Heiße Diskussion vor NRW-Wahl: Grüne kuscheln mit Rüttgers
Die Grünen setzen fest, wer nach der Landtagswahl mögliche Koalitionsgespräche führen wird. Dabei bahnt sich eine Mehrheit für Schwarz-Grün-Befürworter an.
Neun Tage vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen arbeitet der Realo-Flügel der Grünen verstärkt an einer Koalition mit der CDU. Befürworter von Schwarz-Grün versuchen, möglichst großen Einfluss in der Kommission zu erlangen, die nach den Wahlen Koalitionsverhandlungen mit möglichen Bündnispartnern führen soll.
Die Kommission wird dazu von acht auf 14 Mitglieder vergrößert. Einen entsprechenden Vorschlag wolle der Landesvorstand dem am Sonntag in Essen tagenden Grünen-Landesparteirat zur Zustimmung präsentieren, bestätigte der NRW-Landesvorsitzende Arndt Klocke der taz. In Koalitionsverhandlungen mit SPD, Linken oder der CDU verfügten die Befürworter von Schwarz-Grün damit über eine Mehrheit, ist aus Parteikreisen zu hören.
Neben dem Vorstand der Landtagsfraktion, dessen Mitglieder in der Vergangenheit immer wieder für ein Bündnis mit der CDU geworben haben, und vier Vertretern des Landesvorstands sollen auch bekennende Realos wie der aus dem Rhein-Sieg-Kreis stammende Landtagsabgeordnete Horst Becker oder die designierte neue Parteivorsitzende Monika Düker für die Grünen sprechen.
Zwar betont die zum linken Parteiflügel zählende Grünen-Landeschefin Daniela Schneckenburger, die Verhandlungskommission repräsentiere "die Breite der Partei". Schließlich zählen sieben Mitglieder zum Realoflügel, sieben gelten als Linke. Allerdings sagen die formellen Flügelzugehörigkeiten in NRW nur wenig über Präferenzen für mögliche Koalitionspartner aus.
So warb die als Linke geltende Vizechefin der Landtagsfraktion, Barbara Steffens, bereits für Schwarz-Grün. Die Parteilinke Irmingard Schewe-Gerigk führt in Witten eine Ratsfraktion, die einer Jamaika-Koalition angehört. Und die Essener Ratsfraktion des ebenfalls auf dem linken Ticket antretenden Mehrdad Mostofizadeh war bis zu den Kommunalwahlen 2009 Teil eines schwarz-grünen Bündnisses.
Als überzeugter Gegner von Schwarz-Grün gilt einzig Sven Lehmann, heute Beisitzer im Landesvorstand. Um die Parteilinke zu besänftigen, soll der einstige Sprecher der Grünen Jugend in NRW auf einem Parteitag im Juni neben der Reala Düker zum Parteichef gewählt werden.
Parteilinke wie der Gelsenkirchener Kreisverbandssprecher Robert Zion wollen einen Durchmarsch des Realo-Flügels deshalb mithilfe der Basis verhindern: "Wir wechseln nicht das Lager", verspricht Zion immer wieder - und setzt auf Parteitage und Kreisvorsitzendentreffen, die Ergebnisse von Sondierungsgesprächen und Koalitionsverhandlungen absegnen sollen. "Die Basis wird sich ganz genau überlegen, ob sie im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW eine falsche gesellschaftspolitische Weichenstellung unterstützt."
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!