Haushaltsdebatte im Bundestag: Rote Zahlen und eine schwarze Null
Die Bundesregierung legt mal wieder einen Haushalt vor, der ohne zusätzliche Kredite auskommt. Die Opposition spricht lieber von roten Zahlen.
Und heute? Nächstes Jahr sollen es 2,5 Prozent für Investitionen sein. „Viel zu wenig, gemessen an den Herausforderungen“, beschwerte sich die grüne Finanzpolitikerin Anja Hajduk am Dienstag im Bundestag.
Diese Woche debattiert und beschließt das Parlament den Bundeshaushalt für das kommende Jahr. Die entscheidenden Fragen lauten: Ist das ein Etat der Vergangenheit oder der Zukunft? Und konkret: Hat der Bund ausreichende Mittel, um die öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen zu verbessern? Die vier Parteien der Opposition – FDP, Grüne, Linke und AfD – kritisierten den Finanzplan von Minister Olaf Scholz (SPD) in Grund und Boden, während Union und Sozialdemokraten ihr Milliardenbudget tapfer verteidigten.
Für Olaf Scholz ist der Etat, der Ausgaben von insgesamt 362 Milliarden Euro umfassen soll, ein „expansiver Haushalt“. Tatsächlich sind die Investitionsausgaben seit 2014 um rund 18 auf jährlich 43 Milliarden Euro angewachsen. Unter anderem in die Deutsche Bahn AG, regionale S- und U-Bahnen, bessere Telefon- und Datennetze und den Klimaschutz stecke man viel zusätzliches Geld, betonte der Finanzminister.
Das verflixte siebte Jahr? Eher nicht
Und das alles ohne neue Schulden, freute sich CDU-Haushaltssprecher Eckhardt Rehberg. Zum siebten Mal inzwischen legt die Bundesregierung einen Haushalt vor, der dank Wirtschaftswachstum, niedriger Arbeitslosigkeit, guter Steuereinnahmen und geringer Zinsausgaben ohne zusätzliche Kredite auskommt. Die sogenannte schwarze Null ist das Markenzeichen auch dieser Koalition.
Doch genau hier hakt die Opposition ein: Eigentlich produziere Scholz „rote Zahlen“, polemisierte FDP-Politiker Otto Fricke. Objektiv hat er zwar Unrecht – Einnahmen und Ausgaben sind ja ausgeglichen –, dennoch trifft sein Argument zu. Um auf Schulden zu verzichten, holt Scholz sich über 10 Milliarden Euro aus den Rücklagen und verordnet eine globale Minderausgabe von 5 Milliarden. Ein Buchhaltungstrick, damit es passt.
Das sei nur ein Indikator der eigentlichen Malaise, so Grünen-Politikerin Anja Hajduk. Ideologisch vernagelt, nutze die Koalition die eigentlich vorhandenen finanziellen Spielräume nicht, obwohl die Lage es dringend erfordere. Sie zählte auf, wo zusätzliche Investitionen nötig wären: städtische Infrastruktur, also Schulen, Kitas, Bibliotheken, Bäder, öffentlicher Nahverkehr, Straßensanierung oder Brücken. Zudem die löchrigen Mobil- und Breitbandnetze, Klimaschutz, Wärmedämmung von Gebäuden und der Wohnungsbau.
Zur Finanzierung höherer Ausgaben haben die Grünen eine Idee entwickelt, die so oder ähnlich mittlerweile auch einige Ökonomen für gut halten: eine Investitionsgesellschaft. Der Bund könnte einen neuen Fonds gründen, diesen mit Milliarden Euro Kapital ausstatten und ihm so die Kreditaufnahme am Finanzmarkt ermöglichen. Das Geld würde in Zukunftsprojekte gesteckt. Der Charme: Man würde die Schuldenbremse im Grundgesetz einhalten und gleichzeitig umgehen.
Klingt interessant, hat aber mit der gegenwärtigen Koalition keine Chance. Wie sagt CDU-Politiker Rehberg? „Wir haben kein Finanzierungs-, sondern ein Umsetzungsproblem.“ Soll heißen: Geld ist genug da, teilweise wird es aber nicht ausgegeben, weil beispielsweise Planer in den Kommunalverwaltungen fehlen. Möglicherweise ändert sich diese Einstellung der tonangebenden Finanzpolitiker, wenn nach der nächsten Bundestagswahl eine schwarz-grüne Regierung gebildet werden soll.
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