Hannover 96-Fans erleichtert: Lieblingsverein bleibt oben
Hannover kann mit einem Sieg gegen Freiburg den Abstieg in die 2. Bundesliga abwenden. Fans feiern friedlich mit Döner und Bier.
HANNOVER taz | Sven feiert schon seit drei Stunden die Rettung von Hannover 96. Er lehnt kein Bier ab und ist trotzdem noch bei erstaunlich klarem Verstand. Der Klassenerhalt seines Lieblingsvereins muss bis ins letzte Detail diskutiert werden. So spielen Sven und Tausende Leidensgenossen nach dem 2:1 (1:0)-Heimsieg ihrer Mannschaft gegen den SC Freiburg in Gedanken alles noch einmal alles durch.
Sie versuchen zu begreifen, was sich da eben im Stadion abgespielt hat. Hätten die Freiburger nur ein Tor mehr geschossen, wäre Hannover in die 2. Fußball-Bundesliga abgestiegen – und nicht Freiburg.
Der größte Debattierklub zum Thema Hannover 96 entsteht nach dem Abpfiff gleich neben dem Stadion am Nordufer des Maschsees. Dort mühen sich die Kellner eines eigentlich eher feineren Hotels ab, Fußballfans zu bedienen.
Die mit Biergläsern vollgestellten Tabletts werden durch Handzeichen oder Kopfnicken bestellt. Die Kundschaft trägt Trikot, gibt Trinkgeld und ist froh, dass die Rettungsaktion des Vereins erfolgreich war.
Fast alle Fans in der mit 49.000 Zuschauern ausverkauften HDI Arena hatten sich während des Spiels im Minutentakt von ihren Plätzen erhoben, um ihr Team zu unterstützen. Schon nach drei Minuten ging Hannover durch ein Kopfballtor von Hiroshi Kiyotake in Führung.
In der zweiten Halbzeit folgte ein Eigentor des Freiburgers Pavel Krmas. Der Anschlusstreffer des Freiburgers Nils Petersen in der Nachspielzeit kam zu spät. Es gibt Geschichten, die nicht oft genug erzählt werden können.
Der Anhang von Hannover 96 verteilt sich am Samstagabend nach dem glücklichen Sieg auf die gesamte Innenstadt. Ob beim Bierfest in der Altstadt oder bei der Eurovision-Song-Contest-Übertragung vor dem Opernhaus – überall trifft man erleichterte Fans in ausgewaschenen und meist in die Jahre gekommenen Trikots.
Hier und da steht die Polizei Spalier. Aber es bleibt ruhig und unaufgeregt. Die Mehrheit der feiernden Fans scheint ausgelaugt zu sein nach den Wochen des Zittern und Bangens. Auch der Sieg am letzten Spieltag der Saison war zu knapp und zu wackelig, um ihn in voller Euphorie feiern zu können. Die Erleichterung über den Klassenerhalt ist wohl größer als die Lust auf Krach und Klamauk.
Vier Stunden nach Spielende füllen sich die Bahnsteige am Hauptbahnhof in Hannover. Es riecht nach Schweiß, Döner und Alkohol. Die Fußball-Fahrgäste halten sich erschöpft und glücklich an ihren letzten Bierflaschen fest. „Paula ist die Beste, Paula ist die Beste.
Und ’ne riesengroße Lesbe“, singen die Fans in der S4 Richtung Norden. Mit solch sinnfreien Liedern können fast alle Fahrgäste an diesem Abend gut leben. Der Klassenerhalt von Hannover 96 hat eine ganze Region glücklich und zufrieden gemacht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen