Hartes Urteil in der Elfenbeinküste: Vor den Wahlen kaltgestellt
Guillaume Soro, ehemaliger Rebellenführer, will Alassane Ouattara als Präsident beerben. Doch ein Urteil zieht ihn aus dem Verkehr.
Da Soro im französischen Exil weilt, steht eine Vollstreckung der Strafen nicht an – wohl aber vereitelt das Urteil seine Präsidentschaftskandidatur. Dieses Jahr wird in der Elfenbeinküste ein neuer Präsident gewählt.
Guillaume Soro, einst ein radikaler Studentenführer, war der politische Chef der Rebellen gewesen, die die Nordhälfte der Elfenbeinküste zwischen 2002 und 2011 kontrollierten und gegen den damaligen Präsidenten Laurent Gbagbo kämpften. Im Rahmen eines Friedensprozesses war er 2007 Premierminister geworden. Aber als Gbagbo 2011 trotz Wahlniederlage Präsident bleiben wollte, vereitelten Soros Rebellen das mit Hilfe Frankreichs.
Der wahre Wahlsieger Alassane Ouattara kam ins Amt und regiert bis heute, Laurent Gbagbo wurde verhaftet und kam vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Soro wurde zunächst Parlamentspräsident, ging später aber ins französische Exil.
Eine Villa in Abidjan
Dieses Jahr endet Ouattaras zweite und letzte legale Amtszeit. Der 47jährige Soro möchte als prominentester Vertreter einer neuen Generation den 78jährigen Ouattara beerben und hat dafür eine eigene Partei aufgebaut. Ouattaras Parteigänger wollen an der Macht bleiben und tun alles, um Soro aufzuhalten. Auch Gbagbo, mittlerweile in Den Haag freigesprochen aber noch nicht endgültig, möchte gern wieder mitmischen.
Vergangenes Jahr wurde in der Heimat gegen Guillaume Soro Haftbefehl erlassen – er soll 2007, als er Premierminister wurde, mit Staatsgeldern eine Villa im Abidjaner Stadtviertel Marcory gekauft haben. Soro bestreitet den Kauf nicht, aber sagt, die Staatsgelder seien ihm damals von Gbagbo im Rahmen des Friedensprozesses ausdrücklich zur Verfügung gestellt worden, damit er nach Abidjan ziehen konnte.
Jetzt wurde er trotzdem wegen dieses Villenkaufs verurteilt. Für seine Anwälte ist das ein politisches Verfahren. Soro nannte Ouattara umgehend einen „Diktator“ und rief aus Frankreich seine Anhänger in der Heimat auf, weiter friedlich für die Wahlen zu mobilisieren, bei denen ihm der Sieg sicher sei.
Auch Soros Anwälte schäumen. Erst am 22. April hatte der Menschenrechtsgerichtshof der Afrikanischen Union (AU) in einer einstweiligen Verfügung die Aufhebung des ivorischen Haftbefehls gegen Soro angeordnet – mit der Begründung, so nahe vor den Wahlen sei der unverhältnismäßig. Das Urteil jetzt hebt den alten Haftbefehl tatsächlich auf, ersetzt ihn jetzt aber umgehend mit einem neuen. Das dürfte den AU-Richtern nicht gefallen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Israelische Drohnen in Gaza
Testlabor des Grauens
Proteste bei Nan Goldin
Logiken des Boykotts
Bundeskongress der Jusos
Was Scholz von Esken lernen kann
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Schwedens Energiepolitik
Blind für die Gefahren