Hausgemachte Energie: Der beliebte Strom vom Balkon
Immer mehr Bürger:innen installieren Minifotovoltaikanlagen. Die Bundesnetzagentur hat mehr als 300.000 Steckersolarkraftwerke registriert.
BONN/BERLIN dpa | Der Boom bei Balkonkraftwerken hat auch im dritten Vierteljahr angehalten. Mit Stand 2. Oktober waren im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur gut 300.000 Anlagen in Betrieb registriert. Weitere gut 18.600 steckerfertige Erzeugungsanlagen – so der offizielle Name – waren der Datenbank zufolge in Planung.
Die tatsächliche Zahl der Anlagen dürfte noch höher sein. So gibt es nicht gezählte Anlagen, deren Status unklar ist und Anlagen, die nicht oder noch nicht angemeldet sind. Den genauen Zuwachs im dritten Quartal zu beziffern, ist daher schwierig. Das Marktstammdatenregister weist aktuell knapp 80.000 Anlagen mit einem Inbetriebnahmedatum nach dem 30. Juni aus, das kann als Mindestwert für den Zubau betrachtet werden.
Auch der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) weist darauf hin, dass Marktteilnehmer nach der Inbetriebnahme vier Wochen Zeit haben, um sich fristgerecht im Markstammdatenregister zu melden. Der BSW wertet die Anlagenzahlen daher erst etwas später aus.
Die Daten bis Ende August hält der Verband aber für „relativ belastbar“ und sieht von Januar bis August einen Zuwachs von gut 206.000 Geräten. „Klimaschutz und Energiewende sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen“, sagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. „Der Solarboom auf deutschen Balkonen ist ein unübersehbares Zeichen dafür.“
Auch für die Zukunft ist er zuversichtlich. Rechtliche Vereinfachungen, technische Klarstellungen und Standardisierung dürften den Markt „weiter wachsen lassen“, sagt Körnig. Dazu sollen auch geplante Gesetzesänderungen beitragen, die es leichter machen, solche Anlagen zu installieren. Auch der BSW hofft in diesem Nutzerkreis auf eine starke Zunahme.
Die kleinen und vergleichsweise billigen Balkonkraftwerke – der BSW bevorzugt den Begriff Steckersolargerät – haben auch wegen der stark gestiegenen Strompreise an Popularität gewonnen. In der Regel bestehen sie aus ein bis zwei Solarmodulen und einem Wechselrichter. Dieser wandelt den Solarstrom in Haushaltsstrom um, der direkt in die Steckdose eingespeist werden kann. Mit dem Strom können Haushaltsgeräte betrieben werden. Im Gegenzug wird weniger Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen.
Leser*innenkommentare
Axel Berger
Mit "Klimaschutz und Energiewende" hat es nichts zu tun oder doch fast nichts. Der Strompreis für Endkunden setzt sich (Stand 2021) aus vier fast gleichgroßen Teilen zusammen. Erzeugung/Beschaffung, Netz, Steuern, und Umlagen. Wer seinen eigenen Strom verbraucht, spart dabei für sich den Gesamtpreis. Nur das eine Viertel Erzeugung wird aber -- wenn überhaupt (Bereitschaft) -- tatsächlich eingespart. Die drei anderen Anteile nutzt der Solarverbraucher unvermindert weiter, wenn nicht sogar mehr (Netzstabilisierung). Er bezahlt sie nur nicht und schmarotzt damit zulasten der Allgemeinheit. Nur deshalb rechnet es sich für ihn -- noch.
So funktioniert es natürlich nur solange, wie die Solarerzeuger in der Minderheit sind. Wenn immer mehr Zahler ausfallen und die Kosten bleiben, müssen für alle die Preise erhöht werden. Am Ende zahlen alle mehr und gerade die wirtschaftlich Schwachen, denen die finanziellen und sonstigen Möglichkeiten für Eigenerzeugung fehlen, wie so oft am meisten. Aber das hat Parteien mit "sozial" im Namen noch nie gestört.
Herma Huhn
@Axel Berger Inwiefern "nutzt" ein Stromverbraucher die Anteile "Steuern" und "Umlagen"
Das der Netzausbau irgendwie gezahlt werden muss, sehe ich ein.
Doch gerade die kleinen Anlagen lassen sich recht günstig auch unabhängig vom Netz betreiben und machen einen damit von der Stabilität des Netzes unabhängiger. Von Mehrkosten kann da schon mal keine Rede sein.
Zudem sind die Anlage nur bis zu einer sehr geringen Größe subventioniert. Dass Zahler insgesamt ausfallen kann man daher erst recht nicht fürchten.
Dass der Netzumbau auf viele kleine Erzeuger mit unregelmäßigen Leistungen umgestellt werden muss, ist dagegen auch ohne Balkonpaneele sicher. Die Zeit der großen Meiler ist schlicht vorbei. Daran ändert auch Ihr Wettern gegen Kleinsterzeuger nichts.
Axel Berger
@Herma Huhn > Inwiefern "nutzt" ein Stromverbraucher die Anteile "Steuern" und "Umlagen"
Früher war es für Linke ein Thema, wenn sich Wohlhabende vor ihrem Anteil an den Aufgaben der Allgemeinheit drücken und legal, halblegal oder illegal Steuern vermeiden. Jetzt auf einmal, wenn es der religiös überhöhten "Guten Sache" dient, ist das für Sie vollkommen in Ordnung. Ihre Meinung sei Ihnen unbenommen, es ist immerhin gut, sie zu kennen.
Bolzkopf
"Marktstammdatenregister" "EVU" "Finanzamt" ... muss ich das sonst noch wo anmelden ?
Jaja, man weiß in D schon ganz gut wie man Leute, die was für das Klima tun wollen, gängelt.
Ach je, und dann habe ich die ganzen Denkmalschutz- Fassadenschutz- und Gestaltungsrichtlinien ganz vergessen.
Perkele
Da wird sich Herr Gabriel aber grämen. Und viele andere Lobbyisten der Kohle/Gas/Öl Nuklearindustrie auch. Solche Entwicklungen hat man in den vergangenen Jahren nach Kräften behindert und hintertrieben und jetzt??