Hessen-SPD will Minderheitsregierung: Ypsilanti machts nochmal

Andrea Ypsilanti strebt ein Linksbündnis an, verschiebt eine Entscheidung aber wegen der Bayern-Wahl in den Oktober. Die Genossen warnen vor einem Alleingang.

Wie zuverlässig ist die Linke? Zuverlässig genug, findet Andrea Ypsilanti. Bild: ap

WIESBADEN taz Jetzt hat sich auch noch Rudolf Scharping zu Wort gemeldet. Der ehemalige Bundesvorsitzende der SPD warnte seine Partei davor, "den Linkspopulisten hinterherzurennen". Man dürfe "Alleingänge von Landesverbänden in national entscheidenden Fragen nicht dulden", schrieb Scharping am Donnerstag in der Bild.

Zuvor war bekannt geworden, dass die hessische Parteichefin Andrea Ypsilanti mit der Fraktion der Linken im Hessischen Landtag demnächst "ein Gespräch" führen will. Das Ziel scheint klar: Ypsilanti will einen neuen Versuch starten, den geschäftsführenden Ministerpräsidenten Roland Koch (CDU) abzulösen und eine rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden. Dabei wäre sie auf eine Tolerierung durch die Linke angewiesen.

Selbst als links geltende Sozialdemokraten wie etwa Michael Müller, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, äußern sich kritisch. Ein Treffen mit der Linken sei zwar "in Ordnung", sagte Müller väterlich. Nur dürfe dabei nicht über eine Regierungsbildung geredet werden. "Irre", lautet der Kommentar eines hessischen Genossen aus dem engsten Beraterkreis um Ypsilanti. Einige Parteifreunde hätten wohl "ganz vergessen, dass wir in Berlin und anderswo längst mit der Linken koalieren".

Die Grünen fordern von Ypsilanti ohnehin seit Wochen eine Entscheidung. Die sollte eigentlich auf einem Parteitag der Hessen-SPD am 13. September fallen. Auf Druck der Bundesspitze wurde dieser Sonderparteitag jetzt aber in den Oktober verschoben - um das SPD-Ergebnis bei der Landtagswahl in Bayern Ende September nicht zu gefährden.

Die hessische SPD will jetzt erst einmal auf Regionalkonferenzen ihr Verhältnis zur Linken debattieren. "In die Partei hineinhorchen" nannte das Ypsilanti im Gespräch mit der taz. Klar ist schon jetzt: Tritt Ypislanti nicht an, wird es bald Neuwahlen geben. Das muss aber gerade die SPD fürchten; die Partei wird aktuell mit 24 Prozent gehandelt (Wahlergebnis: 37 Prozent). Möglich, dass außer der Abweichlerin Dagmar Metzger, die ihrer Linie treu bleiben will, alle anderen SPD-Landtagsabgeordneten für Ypsilanti votieren, sollte sie antreten; auch die mutmaßlich zwei anderen Abweichler - aus Angst vor dem Mandatsverlust nach Neuwahlen.

Es bleibt ein Vabanquespiel. Denn die zentrale Frage ist: Wie zuverlässig ist die Linke? Die Grünen bestehen für den Fall der Fälle auf "klaren Vereinbarungen"; an einem "Himmelfahrtskommando" sei man nicht interessiert. Dass sich jetzt auch die Linke im Bundestag in Hessen einmischt, lässt die CDU feixen. Man werde einen Innenminister Jürgen Walter vom rechten Flügel der SPD nicht akzeptieren, sagte der Linken-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke ganz entgegen den bisherigen Erklärungen der Linken in Hessen.

Bei den hessischen Sozialdemokraten provoziert das Sperrfeuer aus Berlin eher eine Art von Wagenburgmentalität. Sie wollen es jetzt wissen: "Machs noch einmal, Ypsi" lautete der Trinkspruch einer Genossin in der Landtagskantine. KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT

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