 14. Juni hat Beck seine Idee Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) in einem Schreiben mitgeteilt, welches der taz vorliegt. Darin heißt es, dass etliche Intellektuelle eine kritische Haltung zur autokratischen Entwicklung in der Türkei hätten und sich nun in Deutschland aufhalten würden. „Für manche von ihnen ist das Asylverfahren der richtige Weg, um dauerhaft Schutz vor Verfolgung in Deutschland zu finden“, schreibt Beck weiter, andere beabsichtigten jedoch nicht, länger in Deutschland zu bleiben.

Wie dem auch sei, Beck findet, dass die Ausländerbehörden gefordert seien, Spielräume geltenden Rechts auszuschöpfen, um für die Betroffenen „flexible und sachgerechte Lösungen zu finden“. Konkret heißt das: Türkische MitbürgerInnen, die sowieso die Voraussetzungen für einen Aufenthalt in Deutschland erfüllen, sollten nicht unnötig durch bürokratische Hürden belastet werden.

So die Beck’sche Argumentationslinie. Doch der kleine Haken daran: Das Innenministerium will ihm nicht folgen. Thomas de Maizière ließ Beck am Montag schriftlich mitteilen, dass ein genereller Verzicht auf die Visumpflicht „nur für türkische Staatsangehörige“ nicht möglich sei. Es widerspräche dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Antragssteller. Zudem sei gesetzlich eine Einzelfallprüfung vorgesehen.

Volker Beck, Grüne

„Opposition gegen Erdoğan verdient unseren Schutz“

Beck ist da aber anderer Meinung, die Betroffenen befänden sich in einer Situation, die sich von anderen Migranten deutlich unterscheide: „Die Opposition gegen Erdoğan verdient unseren Schutz. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass Kritikern des türkischen Regimes bundesweit Aufenthaltserlaubnisse erteilt werden, auch wenn sie ohne das entsprechende Visum eingereist sind“, hatte er de Maizière dargelegt. Das geltende Gesetz gebe das her, türkischen JournalistInnen, AkademikerInnen und anderen Intellektuellen könnte – ganz unbürokratisch – der Aufenthalt in Deutschland ermöglicht werden, so Beck.

Visagenehmigungen erteilen die deutschen Auslandsvertretungen vor Ort. Wer ein Visum für einen kurzfristigen Aufenthalt benötigt, bekommt nach Angaben des Auswärtigen Amts nach spätestens zehn Tagen Bescheid. Visa für längerfristige Aufenthalte oder solche, die zur Arbeitsaufnahme berechtigen, werden erst nach einer mehrmonatigen Bearbeitungszeit ausgegeben.

Wie viele türkische AkademikerInnen seit dem Putschversuch im Juli 2016 nach Deutschland geflohen sind, weist keine Statistik aus. Die Philipp-Schwartz-Initiative, eine vom Auswärtigen Amt geförderte Stiftung, die auch politisch verfolgte WissenschaftlerInnen unterstützt, hat diese Woche bekanntgegeben, dass sie insgesamt 56 gefährdete ausländische WissenschaftlerInnen in Deutschland als Stipendiaten fördert, 40 von ihnen kommen aus der Türkei. Sie forschen ab August an 41 Gasteinrichtungen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.