Handballvereine in der Pandemie: Auf dem Weg in die Endemie

Nach dem Ende der EM und der Wiederaufnahme des Bundesliga-Spielbetriebs versuchen die Handballproficlubs, mit den Corona-Ausfällen klarzukommen.

Burgdorfs Trainer Christian Prokop applaudiert vom Spielfeldrand

Hannovers Trainer Christian Prokop muss mit Ausfällen wegen Corona zurechtkommen Foto: Swen Pförtner/dpa

HANNOVER taz | Es geht dann ja doch schnell um die gewohnten Themen – haben Torwart und Abwehr harmoniert? Passte das Tempospiel? Der Profi-Handball in Deutschland steckt in einem solch engen Korsett, dass wegen all der Atemlosigkeit kaum Zeit bleibt für grundsätzliche Fragen. Also resümierten die Verantwortlichen der SG Flensburg-Handewitt und der TSV Hannover-Burgdorf nach dem 30:20-Sieg der Flensburger am Samstagabend auch gewohnt routiniert. Obwohl Corona sonst kaum Routine zulässt.

Trainer Christian Prokop hätte sich von seinen Hannoveranern eine ähnlich beherzte zweite Halbzeit gewünscht, wie ihnen die erste gelungen war. Sein Flensburger Pendant Maik Machulla erinnerte an harte Stunden nach dem enttäuschenden Remis am Donnerstagabend in Wetzlar und verwies darauf, dass seine Mannschaft am Freitag wegen der hohen Belastung nicht trainiert habe. Willkommen zurück im Alltag!

Dabei hatte sich der Blick der Nordklubs den Januar über auf die Slowakei und Ungarn gerichtet. Bei der dortigen Europameisterschaft waren so viele Akteure aus Flensburg, Kiel, Hamburg und Hannover im Einsatz, dass die Truppe der Versprengten daheim kaum für ein Training reichte.

„Wir hatten eine komplizierte Vorbereitung“, sagte Burgdorfs Trainer Prokop gequält lächelnd. Im verbleibenden Kader und dem Funktionsteam gab es acht positive Tests auf das Coronavirus: Nicht nur das Trainingscamp im Harz fiel aus, sondern auch Testspiele wurden abgesagt.

Sonderregel bei Corona-Ausfällen

Kurios: Die sechs Profis der „Recken“, die an der EM teilnahmen, blieben dort von einer Infektion verschont. Allerdings wurden dann am vergangenen Montag so viele Spieler positiv auf das Virus getestet, dass die Partie am Donnerstag beim HSV Hamburg verschoben wurde.

Burgdorf machte von einer Sonderregelung Gebrauch, auf die sich die Bundesligavereine nach der EM verständigt hatten: Demnach durften Vereine, die mehr als sechs positive Fälle hatten, ihre erste Partie nach der „Euro“ verschieben.

Längst gilt das Narrativ des „New Normal“ nämlich auch im Handball. Nicht nur im Alltag wird die Akzeptanz des Virus trainiert. Auch in den Hallen, den Arenen, auf den Geschäftsstellen. Wer fehlt? Wie ist der Krankheitsverlauf? Wann kommt er zurück? Welche Untersuchungen sind nötig? Der Pragmatismus von Spielern und Vereinen ist zu Beginn des dritten Pandemie-Jahres beeindruckend. „Wir sind inzwischen darin geschult, mit Corona umzugehen“, sagt der Flensburger Geschäftsführer Dierk Schmäschke.

Der THW Kiel litt in den ersten beiden Bundesligaspielen 2022 erheblich unter den EM-Nachwirkungen, musste auf wichtige Spieler wie Niklas Landin und Harald Reinkind verzichten – klagte aber nicht, sondern fand im breiten Kader Alternativen.

Längst gilt das Narrativ des „New Normal“ auch im Handball

Schmäschkes Kieler Kollege Viktor Szilagyi verwies darauf, dass der Weg von der Pandemie in die Endemie für den Handball damit verbunden sei, auf infizierte Spieler zu verzichten, sie nach einem milden oder asymptomatischen Verlauf aber schnell zurückzubekommen – wenn der Kardiologe dem zugestimmt habe. Dass trotzdem Spiele ausfallen wie nun gleich zweimal in Lemgo geschehen, wird als Schattenseite hingenommen.

So richtet sich der Blick der Handball-Pragmatiker nun schon wieder aufs nächste Thema. Nach und nach sollen die Hallen besser ausgelastet werden. Nur mit üppig besetzten Rängen können die Klubs überleben. Zuletzt blieben viele Sitze leer: Werden die Fans zurückkommen? Oder ist es doch ganz bequem auf dem Sofa vor dem Fernseher, ohne nach der Arbeit in die Arena zu hetzen?

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