: Hapag Lloyd will frisches Geld
SEEHANDEL Nach der Fusion mit der arabischer Reederei UASC erhöht die Hauptversammlung der Hapag Lloyd das Kapital und vergrößert den Aufsichtsrat
von Hermannus Pfeiffer undGernot Knödler
Die Hamburger Reederei Hapag Lloyd versucht mit mehr Schiffen und mehr Kapital der Schifffahrtskrise zu entrinnen. Die Hauptversammlung des börsennotierten Unternehmens billigte eine Kapitalerhöhung um 400 Millionen Euro und die Erweiterung des Aufsichtsrates um zwei Köpfe. Falls das Unternehmen nicht alle neuen Aktien an der Börse loswerden sollte, haben sich einige große Anteilseigner bereit erklärt, einzuspringen – nicht jedoch Hamburg.
Die Stadt hatte sich nach der Finanz- und Weltwirtschaftskrise 2008 mit insgesamt rund 1,2 Milliarden Euro in die Containerreederei eingekauft, um die Übernahme durch einen ostasiatischen Konkurrenten zu verhindern. Das sollte den Firmensitz sowie die damit verbundenen Steuereinnahmen und Arbeitsplätze sichern.
Bereits durch eine Fusion mit der chilenischen Reederei Compañia Sudamericana de Vapores (CSAV) 2014 verringerte sich der Anteil der Stadt. Nach dem vor knapp einer Woche vollzogenen Zusammenschluss mit der United Arab Shipping Company (UASC) liegt er jetzt bei knapp 15 Prozent. Die Hamburger erhalten durch diesen Zusammenschluss erstmals Zugriff auf ganz große Containerschiffe. Mit 230 Frachtern bedient die neue Firma nun 118 Hapag-Lloyd-Dienste und 45 Dienste von UASC.
Hapag-Boss Rolf Habben Jansen hat das Unternehmen außerdem in ein Bündnis geführt. Seit April arbeitet Hapag Lloyd mit mehreren anderen großen Reedereien in „The Alliance“ zusammen. Diese Allianz fährt mit rund 250 Schiffen in 32 Diensten über 75 große Häfen weltweit an. Ihre Frachter verkehren nach einem gemeinsamen Fahrplan und zu einheitlichen Tarifen.
„Mit dem Vollzug der Fusion ist ein weiterer wichtiger Schritt gelungen, Hapag-Lloyd im internationalen Wettbewerb noch stärker aufzustellen“, kommentierte Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD) hoffnungsvoll: Die weltweite Nummer fünf sollte sich durch die Fusion dauerhaft einen Platz an der Spitze der Containerreedereien sichern.
Für die Stadt ist die Beteiligung an der Reederei nach wie vor ein Zuschussgeschäft. Die bisher angefallenen Kosten für die Anteilskäufe auf Pump liegen bei rund 200 Millionen Euro. Eine Dividende oder ein möglicher Veräußerungsgewinn, mit dem sich das ausgleichen ließe, ist nicht in Sicht. Optimisten im Finanzsenat schätzen den aktuellen Börsenwert der städtischen Beteiligung auf gut 650 Millionen Euro – nur mehr gut die Hälfte des einmal bezahlten Betrages. Immerhin: Bei Beiersdorf und Aurubis ging die Staatsintervention mit einem lukrativen Verkauf der Anteile finanziell gut aus.
Ob das im Falle von Hapag Lloyd auch so sein wird, ist ungewiss, denn wirklich Verlass scheint nur auf die weltweite Schifffahrtskrise zu sein, die seit dem Ausbruch der Finanzkrise 2007 grassiert. Erst in den Neunzigerjahren waren Globalisierung und Welthandel so richtig ins Rollen geraten; Werften, Häfen und Reeder erlebten einen historischen Boom. „Das Wachstum des Welthandels mal zwei ergab den Flottenbedarf“, erinnert sich Reinhard Lüken, Hauptgeschäftsführer des Verbandes für Schiffbau und Meerestechnik (VSM). Doch die Faustformel hat sich erledigt.
Mittlerweile wächst der Welthandel kaum noch und die weltweite Schiffstonnage ist deutlich größer als der Bedarf. Die Folge: Frachtraten und Chartergebühren sanken, mit ihnen viele kleinere Reedereien. Größere wie die Rickmers Holding versuchen, sich durch einen Schuldenschnitt zu retten. Und mit der südkoreanischen Hanjin meldete sogar ein Gigant Insolvenz an. Hanjins Flotte wurde inzwischen vom Markt „absorbiert“, heißt es in einer Studie der Landesbank Nord LB. Die Überkapazitäten bleiben also auf See.
Immerhin wachsen die Überkapazitäten an Schiffstonnage jetzt nicht mehr weiter. Dennoch bleibt das Branchenumfeld „herausfordernd“, findet ein Sprecher von Hapag-Lloyd. Die ersten drei Monate des laufenden Geschäftsjahres konnte die Reederei mit schwarzen Zahlen abschließen und die Transportmenge stieg im Vergleich zum Vorjahresquartal um 6,8 Prozent auf mehr als 1,9 Millionen Container (TEU).
Zuletzt stiegen auch die Frachtraten leicht an. Branchenprimus Maersk demonstriert Optimismus: Für 2017 rechnet der dänische Großkonzern mit einem Nachfragewachstum zwischen zwei und vier Prozent. Hapag-Chef Jansen geht davon aus, dass seine Reederei irgendwann einmal wieder „nachhaltig profitabel“ sein wird.
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