Mit Spielwaren auf Du und Du: High-Tech-Gekuschel
Nürnberg (taz) – Furby, das mit Elektronik voll gestopfte Plüschtierchen in Deutschlands Kinderzimmern, hat seine besten Tage hinter sich. Doch die Marktforscher der Branche wissen genau, so Eurotoys-Geschäftsführerin Gabriele Eberl, dass auch bei unseren Jüngsten ein Trend den nächsten jagt. Noch im vergangenen Jahr konnte Furby sich fast überall auf der Welt, so auch in Deutschland, Frankreich und Großbritannien, auf Platz eins der Verkaufshitliste setzen, in Deutschland gefolgt von Baby-Born-Puppen und dem Duplo-Eisenbahn-Superset.
Während der Internationalen Spielwarenmesse, die vom 3. bis zum 8. Februar 2000 wieder rund 50.000 Fachbesucher aus aller Welt nach Nürnberg locken wird, stehen Hig-Tech-Spielwaren mit viel Elektronik im Mittelpunkt. Ob Puppen, die miteinander sprechen, oder blecherne Roboterhunde, die nur mit ihrer eigenen Bezugsperson spielen – auch die Kleinsten können dem Technikwahn kaum entkommen. Schon mit sechs oder sieben Jahren werden die traditionellen Spielsachen ohnehin zur Seite gelegt, Video- und Computerspiele, die bereits heute für 20 Prozent des Spielwarenumsatzes sorgen, sind dann interessanter.
Da die Zahl der Kinder unter 14 Jahren weiter sinkt, bleiben der Branche nach Meinung von Gabriele Eberl ohnehin nur zwei Chancen: die Steigerung der Ausgabenfreude für den geliebten Nachwuchs und die Entdeckung neuer Zielgruppen. Denn Deutschlands Mamis und Papis geben mit 550 Mark pro Kind weniger Geld für den geliebten Nachwuchs aus als Eltern in Frankreich oder Großbritannien. In den USA stiegen die Umsätze mit Spielwaren zwischen 1995 und 1998 sogar um rund ein Drittel, während Eltern in Europa gerade mal 8 Prozent mehr für ihre Sprösslinge lockermachten.
Darüber hinaus sollte die Branche, so Eberl, neue Zielgruppen ins Visier nehmen, Stichwort „junge Alte“. Schon heute gelten Erwachsene als Interessenten für sündhaft teure Modelleisenbahnanlagen oder hochwertige Kuscheltiere. So können lebenslustige Singles auch in Phasen ohne geeigneten Lebensabschnittspartner sinnvolle Beschäftigung und weiche Wärme finden.
Die Spielwarenindustrie jedenfalls freut sich über geräumte Lager im Weihnachtsgeschäft und einen Umsatz, der in 1999 wohl die 6-Milliarden-Mark-Grenze erreicht haben dürfte. Horst Peter Wickel
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen