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Hamburgs Oligarchen-OperEin Projekt für die Wenigen

Kommentar von Benno Schirrmeister

Hamburg bekommt eine neue Oper vom Milliardär Kühne. Das verstärkt die Spaltung im Kulturbetrieb: Opern-Publikum wird seit Jahren kleiner und elitärer.

Auch elitär, aber mitten in der Innenstadt: Seit 1955 steht das aktuelle Gebäude der Hamburgischen Staatsoper an der Dammtorstraße Foto: Markus Scholz/dpa

A lso bekommt Hamburg jetzt eine neue Oper vom Milliardär Klaus-Michael Kühne. Warum? Weil Klaus-Michael Kühne das so will. Immerhin, der Senat hat sich offenbar in den Geheimverhandlungen nicht über den Tisch ziehen lassen. Das finanzielle Risiko scheint gut minimiert. Aber ist das Projekt deshalb auch ein Gewinn für die Stadt Hamburg?

Richtig, ein paar Tou­ris­t*in­nen zusätzlich könnte so ein Hochkulturtempel natürlich anlocken. Insgesamt jedoch entfernt das Projekt die Staatsoper eben nicht nur geografisch von der Stadt: Es illustriert und verstärkt die spalterische Wirkung des subventionierten Theaterbetriebs, die doch eigentlich zu bekämpfen wäre, politisch, aber auch künstlerisch.

Denn seit Jahrzehnten hält der Trend an, das hat der Bremer Theaterwissenschaftler Rainer Glaap durch die erste systematische Auswertung der Bühnenstatistiken gezeigt, dass jedes Opernticket immer höher staatlich bezuschusst wird, während das Publikum im Verlauf der Jahre immer kleiner, vermögender, elitärer wird.

Berlins Regierender Bürgermeister lag also nicht ganz falsch mit seinem Hinweis darauf, dass Su­per­markt­kas­sie­re­r*in­nen seltener als Spitzenverdiener*in­nen in die Oper gehen. So betrieben bedeutet Kulturförderung eine Umverteilung von unten nach oben. Um das zu bekämpfen, müsste sie anderes fördern als Oper – oder, besser, ihr abverlangen, ihre inklusiven Potenziale zu aktivieren.

Kulturförderung kann auch spalterisch wirken – als Umverteilung von unten nach oben

Was nun in Hamburg projektiert wird, weist in die Gegenrichtung: Die Idee der Oligarchen-Oper feiert die Macht des Finanzstärkeren. Eine solche per se unnahbare Hülle ist wirksam auch als programmatische Setzung: Sie wird ein Haus für die Wenigen. Dafür scheint auch der designierte Intendant Tobias Kratzer der Richtige. Er hat schon wissen lassen, dass er unbedingt in die Champions League aufsteigen will. Ganz wie der HSV.

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Reporter und Redakteur
Jahrgang 1972. Seit 2002 bei taz.nord in Bremen als Fachkraft für Agrar, Oper und Abseitiges tätig. Alexander-Rhomberg-Preis 2002.
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4 Kommentare

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  • Eigentlich braucht Hamburg die Oper nicht. Und der Stifter ist ein Hamburger Patriot, der aber in der Schweiz lebt und dort auch seine Steuern bezahlt. Das Unternehmen Kühne ist stark belastet aus der NS -Diktatur.



    Die Nutzer der Oper sind reich und rar, aber das kulturelle Programm ist dennoch stark bezuschusst. Das ergibt für mich keine positive Wirkung dieser Schenkung - leider. Und der Umzug der Oper ergibt für mich gar keinen Sinn. Dort, wo sie ist, da liegt sie gut und sehr zugänglich.

  • Die Ticketpreise der Hamburger Oper befinden sich zwischen 4 Euro und 258 Euro.



    Ein Ticket für ein Swift Konzert liegt bei 350 Euro.



    Was ist hier also elitär?

    • @datensenke:

      Das Programm richtete sich explizit nur an Menschen, die diese spezielle Kunstform haben wollen, alles andere kommt dort nicht vor. John Neumeier war da schon das Maximum an Offenheit, aber es ist ein schmales Programm für eine kleine Gruppe von Kunstfreunden. Das soll das - glaube ich - hier bedeuten. Und richtig, die Preise sind nicht immer hoch.

  • Dass der Opernbesuch in Hamburg in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist mag auch an den Inszenierungen liegen, ebenso an dem Repertoirebetrieb, weil noch viele uralt Inszenierungen im Programm sind, die schon jeder Opernfan in Hamburg gesehen hat. Oper kann es nur mit Subventionen geben und meinem Empfinden nach sollte dieselbe auch weiter gefördert werden. Aber wenn gewünscht wird, das auch der Supermarktkassierer von Nebenan ab und mal die Möglichkeit nutzt in die Oper zu gehen, dann sollte auch bei den Inszenierungen grundsätzlich auf Nachvollziehbarkeit und Verständlichkeit geachtet werden. Viele Regisseure wollen heutzutage das "Rad neu erfinden" und verlieren dabei den Faden zum Original, gelegentlich zu heftig, dass jemand, der selten in die Oper geht auch anhand eines Opernführers die Handlung nur noch sehr schwer nachvollziehen kann. Das Operninszenierungen auch auf die Aktualität dieser Werke hinwiesen, auch an sich in einem modernen Outfit gezeigt werden können oder sogar sollen ist schon in Ordnung. Daher ist es auch gerade in Hamburg die Frage ob so viele Uralt-Inszenierungen notwendig sind. Die Opernwelt hat sich auch in den vergangenen Jahrzehnten verändert.