Hans-Fallada-Romanverfilmung: 100 Jahre Wutbauer
„Bauern, Bomben und Bonzen“ von 1973 ist Filmhit dieser Tage. Der Fünfteiler spielt 1931 und ist angesichts der Bauernproteste erschreckend aktuell.
Die Mini-Serie „Bauern, Bomben und Bonzen“ von 1973 ist gruselig aktuell. Der 5-Teiler ist die NDR-Verfilmung des gleichnamigen Romans von Hans Fallada, der die Erzählung über die Wutbauern 1931 publizierte, wenige Jahre vor der Regierung der Nazis.
Im Zentrum seiner Geschichte steht die Landvolkbewegung, die als ein maßgeblicher Wegbereiter des Wahlsiegs der NSDAP gilt. Falladas Erzählung beginnt mit zwei Finanzbeamten, die eine Demonstration in Neumünster auslösten, an der im August 1929 über 3.000 Bauern teilnahmen.
Die Beamten hatten vergeblich versucht, zwei Ochsen zu verpfänden, die sie einem Bauern wegen Steuerschulden weggenommen hatten. Die sich radikalisierende Bewegung organisierte damals neben Demos auch Steuerboykotte und Sprengstoffschläge und war antisemitisch, antidemokratisch und völkisch geprägt. Die von der SPD geführte damalige Regierung Schleswig-Holsteins hielt sie sogar für gefährlicher als Kommunisten und die NSDAP zusammen.
Verbindungen zwischen Geld und Macht
„Bauern, Bonzen und Bomben“. 5 Folgen auf Youtube
Auf der Demo 1929 wurde die Fahne der Bewegung geschwenkt – ein von einem roten Schwert durchkreuzter Pflug. Diese Fahne sieht man heute auf den Bauerndemos unserer Tage. 1929 hatte die Polizei unter Einsatz von Säbeln die verbotene Fahne an sich genommen. Dabei wurden Demonstranten und Polizisten schwer verletzt, den Rädelsführern wurde der Prozess gemacht.
Fallada selbst arbeitete zu der Zeit als Anzeigenkundenakquisiteur in einer Lokalzeitung Neumünsters. Den Landvolkprozess verfolgte er sogar als Gerichtsreporter. Im Zentrum seiner literarischen Verarbeitung steht ebenfalls eine Lokalzeitung. So wie in jeder guten Serie heute auch, geht es um die Verbindungen zwischen Geld und Macht, zwischen Information und Korruption, zwischen bürgerlicher Fassade und ideologischen Abgründen und um das psychotische Verhältnis von Stadt und Land.
Neben Bauern, Journalisten und Unternehmern erinnert in „Bauern, Bonzen und Bomben“ allerdings auch das Verhalten des SPD-Bürgermeister an Bekannte unsere Zeit. Beratungsresistent sein und abtauchen, wenn es brenzlig wird, darin ist auch Olaf Scholz Großmeister.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Landesparteitag
Grünen-Spitze will „Vermieterführerschein“
Stellungnahme im Bundestag vorgelegt
Rechtsexperten stützen AfD-Verbotsantrag
Rechtspopulistinnen in Europa
Rechts, weiblich, erfolgreich