Herber Rückschlag für Windenergie

Bündnisgrüne kritisieren die geplante Änderung des Einspeisungsgesetzes für Ökostrom. Die Verringerung der Förderung könnte die Branche in ihrer Existenz gefährden  ■ Aus Bonn Markus Franz

Stehen die bundesdeutschen Windkraft-Anlagenbauer demnächst vor dem Aus? Das jedenfalls befürchten die Bündnisgrünen. Sie haben gestern der Bundesregierung vorgeworfen, das Stromeinspeisungsgesetz aushöhlen zu wollen und damit Anlagenbauer und -betreiber in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten zu bringen. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) unterstützte die Kritik auf einer gemeinsamen Pressekonferenz und sprach von „Gefälligkeitspolitik“ des Wirtschaftsministerium zugunsten der großen Stromkonzerne. Hintergrund ist das Vorhaben der Koalition, das Stromeinspeisungsgesetz zu novellieren. Das Kabinett will möglichst noch in dieser Woche beschließen, den vorgeschriebenen Preis von 17 Pfennig für eine Kilowattstunde Ökostrom zu reduzieren, sofern eine bestimmte Zahl von eingespeisten Kilowattstunden erreicht ist.

Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen, Michaele Hustedt, befürchtet einen Kahlschlag bei Herstellern und Betreibern. „Wenn der Einspeisesatz nur um einen Pfennig pro Kilowattstunde gesenkt wird“, so Michaele Hustedt, „brechen zwei Drittel aller potentiellen Binnenlandstandorte für Windkraftanlagen weg.“ Tausende der in den vergangenen Jahren geschaffenen 10.000 Arbeitsplätze gingen dann ausgerechnet in einer Industrie verloren, die innovativ und umweltfreundlich sei.

Der Geschäftsführer der VDMA, Georg Berntsen, warf der Bundesregierung vor, sich zum „Handlanger der Stromkonzerne“ zu machen. Der VDMA vertritt 3.000 produzierende Unternehmen mit einem Gesamtumsatz von 220 Milliarden Mark. Das Prinzip der Waffengleichheit zwischen Strommonopolisten und Windenergieerzeugern werde verletzt. Deshalb müßten die Windmüller weiterhin gerechte Ausgleichsmaßnahmen erhalten. Nach Informationen der Grünen betragen die Gewinne der Energieversorgungsunternehmen pro Jahr etwa sechs Milliarden Mark. Die Mehrkosten durch das Stromeinspeisungsgesetz für 1997 liegen demgegenüber bei maximal 60 Millionen Mark bzw. 0,01 Pfennig pro Kilowattstunde. Berntsen bezeichnete es als skandalös, daß sich das Wirtschaftsministerium einseitig für die großen Energieunternehmen einsetze. Unangenehme Gutachten würden ignoriert, statt dessen eigene – fiktive – Zahlen herangezogen. Davon berichtet auch das Auricher Windenergie-Unternehmen Enercon. So gehe das Wirtschaftsministerium davon aus, daß die Hersteller von Windenergie-Anlagen bei Großaufträgen Rabatte von 20 Prozent gewährten. Enercon-Chef Aloys Wobben bestreitet dies. Er fürchtet, diese Falschinformation könne den Eindruck erwecken, die Windkraftindustrie könne Kürzungen der Fördermittel verkraften.