Hilfe bei polizeilicher Überwachung: Verordnete Sicherheitslücken
Thomas de Maizière will die Hersteller von Alarmanlagen und Autos verpflichten, der Polizei zu helfen. So könnte leichter abgehört werden.
Die Polizei darf seit 1998 zur Strafverfolgung Verdächtige in ihrer Wohnung akustisch überwachen. Mit diesem „großen Lauschangriff“ sollen etwa mutmaßliche Gangster abgehört werden, wenn sie am Küchentisch über die Aufteilung der Beute sprechen. Außerhalb von Wohnungen dürfen Gespräche schon länger überwacht werden, zum Beispiel, wenn die Verdächtigen zusammen im Auto unterwegs sind. Nach Urteilen des Bundesverfassungsgerichts von 2004 und 2016 dürfen aber jeweils keine Gespräche mit Familienangehörigen und Beziehungspartnern abgehört werden.
Der große Lauschangriff spielt in der Praxis bisher fast keine Rolle. Bundesweit hat die Polizei im Jahr 2015 nur sechsmal in Wohnungen abgehört. Zwar darf die Polizei in Wohnungen einbrechen, um dort ein Kleinmikrofon anzubringen. Es ist jedoch sehr aufwändig, unbemerkt eine so genannte Wanze in der Wohnung zu installieren.
Häufiger sind die Lauschaktionen in Autos. Doch auch beim Eindringen in PKWs hat die Polizei zunehmend Schwierigkeiten. So sorgt neue digitale Sicherheitstechnik bei manchen Fahrzeugen dafür, dass der Eigentümer eine SMS erhält, nachdem jemand die Tür des Fahrzeugs öffnete. Die Polizei ärgert das. So werde ein Verdächtiger gewarnt und ein heimliches Abhören sei kaum noch möglich. Seit 2016 gab es laut Innenministerium schon 25 Fälle, in denen ein richterlicher Beschluss zum Abhören eines Autos nicht umgesetzt werden konnte.
Hilfe „im Einzelfall“
De Maizière schlägt nun vor, dass die Hersteller von Autos und Sicherheitstechnik gesetzlich verpflichtet werden sollen, der Polizei zu helfen. Über diesen Vorschlag hatte erstmals das Redaktionsnetzwerk Deutschland berichtet. Wie diese Hilfspflicht konkret aussieht, will der Minister vorerst offen lassen. Eine Möglichkeit wäre, die Hersteller zu verpflichten, in ihre Technik Schwachstellen einzubauen, die nur die Polizei nutzen darf.
Allerdings könnten sich diese Hintertüren schnell auch unter Autodieben herumsprechen. Ein Sprecher de Maizières betonte deshalb, der Minister habe keine „Hintertüren“ vorgeschlagen. Es gehe um Hilfe „im Einzelfall“. Außerdem müsse das Abhören weiterhin vom Richter genehmigt werden.
Kritiker von SPD, Grünen und FDP legten de Maizières Vorschlag so aus, dass Verdächtige künftig in ihrer Wohnung von den eigenen Elektrogeräten abgehört werden sollen. Das Bundesinnenministerium wies dies zurück. De Maizière wolle der Polizei nicht den Zugriff auf Mikrofone von Laptops, Tablets und Smart-TVs erleichtern. Die Nutzung der Mikrofone in „informationstechnischen Systemen“ sei der Polizei zum Abhören von Wohnungen und Autos gar nicht erlaubt. Eindeutig ist das aber nicht. Die entsprechenden Paragraphen der Strafprozessordnung (100c und 100f) sprechen ganz neutral von „technischen Mitteln“.
Die Diskussion ist aber noch ganz am Anfang. Sollten die Innenminster der Länder am Donnerstag und Freitag de Maizières Vorschlag unterstützen, würde nur die Bundesregierung aufgefordert, einen Gesetzentwurf vozulegen, zuständig wäre der Justizminister. Amtsinhaber Heiko Maas (SPD) war in de Maizières Vorstoß aber nicht eingeweiht.
Im Jahr 2001 hatte die Innenministerkonferenz schon einmal die Einführung einer Hilfspflicht vorgeschlagen. Damals ging es um Hausmeister, Handwerker und Schornsteinfeger, die der Polizei den Zutritt zu Wohnungen ermöglichen sollten. Die damalige Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) lehnte den Vorschlag ab, der Vorstoß versandete.
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