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Heidelberger Antifa fühlt sich ausspioniertSpitzel sind Ministersache

Die Heidelberger Spitzelaffäre weitet sich aus, nachdem Aktivisten von weiteren Spionen sprachen. Die Grünen sehen eine "Überwachungsdimension historischen Ausmaßes".

Wurden bespitzelt: Heidelberger Studenten bei Uni-Protesten. Bild: ap

HEIDELBERG taz | Erst die Antifa, jetzt die Politik: Nachdem antifaschistische Aktivisten im Heidelberger Spitzelskandal am Wochenende von zwei weiteren Verdeckten Ermittlern in der baden-württembergischen Studentenstadt berichtet haben, reagiert auch die Landespolitik auf die neuen Hinweise.

"Wenn sich das als wahr herausstellt, hat diese Überwachung eine Dimension historischen Ausmaßes, die es in Baden-Württemberg weder in der linken Szene noch im Studentenspektrum so je gab", sagte der baden-württembergische Innenpolitiker Uli Sckerl von den Grünen am Montag der taz. Auch zum Schutz der Beamten müsse das Innenministerium die betreffenden Ermittler "nun sofort aus ihrem Einsatz abziehen".

Am Wochenende hatte die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) berichtet, sie habe konkrete Kenntnis von zwei verdeckten Ermittlern, die sich noch im Einsatz in der linken Szene befinden sollen. Das baden-württembergische Innenministerium wollte dies gegenüber der taz nicht kommentieren. Erst im Dezember war in Heidelberg ein verdeckter Ermittler unter dem Tarnnamen "Simon Brenner" von Studenten enttarnt worden, nachdem dieser monatelang die linke Szene, den sozialistischen Studentenverband SDS sowie die "Kritische Initiative" an der Uni ausspioniert hatte.

Zur Identität der Spitzel wollte die AIHD sich auch am Montag noch nicht äußern. "Es kann nicht Angelegenheit der Bespitzelten sein, diese Situation lösen zu müssen", sagte Michael Csaszkoczy von der AIHD der taz. "Wir gehen davon aus, dass das Innenministerium nun am Zug ist."

Axel Malsch, Mitglied der Heidelberger Hochschulgruppe des SDS, sagte der taz: "Die abgeschottete Informationspolitik der Behörden trägt dazu bei, dass die Betroffenen natürlich nun selbst versuchen, sich ein möglichst umfassendes Bild der Spitzel-Einsätze zu verschaffen." Matthias Richter von der Kritischen Initiative Heidelberg sagte der taz: "Wir fragen uns, ob hier wirklich flächendeckend gegen uns vorgegangen werden sollte." Malsch und Richter prüfen derzeit mit weiteren Betroffenen die Einreichung einer Klage, auch weil die Rechtsgrundlage der Spitzeleinsätze noch immer ungeklärt ist.

"Außer dass es in Heidelberg eine linke Studentenszene gibt, gibt es derzeit keinerlei Hinweise darauf, dass dort auch schwere Straftaten vorbereitet wurden, die einen solchen Einsatz rechtfertigen würden", sagte Innenpolitiker Sckerl. "Wenn am 16. Februar der Innenausschuss tagt, muss der Innenminister endlich die Hosen runterlassen."

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16 Kommentare

 / 
  • CI
    Captain Iglu

    Ich behaupte, dass die Meisten, die hier kritische Beiträge zu dieser Bespitzelungsaktion schreiben, sich nicht daran stören würden, wenn rechte Organisationen ohne ausreichende rechtliche Grundlage beobachtet würden.

    Womit ich selber auch kein Problem hätte. Aber dann sollte man doch auch bitte von dieser Doppelmoral ablassen.

  • ON
    otto nix

    Gewissensfragen sind als solche zu behandeln!

     

    Das bedeutet ein jeder Politiker muss zuallererst sein Gewissen und zuallerletzt auch dasselbe spreceb lassen dürfen - Und darf keinesfalls einem Fraktions-, Gruppen und sonstigem Zwang beim Hammelsprung unterworfen werden !!

     

    Daran und an den Wirschaftslobbyisten und an den Geheimnisträgern in öffentlichen Gütern und an den Privatwirtschaften und Klüngeln von Politik-Pöstchen-Wirtschaft(Geldhoheit = Allmacht) kranken doch unsere westlichen "DEmokraturen" und "Demokrateure".

     

     

    Unsere Rechts- und Schriftgelehrten und einige andere "Pharisäer" und hochnotable Wissenschaftler (hochwohlgeboren auch ohne Blaublütig zu sein)

    schaffen zusammen mit der Wirtschaft dafür die >>Gesetzestexte und die4 Antastbarkeit von Menschenrechten und Freiheitsrechten und dem Recht auf Frieden:

     

    Wo bleibt der Ethos der das GG, die UNO-Menchenrechte, den Grundsatz der Gleichheit aller Menschen noch in Realität unterstützt.

     

    Wo wird das erteilte Mandat verantwortlich ausgeübt ?

     

    Warum nur hat nur eine verschwindende Minderheit davon überhaupt dazu einen uneigennützigen und wahrhaftig ehrlichen und selbstkritischen Bezug?

     

    Warum kann der "Bürger" MMandate nur im Parteinegeklüngel erhaschen?

     

    Wes Kinder und Kindeskinder sind wir Faschisten und Menschenverächter eigentlich?

     

    Und tragen wir nicht zuerst unser Mandat um der Bereicherung unserere Sippen willen - gerade wir die bekämpften Warlords in Afghanistan

     

    Warum das was wir unseren Staatsschulen zukommen lassen ein Almosen?

    Es gibt auch gute internationale Bildungseinrichtungen, die wir unsere Liebsten angedeihen lassen können!

     

    Höre ich da Neid? JA; ja; ja

  • T
    Tassadar

    @Mauermer: du meinst doch nicht etwa die DDR, oder? wie kann man elitären staatsfaschismus als links bezeichnen? du solltest dir nochmal überlegen, was für linke wichtig ist, nämlich freiheit, entfaltung der persönlichkeit und respekt vor dem leben und dem planeten, auf dem wir leben - alles sachen die dem regime der DDR vor lauter machtgeilheit völlig egal waren, was im übrigen auch für die absolut menschenfeindlichen systeme in china und russland gilt oder gegolten hat, die sich den anstrich linker politik alle völlig zu unrecht gaben, fast so wie alle nato staaten sich als demokratien bezeichnen... tssss

     

    und wenn die antifa sagt, rechte gewaltverbrecher und mörder gehören in den knast und nicht auf die strasse, ins parlament oder in den dienst der bereitschaftspolizei, dann ist das natürlich verwerflich, viel besser ist natürlich da frau von und zu kotzenberg, die mit dem springerverlag päderasten jagen geht, ja das gefällt dir sicherlich besser, du alter mittenextremist.

     

    "wer sicherheit freiheit vozieht, der lebt zurecht als sklave" - sokrates

  • 3G
    372 (Profil gelöscht)

    Hallo

     

    --

     

    Es handelt sich beim SDS. die Linke um den: "Sozialistischen Demokratischen Studierendenverband."

    --> kleine aber feine Unterschiede.

    Danke für die Korrektr im voraus.

     

    --

     

    Ich lese in dem Artikel "sozialistischer Studentenverband SDS". Ist der SDS nicht sozialistisch? Sind dort keine Studenten (Studierenden) organisiert? Ganz allgemein: Können Sie mir bitte den Fehler nennen, den die taz hier gemacht hat? Oder sind Sie einfach nur traurig, weil nicht der Eigenname des Verbandes genannt ist?

  • M
    Mauermer

    @vantast: Keine Bedrohung von links?

    Diese Ideologie ist mindestens genauso gefährlich wie die rechte. Sie hatte auch 40 Jahre lang Zeit zu zeigen, wie man aus einem Industriestaat ein Entwicklungsland macht. Diese Aufgabe wurde mit Bravour gemeistert. Kritische Köpfe wurden entweder drangsaliert oder gleich unter unwürdigen Bedingungen in Haft gehalten. Keine Gefahr? Monsieur belieben zu scherzen. Nie wieder eine Diktatur in Deutschland, weder von rechte noch von links.

    Antifa ist immer links und hat sich in der Vergangenheit nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die verbrieften Rechte anderer betrifft. Da wird schon mal auf angeblich nicht vorhandene Grundrechte für bestimmte politische Gruppierungen hingewiesen. Damit stellt sich die Antifa ausserhalb unseres Grundgesetzes!

    In einer Demokratie hat jeder das Recht auf freie Meinungsäusserung, trotzdem muss eine wehrhafte Demokratie die Ränder des politischen Spektrums beobachten, um ein Abgleiten in den Extremismus zu verhindern. Ich befürworte daher die Überwachung, schließlich will ich weiterhin in Freiheit leben.

  • V
    vantast

    Hier in derselben Ausgabe: Bundesregierung unterstützte den "Schlächter von Lyon" Klaus Barbie, gegen linke Gruppen wird aber der Knüppel herausgeholt.

    Es gab nie eine Bedrohung von links, sie kam hier immer von rechts. Aber von da sieht man keine Bedrohung, arbeitet sogar mit Neonazis usw. zusammen.

    Wie sagte einst Minister Möller in etwa: "Sie (die Nazis) standen Ihnen näher als uns!" Wie wahr.

  • O
    otto

    Die Antifa sind keine netten Jungs von nebenan die Kritisch denken.

    Die Antifa ruft oft offen zur Gewalt auf und das jawohl gegen anders Denkende bsp. Studentenverbindungen oder denken wir doch mal letzte Woche an Berlin! Wer Stand da wieder an erster Stelle? Richtig die Antifa. Wer schlägt Polizisten krankenhausreif? Richtig die Antifa. Wer zündet Autos an? Richtig die Antifa.

    Überall wo es Ärger von Links gibt sind sie nicht weit.

    Also kann man ihnen ruhig auf die Finger schauen.

  • E
    Empört!

    Den Hinweis auf den kategorischen Imperativ bezogen auf Klaus´ Aussage finde ich sehr angebracht,das vorab.

     

    Egal was Mensch von der antifaschistischen Aktion hält,diese polizeiliche Anordnung entbehrt jeglichen

    demokratischen Grundzügen und darf so nicht akzeptiert werden!

    Wo landet den die hierige Protestkultur,wenn unliebsame Elemente ohne jegliche Grundlagen einer geplanten Straftat solch einer Form der Überwachung ausgesetzt

    werden?

    Spannungsverhältnis Sicherheit-Freiheit hin oder her,ich hoffe dieses polizeiliche Verhalten wird schnell sanktioniert und ein Präzidenzfall geschaffen,der ähnliche Dimensionen der Überwachung verhindert. In einer richtigen Demokratie muss Protest gewollt und akzeptiert sein und kann durch solche Mittel nicht eingeschränkt werden,das erinnert an autoritäre Maßnahmen genau der Regime,wegen denen dieser Sicherheits- und Überwachungswahn hier von Staatsseite legitimiert wird. Absolut Untragbar,die Kritikunfähigkeit dieser Scheindemokratie zeigt sich im Umgang mit kritischen und progressiven Elementen immer wieder in aller Deutlichkeit!

    libertäre Grüße

  • EB
    Ernst Bl.

    @"klaus" bitte, bitte erst denken dann reden- oder sei so gut google einmal Kants "kategorischer Imperativ" :-) Danke vorab!!!

     

    Zum Thema: Genau diese Themen zwischen präventivem Sicherheits/-Ordnungsstaat und individueller Meinungsfreiheit zeichnen die instrumentellen Zwänge der vorherrschenden Neo-Konservativen pol. Kultur.

     

    Soll heißen Kreative Entwicklung neuer soz. Bewegungen im 21. Jhd. sind Antworten der Linken in bestehenden demokratischen Herrschaftssystemen!!!

  • A
    ...anyway

    @klaus:

     

    terror-organisation??? das ich nicht lache... in welcher welt lebst, aber deinem kommentar nach zu urteilen, wohl in einer paranoiden welt in deinem kopf!

  • UF
    Ullrich F.J. Mies

    Recht, Rechtsgrundlagen, Grundgesetz - das alles interessiert die mafiosen Politiker und ihre Helfershelfer schon lange nicht mehr.

     

    Klagen laufen ins Leere. Wir werden von Pack regiert.

  • D
    Demokratin

    Man sollte eine Volksabstimmung starten um die BürgerInnen zu fragen ob die Überwachung in Ordnung geht.

     

    Grüne und Linke sollten das mal in die Wege leiten!

  • H
    Hendrik

    Liebe Taz.

    Es handelt sich beim SDS. die Linke um den: "Sozialistischen Demokratischen Studierendenverband."

    --> kleine aber feine Unterschiede.

    Danke für die Korrektr im voraus.

  • HM
    Herp McDerp

    Falls es jemanden interessiert:

    Zeitungen, wie "Die Zeit", kann man in der Bibliothek der Uni Heidelberg nur gegen Abgabe des Ausweises lesen.

    Die TAZ ist davon aber (noch) nicht betroffen.

  • K
    klaus

    Ausspitzeln?

     

    ANTIFA heißt Angriff sagt diese Terrororganisation von sich selbst - höchste Zeit also, was gegen diese Leute zu unternehmen.

     

    schließlich zahl ich Steuern und will den gewaltbereiten Pöbel nicht in meinem Viertel haben

  • PP
    Peter P.

    Bespitzelung, Überwachung, Einschüchterung...... in Tunesien, in Ägypten, in Burma, in China, etc....... und in Deutschland. Wo sind die demokratische Grundrechte geblieben ? Die Regierung mahnt immer wieder andere Länder, aber sollte erstmal vor der eigene Tür kehren; sie ist einfach unglaubwürdig.