Haushaltsdebatte Familienpolitik: Köhlers extremer Etat
Familienministerin Kristina Köhler hört bei ihrem ersten Auftritt viel Kritik. Insbesondere ihre Gleichsetzung von Rechts- und Linksextremen sorgt für Empörung.
Der Ton war rau bei der Debatte zum Haushalt der neuen Unions-Familienministerin Kristina Köhler. Da verteilte Miriam Gruß von der FDP schneidig Schulnoten für Beiträge ("Linkspartei: setzen, 6!") oder warf der SPD-Rednerin Caren Marks in einem Ton, den man durchaus gehässig nennen kann, vor, sie würde ja ihre Rede nur vom Blatt ablesen. Sie selbst packe nun ihr Manuskript zusammen und rede frei: "Frei geredet, aber nur Unsinn erzählt", konterte Marks, nur um sich ein schulmeisterndes "Jetzt sind Sie einfach mal still!" abzuholen. Aber nicht nur der Ton war ungewöhnlich scharf für ein im Prinzip wenig kontroverses Thema wie dem Familienetat.
Es war vor allem der Haushalt zur Extremismusbekämpfung, der für Erregung sorgte. Köhler hatte ursprünglich angekündigt, dass dieser im Jahr 2010 nicht verändert werde. Nun hat das Ministerium in den Tiefen seines angeblich unausgeschöpften 2009er-Haushalts plötzlich 2 Millionen Euro gefunden, die Köhler dieses Jahr noch schnell in zwei Pilotprojekte gegen Linksextremismus und Islamismus stecken will.
Köhlers Begründung: "Es ist doch selbstverständlich, dass wir gegen alle Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung vorgehen. Es gibt keine guten Extremisten!" Die gefundenen 2 Millionen riefen den Argwohn der Opposition hervor: Man werde das im Haushaltsausschuss genau prüfen, sagte SPD-Haushälter Rolf Schwanitz.
Das Problem: Eigentlich haben die Programme gegen rechts bereits jetzt zu wenig Geld. In seinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, so rechnete der Linke-Abgeordnete Steffen Bockhahn vor, seien die Gelder für das Beratungsnetzwerk gegen rechts gerade um fast drei Viertel gekürzt worden. Hintergrund ist, dass das Beratungsnetz gegen rechts nun auch auf Westdeutschland ausgeweitet werden soll, der Etat dafür aber nicht ausreicht. Im Osten stünden bereits Beratungsstellen vor dem Aus, sagte auch Bianca Klose von der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin (MBR) der taz.
Schwanitz warf der Familienministerin vor, den Rechtsextremismus zu verharmlosen. Er zitierte aus Köhler-Interviews, sie habe bei den Programmen gegen rechts "ein Riesensparpotenzial" ausgemacht. "Man muss dort umschichten", habe sie wörtlich gesagt und in einem Interview zum Verhältnis von Rechts- und Linksextremismus erklärt: "Beide Probleme sind etwa gleich groß und gleich gefährlich."
Es entstehe der Verdacht, dass Köhler damit "ein paar Signale an die rechtskonservativen Teile unserer Gesellschaft" habe senden wollen. "Ich rate Ihnen: Räumen sie das weg! Sie stehen am Anfang Ihrer Amtsführung. Man darf die Amtsführung nicht mit solchen ideologischen Aussagen belasten", sagte Schwanitz. Köhler setzte zu allen Angriffen das im Bundestag beliebte überlegene Lächeln auf, mit dem man dem Gegner dessen Niedlichkeit signalisieren will.
Wie die Pilotprojekte gegen Links und Islamismus aussehen sollen, ließ Köhler übrigens im Dunkeln. Die Grünen-Politikerin Monika Lazar kritisierte deshalb im Gespräch mit der taz, dass Köhler nicht einmal eine Definition von Linksextremismus habe: "Es werden ja schon alternative Jugendliche als vermeintlich radikal eingestuft, die sich gegen Nazis stellen." Auch kriminalisiere der "verwaschene Extremismus-Ansatz" antifaschistisch Aktive, wie es zuletzt bei den Durchsuchungen linker Infoläden in Dresden und Berlin deutlich geworden sei, sagte Lazar.
Der Etat fürs Elterngeld steigt unterdessen in diesem Jahr kräftig, unter anderem weil noch 2010 die Vätermonate ausgeweitet werden sollen, die Rede ist von vier statt bisher zwei Monaten. Auch diese prinzipiell von allen erwünschte Maßnahme ist in ihren Auswirkungen eine Förderung der Reicheren: Der Gehaltsersatz für tendenziell besser verdienende Väter ist eben höher als der für schlechter verdienende Mütter.
Sven Kindler von den Grünen rechnete vor, dass schon beim Wachstumsbeschleunigungsgesetz reiche Familien mit etwa 40 Euro, mittelreiche mit 20 Euro und arme Familien mit 0 Euro pro Monat unterstützt worden seien. "Sie entlasten Besserverdienende und Mövenpick! Und das Geld fehlt dann bei den Kommunen und Hartz-IV-Beziehern", so der Neuabgeordnete in seiner Jungfernrede. Und Diana Golze von der Linken schlug vor, das Ministerium umzubenennen in: "Ministerium für Besserverdienende".
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