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Hannovers Streit um Südschnellweg-AusbauVerhärtete Fronten

Der Runde Tisch konnte den Konflikt um Hannovers Stadtautobahn Südschnellweg nicht lösen. Nun wird das Bundesverkehrsministerium involviert.

Die meisten dieser Bäume werden weichen müssen, damit der Südschnellweg breiter werden kann Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hannover taz | Nun tragen sie den Streit also nach Berlin, zum Verkehrsministerium. Eigentlich wollte Niedersachsens Wirtschafts- und Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) dort am Mittwoch die Ergebnisse seines Runden Tisches zum umstrittenen Südschnellweg präsentieren.

Das Problem ist nur: Eigentlich gibt es keine Ergebnisse. Man konnte sich in wesentlichen Punkten nicht einigen, Bürgerinitiativen und Umweltschützer verließen die Runde vorzeitig. Der Frust ist groß, die Situation verfahrener denn je. Und die Baumbesetzer wappnen sich schon einmal für einen heißen Herbst.

Zurück zum Anfang: Um die Sanierung und Verbreiterung des Südschnellweges wird in Hannover seit Jahren mit wachsender Intensität gestritten.

Das ist mehr als ein lokaler Konflikt: Weil es sich erstens um eine Bundesstraße handelt und zweitens um ein Beispiel dafür, wie schwer es ist, die viel beschworene Verkehrswende umzusetzen, wenn Planungsprozesse lang und schwerfällig und auf Betonlogik geeicht sind. Und das, obwohl selbst Lies mittlerweile sagt, so würde man heute nicht mehr planen.

Das Schnellwegnetz um Hannover stammt aus den 1950er-Jahren, als Hannover als „autogerechte Stadt“ Furore machte. Es lotst den Fernverkehr um das Stadtzentrum herum, fungiert aber auch als wichtiger Zubringer für Pendler und Güterverkehr. Seine 35 Brücken sind allerdings arg sanierungsbedürftig und nur noch eingeschränkt befahrbar – eine Folge der langjährigen Vernachlässigung der Infrastruktur, wie sie sich überall im Land zeigt.

Zehn Meter mehr – aber keine einzige Fahrspur

Vor allem am Südschnellweg ist der Handlungsdruck groß, die Brücke in dem nun umstrittenen Naherholungsgebiet Leinemasch müsste sonst im kommenden Jahr komplett gesperrt werden. Hier soll eine Tunnellösung her, eine Behelfsbrücke ist schon im Bau. Dem wollen sich selbst die protestierenden Anwohner nicht in den Weg stellen.

Umstritten bleibt aber, ob die damit verbundene Verbreiterung des Südschnellweges um mehr als 10 Meter wirklich auf voller Länge sein muss. Nach dem gegenwärtigen Stand der Planungen würde die Straße von 14,50 auf 25,60 Meter verbreitert – also solide Autobahnausmaße gewinnen – ohne dass es dadurch auch nur eine einzige weitere Fahrspur geben würde.

Die bestehenden Spuren würden breiter und mit einem Standstreifen versehen. Ursprünglich angedacht waren sogar 31 Meter. Die Landesstraßenbaubehörde argumentiert, dass sie damit schon am unteren Rand des Möglichen bleibt – die Standspur sei aus Sicherheitsgründen nötig. Die Industrie- und Handelskammer, der Unternehmerverband Niedersachsen und der ADAC haben sich dieser Argumentation angeschlossen.

Sie halten einen besseren Verkehrsfluss aus wirtschaftlichen Gründen für dringend notwendig, außerdem sei es an vielen Stellen ja nicht einmal möglich, eine Rettungsgasse zu bilden.

Die Ausbaugegner – ein breites Bündnis aus Umweltverbänden, betroffenen Anwohnern und Klimaschutzaktivisten – argumentieren dagegen, die Behörde habe ihren Ermessensspielraum keineswegs ausgeschöpft.

Man hätte auch mit Nothaltebuchten oder befestigten Randstreifen arbeiten können, anstelle einer kompletten Standspur. Außerdem seien die Verkehrsprognosen, mit denen hier gearbeitet werde, veraltet und müssten im Lichte des Pariser Klimaabkommens neu betrachtet werden.

Die Debatte hat sich festgefahren in Detailbetrachtungen und juristischen Scharmützeln

Die Debatte darum hat sich festgefahren in vielen Detailbetrachtungen und juristischen Scharmützeln – es gab mehrere Klagen. Die Ausbaubefürworter befürchten vor allem, dass der gesamte Zeitplan ins Rutschen gerät, wenn auch nur ein Teil der Planungen gekippt wird – und aufgrund der dann notwendigen Brückensperrungen das totale Verkehrschaos über Hannover hereinbricht.

Die Ausbaugegner glauben hingegen, es sei möglich, Teilabschnitte neu zu planen, ohne alles in Frage zu stellen. Sie haben sich dazu juristische Schützenhilfe von Franziska Heß eingeholt – die Fachanwältin für Verwaltungsrecht war auch an dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht beteiligt, das zum Klima-Urteil führte.

In der „Lies’schen Laberrunde“, wie ein Demo-Teilnehmer den Runden Tisch des niedersächsischen Wirtschafts- und Verkehrsministers nannte, hatte das Bündnis „Leinemasch Bleibt“ allerdings das Gefühl, nicht wirklich Gehör zu finden.

Bündnis „Leinemasch Bleibt“ verlässt Runde frühzeitig

„Es ging da nur noch um akzeptanzbildende Maßnahmen wie verbesserten Lärmschutz und Ausgleichsmaßnahmen“, sagt Felix Funke von „Leinemasch Bleibt“. Das Bündnis hat die Runde frühzeitig verlassen. Nach Berlin fuhren sie allerdings trotzdem: Um ihren Protest auch dort zu Gehör zu bringen, wie sie es seit mehr als zwei Jahren in Hannover mit Protestspaziergängen, Mahnwachen und Fahrraddemos regelmäßig tun.

Für die Aktivisten, die seit dem vergangenen Herbst in den Bäumen von „Tümpeltown“ am Südschnellweg hausen, bestätigt das nur, was sie sowieso von Anfang an wussten: „Es kann mit diesem System keine Kompromisse geben“, sagen die Vermummten mit den Spitznamen „Pfeffer“ und „Lu“ bei der jüngsten Mahnwache in der Innenstadt.

Sie würden sich jetzt dafür einsetzen, das Protestcamp zu stabilisieren und wappnen sich für die Räumung, die ihnen irgendwann bevorsteht. Spätestens im Herbst, wenn die neue Rodungssaison beginnt.

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  • Wut und Trauer mischen sich bei mir, - Abholzung allerorten. Bäume, die nicht einfach so nachwachsen. Schon gar nicht bei Dürre und geänderten klimatischen Voraussetzungen. Unverdrossen geopfert, um Platz zu schaffen, für immer voluminösere Pkw und für den Albtraum vom "gestern bestellt, heute da". Laut Herrn Lies ist es "zu spät für Umplanungen." Zu spät ist es bald für uns alle, wenn wir nicht einsehen, dass es gar keine gute Idee ist, weiterhin halbwegs intakte Böden der Natur zu entziehen und zu versiegelten Flächen zu machen. Böden wachsen nicht nach und werden uns schon bald fehlen. Für den so oft propagierten Artenschutz sind all diese "Weiter so!"-Maßnahmen eine Katastrophe. Mit den maroden Straßen und Brücken im Bestand gäbe es eigentlich über Jahrzehnte genug zu tun.