Handel mit rechtsextremen Büchern: Karlsruhe durchsucht Naziverlag

Die Bundesanwaltschaft geht gegen einen rechten Verlag vor und nimmt einen Betreiber fest. Er soll verbotene NS-Werke verkauft haben.

Luftbild (aus einem Flugzeug aufgenommen) der Bundesanwaltschaft

Sitz der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe Foto: Uli Deck/dpa/picture alliance

BERLIN taz | Es sind Pamphlete von NS-Ideologe Alfred Rosenberg, „Handblätter“ der SS oder ein Aufsatz des Holocaustleugners Horst Mahler, die der rechtsextreme Versand „Der Schelm“ derzeit feilbietet. Am Mittwoch ging die Bundesanwaltschaft gegen die Betreiber vor und ließ den Sachsen Matthias B. in Röderaue festnehmen.

Matthias B., der zumindest früher bei der NPD aktiv war, habe bei dem Verlag eine „herausgehobene Funktion“ innegehabt, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Der Enddreißiger habe über das Internet eingegangene Bestellungen bearbeitet und andere Gruppenmitglieder zum Versand der Bücher angewiesen.

Neben Matthias B. wurden drei weitere Beschuldigte in Sachsen und Brandenburg durchsucht. Nach taz-Informationen war einer von ihnen der Leipziger Enrico B., ebenfalls ein früherer NPD-Mann. Am Donnerstag bestätigte die Bundesanwaltschaft die Personalie – und verkündete, dass auch der 38-Jährige nun festgenommen wurde. Er soll für die Lagerung und den Versand der Bücher verantwortlich gewesen sein und auch Lagerräume angemietet haben. Nach taz-Informationen hatte sich die Festnahme von Enrico B. verzögert, weil die Polizei ihn zunächst nicht an seiner Meldeadresse angetroffen hatte.

Die Bundesanwaltschaft hängt den Fall hoch: Sie wirft dem Quartett die Bildung einer rechtsextremistischen kriminellen Vereinigung vor. Spätestens ab August 2018 sollen die Beschuldigten über den „Schelm“-Verlag antisemitische und nationalsozialistische Bücher vertrieben haben, etliche davon Nachdrucke indizierter Werke. Damit hätten die Beschuldigten fortgesetzte Volksverhetzungsdelikte begangen. Die Bundesanwaltschaft spricht von „mehreren tausend im Ausland gedruckten Büchern mit strafrechtlich relevanten Inhalten“.

Verbindung zum Prozess gegen Lina E.

Als Verantwortlicher für den Verlag wurde lange Zeit der Dresdner Rechtsextreme Adrian P. angenommen, der sich nach Osteuropa abgesetzt haben soll. Als Sitz gab der Verlag zuletzt eine Adresse in Thailand an – was ihm nun auch nicht mehr half.

Bereits im Dezember 2020 hatte das LKA Sachsen in Leipzig und Umgebung mehrere Beschuldigte des Verlags durchsucht. In einer Lagerhalle wurden damals rund 80 Paletten mit tausenden zumeist indizierten Büchern entdeckt, darunter Nachdrucke von Hitlers „Mein Kampf“. Die Bundesanwaltschaft hatte das Verfahren nach eigener Auskunft dann am 14. Mai 2021 übernommen.

Die Festnahme von Enrico B. dürfte auch noch in einem laufenden Strafprozess ein Thema werden: in dem gegen die Leipzigerin Lina E. und drei Mitangeklagte. Der Linken wird vorgeworfen, sich an einem Angriff auf Enrico B. im Oktober 2018 beteiligt zu haben. Vor Gericht konnte Enrico B. allerdings keinen der vermummten Angreifer identifizieren. Auch erklärte er, er habe diese allesamt „als männlich wahrgenommen“.

Aktualisiert am 02.06.2022 um 15:45 Uhr. Ergänzt wurden neue Informationen insbesondere zur Festnahme von Enrico B. d. R.

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