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Wirtschaftsweise in DeutschlandModernisierung statt Museum

Hannes Koch
Kommentar von Hannes Koch

Die Wirtschaftsweisen haben die Zeichen der Zeit erkannt – und nennen Klimaneutralität als treibende Kraft der kommenden Jahrzehnte.

Die Wirtschaftsweisen bei der Vorstellung ihres Frühjahrsgutachtens 2025 am Mittwoch in Berlin Foto: Frederic Kern/Future Image/imago

M odernisierungsquoten für die öffentlichen Ausgaben fordern die Wirtschaftsweisen, auch wenn sie sie nicht so nennen. Bund und Länder sollten bestimmte Anteile ihrer Einnahmen verpflichtend für zentrale Aufgaben zur Verfügung stellen. Dazu gehören Schulen und Universitäten, funktionierende Verkehrswege, Investitionen in neue Technologien und leider – aber so ist die Lage, auch das Militär.

Das neue Gutachten des Sachverständigenrats für Wirtschaft, der die Bundesregierung berät, enthält eine Anzahl von Warnungen, die in der Politik noch nicht richtig angekommen sind. Vor allem: Die 100 bis 150 Jahre alten industriellen Kerne Deutschlands müssen sich schnell umstellen, wenn auf ihnen auch zukünftig die Produktion von Wohlstand beruhen soll. Denn es werden wohl bald weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen, das Institut der Deutschen Wirtschaft spricht von bundesweit mehr als 530.000 qualifizierten Arbeitskräften, die fehlen. Und in Zeiten autokratischer Großmächte funktioniert das deutsche Exportmodell nicht mehr so wie früher. Darüber hinaus fehlt es der hiesigen Wirtschaft an neuen, konkurrenzfähigen Produkten.

Das müssen gesellschaftliche Linke und Progressive ebenso verstehen wie Liberale, Konservative und Rechte. Erstere haben eher Probleme mit schnellem wirtschaftlichem Fortschritt und technologischen Sprüngen, Letztere stehen lenkenden Eingriffen des Staates wie etwa in der Klimapolitik kritisch gegenüber. Beides aber ist dringend nötig.

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Die Wirtschaftsweisen benennen die Transformation zur Klimaneutralität als eine der treibenden Kräfte der kommenden Jahrzehnte. Das ist auch ein Tipp in Richtung der neuen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU). Fossile Energien haben im Wesentlichen keine Zukunft, Gaskraftwerke und Gasheizungen ebenso wenig, von einigen Ausnahmen mal abgesehen. Das beschlossene Datum der Klimaneutralität 2045 erfordert, dass nicht irgendwann, sondern jetzt schnell gehandelt wird. Sonst sichert die Politik keine Modernisierungs-, sondern ausschließlich Museumsquoten.

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Hannes Koch
Freier Autor
Geboren 1961, ist selbstständiger Wirtschaftskorrespondent in Berlin. Er schreibt über nationale und internationale Wirtschafts- und Finanzpolitik. 2020 veröffentlichte er zusammen mit KollegInnen das illustrierte Lexikon „101 x Wirtschaft. Alles was wichtig ist“. 2007 erschien sein Buch „Soziale Kapitalisten“, das sich mit der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen beschäftigt. Bis 2007 arbeitete Hannes Koch unter anderem als Parlamentskorrespondent bei der taz.
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