Hausbesetzung in Berlin beendet: 200 Polizisten räumen ein leeres Haus

Mit einem Großaufgebot und Sondereinheiten stürmt die Polizei eine von linken Aktivisten besetzte Fabrik. Doch es ist niemand zuhause.

SEK-Beamte sitzen auf dem heck des Leiterwagens

Krieg? Nein, ganz normaler SEK-Einsatz gegen linke Aktivisten am Dienstagmorgen in Friedrichshain Foto: dpa

BERLIN taz | Mehr als 200 Polizisten sind am Dienstagmorgen in Berlin-Friedrichshain angerückt, um die von linken Aktivisten besetzte Alte Teppichfabrik zu räumen. Mit dabei war auch eine Einheit des SEK (Spezialeinsatzkommando). Nach etwa einer halben Stunde war der Einsatz bereits wieder beendet. „Wir haben festgestellt, dass keiner Zuhause ist“, sagte Polizei-Pressesprecher Thomas Neuendorf vor Ort der taz.

Der Einsatz verlief „störungsfrei“, so Neuendorf, wenn auch nicht ohne Widerstände. So seien die Türen zu dem Backsteingebäude mit Eisenhaken gesichert gewesen; im Treppenhaus hätte erst eine „Holzkonstruktion“ beiseite geräumt werden müssen. Während der Gerichtsvollzieher unten klopfte, betrat das Spezialeinsatzkommando über einen Leiterwagen den ersten Stock des Gebäudes. Dort empfing sie ein Transparent mit der Aufschrift „Schweine des Kapitals“.

„Es sollte verhindert werden, dass Personen aufs Dach gelangen“, sagte Neuendorf zu dem Einsatz der Spezialkräfte. Eine Besonderheit sei das Hinzuziehen des SEK nicht: Diese seien bei Räumungsaktionen „regelmäßig mit vor Ort“, so der Polizeisprecher. Bei der Räumung des Neuköllner Kiezladens Friedel 54 Ende Juni, an der insgesamt 772 Beamte beteiligt waren, gehörten SEK-Beamte indes nicht dazu, wie aus einer kleinen Anfrage des Linken-Abgebordneten Hakan Taş hervorgeht.

Gegen die sechs namentlich bekannten Besetzer, die schon seit zwei bis drei Monaten in dem Gebäude wohnten, war Anfang vergangener Woche ein Räumungstitel am Landgericht erwirkt worden. Auch wenn der Tag der Räumung nicht angekündigt wurde, mussten sie seitdem jederzeit mit dem Einsatz rechnen. Sie wurden ebenso wenig angetroffen wie etwaige Unterstützer, die im Falle einer Räumung einen „Tag X“ ausgerufen hatten.

Keine Festnahmen

Das Kollektiv der Friedel54, das die Besetzung zuletzt öffentlich mit Sympathie begleitet hatte, kommentierte die Räumung umgehend: „Wir freuen uns, das es keine Festnahmen gab. Und wir freuen uns über den kleinen Lichtblick, den uns die Platte in den tristen und brutalen Alltag der Stadtverwertung Berlins gesendet hat.“ Gegen die Besetzer wird weiterhin ermittelt: Gegen sie laufen Verfahren wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung.

Transparent an der einstigen Fabrik Foto: dpa

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) rechtfertigte den Einsatz: „Die Polizei hatte damit die Aufgabe geltendes Recht durchzusetzen.“ Weiterhin sagte er: „Solche Einsätze sind nie einfach und verlangen viel Fingerspitzengefühl und Augenmaß. Beides hat die Polizei heute aus meiner Sicht gezeigt.“

Noch am Montag hatten die Besetzer beim Landgericht Widerspruch gegen den Räumungstitel eingelegt. Sie stellten einen Antrag auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung, der jedoch abgelehnt wurde. Ein Verhandlungstermin ist jedoch für den 28. August angesetzt.

Die Besetzung der seit Jahren leerstehenden Fabrik wurde erst Mitte Juli durch die Polizei festgestellt. Danach hatte der neue Eigentümer – eine Unternehmensfamilie, der auch das Modelabel S. Oliver gehört – das Gebäude durch einen privaten Sicherheitsdienst bewachen lassen. Die „Projektgesellschaft“ plant die Nutzung des Geländes mit Gewerbeflächen und 35 Wohnungen.

Nach einer tätlichen Auseinandersetzung zwischen Besetzern und den Security-Mitarbeitern war zuletzt auch eine Polizeihundertschaft rund um die Uhr präsent, um den Zustrom weiterer Besetzer zu verhindern. Die sechs Personen, die ihre „verfestigte Wohnsituation“ nachweisen konnten, durften das Haus weiterhin betreten. Verlassen konnten sie es anscheinend, ohne dass die Polizisten davon Notiz nahmen.

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