Helmut Schmidts Geburtstag: Der Papst der Politiker
Zu seinem 95. Geburtstag will Helmut Schmidt seine Ruhe. Seiner Autorität als Lichtgestalt der deutschen Politik ist das nur zuträglich.
HAMBURG taz | Einer aktuellen Umfrag zu Folge ist Helmut Schmidt für die Angehörigen der Mittelschicht in Deutschland nicht nur ein Vorbild, nein, er rangiert in der Liga der Vorbilder auch noch vor Jesus, Mahatma Gandhi und Mutter Teresa.
Gut, könnte man sagen, die Umfrage führte eine Versicherung zusammen mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa durch, und sie ist vermutlich schon angreifbar in der Frage, wie sie „Mittelschicht“ definiert. Trotzdem scheint diesem Helmut Schmidt etwas Heiliges anzuhaften: Er ist nicht nur ein prominenter Politiker, er ist der Papst der Politiker.
Im Unterschied zum Papst der Katholiken lässt sich Schmidt aber nicht gerne öffentlich feiern. Wenn er am Montag 95 Jahre alt wird, dann feiert er unter Ausschluss der Öffentlichkeit in seinem Doppelhaus in Hamburg-Langenhorn. Da, wo er auch schon seinen 90. gefeiert hat.
Die Feierlichkeiten der Öffentlichkeit werden sich beschränken auf profane Dinge wie Zeitungsartikel, TV-Sendungen, einen Rathaus-Empfang Mitte Januar oder auch eine Bilderenthüllung, wie sie in Bremen stattfand. In der dortigen Bürgerschaft hängt seit Mittwoch ein Schmidt-Portrait des Malers Manfred W. Jürgens, das Schmidt dezidiert ohne Zigarette zeigt. Stattdessen wird Schmidt – einem Papst angemessen – als „Mann des Wortes und der Schrift“ dargestellt, sagt der Direktor der Museen Böttcherstraße, Frank Laukötter. Schmidt selbst sagte seine Teilnahme an der Veranstaltung aus gesundheitlichen Gründen ab.
Fit und altersmilde
Recht fit und sogar etwas altersmilde wirkt Schmidt in dem Doku-Drama „Helmut Schmidt – Lebensfragen“, das das Erste am Montag um 21.45 Uhr zeigt. Schmidt wird darin von Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zu seinem Leben und seinen Lebensweisheiten befragt: „Braucht die Welt Helden?“ Schmidt: „Ich würde an die Stelle des Wortes ’Helden‘ das Wort ’Vorbilder‘ setzen.“ – „Braucht die Welt Vorbilder?“ – „Die Menschen brauchen Vorbilder. Viele Menschen finden ihr Vorbild in dem eigenen Vater – jedenfalls für einen Teil ihres Lebens.“
Schmidt selbst hatte einen Vater, der ihn schlug und nicht zur Hitlerjugend gehen ließ, was der junge Schmidt schrecklich fand. Dann wurde Schmidt eingezogen und meldete sich freiwillig für einen Einsatz an der Ostfront. Anschließend studierte er deshalb nicht Architektur, weil ihn das von Frau und Kind getrennt hätte.
Politiker zu werden, war für Schmidt eigentlich die zweite Wahl. Trotzdem hat ihm seine Zeit als Politiker eine Autorität verschafft, die so nachhaltig ist, wie bei keinem anderen Politiker der Nachkriegszeit. Auch deshalb, weil er die Leute lieber auf Abstand hält, anstatt sich feiern zu lassen.
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