Hamburger SPDler will mit Rechten reden: Verpeilte Verabredung mit der AfD
Der SPD-Bundestagskandidat Falko Droßmann hatte abgestritten, an einer Veranstaltung der AfD teilnehmen zu wollen. E-Mails zeigen etwas anderes.
![Ein Mann mit pinker Krawattem im Hintergrund zwei Frauen mit goldenen Masken im Gesicht Ein Mann mit pinker Krawattem im Hintergrund zwei Frauen mit goldenen Masken im Gesicht](https://taz.de/picture/4956206/14/222156048-1.jpeg)
Der Satz der E-Mail unter Betreff: „(EXTERN)-Bürgerstunde“ lädt allerdings wenig zum Spekulieren ein: „können wir gerne machen“ schrieb Droßmann am 3. Juni an Mennerich. In der vergangenen Woche, am 24. Juni, hatte die taz bei Droßmann wegen der Veranstaltung zum Thema Gewalt und Demokratie nachgefragt. Die Antwort aus dem Büro des Bezirksamtsleiter auf die Frage, ob eine solche Veranstaltung geplant sei, war sehr eindeutig – und offensichtlich falsch. „Nein, eine solche Veranstaltung findet nicht statt. Eine entsprechende Anfrage eines Mitgliedes der AfD-Fraktion wurde abgelehnt“, erklärte Peter Martin Zybarth.
Der Büroleiter des Bezirksamtsleiters spielte beim Telefonat zudem auf die grundlegende Ablehnung des offen homosexuell lebenden SPD-Politikers gegen die AfD an. Die Message: Mit der AfD gäbe es jenseits des Bezirksparlaments, in dem Mennerich für die AfD sitzt, keinen Umgang.
Die E-Mail, die der taz vorliegt, erklärt nun auch, warum die AfD auf Nachfragen zu dem Termin und der Aussagen aus dem Büro des Bezirksamtsleiters so überrascht war. Dass der angekündigte Mitdiskutant gar nicht zugesagt haben wollte, konnte Daniel Menkens, stellvertretender Pressesprecher der AfD-Bürgerschaftsfraktion, nicht gleich einordnen. Denn, so Menkens zur taz, Mennerich, der als Mitarbeiter bei der Fraktion tätig ist, hätte das „anders kommuniziert“.
Bedenken hat Droßmann wohl nicht, nur Urlaub
In einer E-Mail hätte Droßmann grundsätzlich zugesagt. In der E-Mail vom 3. Juni schreibt Droßmann auch, dass er solche Veranstaltungen „schließlich (…) mit mehreren Fraktionen und Abgeordneten verschiedener Parlamente und Parteien durchgeführt“ habe.
Dass diese Aussagen die AfD als eine ganz normale Partei mit anderen Parteien gleichstellt, scheint Droßmann offenbar nicht bedenklich. Er wirft nur ein, dass er ab dem „01. 07 im Erholungsurlaub, der auch den August einschließt“ sei und „keine öffentlichen Termine“ in seiner Funktion als Bezirksamtsleiter wahrnehme werde.
Diese Aussage deckt sich wenig mit den Ausführungen von Droßmanns Büroleiter Zybarth. Dieser hatte der taz zwar erklärt, dass ein Bezirksamtsleiter in der Bezirksversammlung alle Fraktionen gleich behandeln müsse. Die von der AfD beworbene Veranstaltung sei nun aber eine Parteiveranstaltung. Und da müsse Droßmann als Bezirksamtsleiter dann auch nicht erscheinen.
Eine weitere Aussage von Zybarth gegenüber der taz widerspricht der Antwort der AfD. Am 24. Juni hatte der AfD-Sprecher Menkens per E-Mail ausgeführt, dass die Veranstaltung nicht abgesagt, sondern lediglich verschoben werde: „Aufgrund einer Terminkollision seitens Herrn Droßmann kann der Online-Bürgerdialog nicht zum angegebenen Zeitpunkt stattfinden“, schrieb Menkens um 14:50 Uhr. Auf erneute Nachfrage der taz schrieb Zybarth gegen 17:07 Uhr: „Es handelt sich um ein Büroversehen. Tatsächlich ist der AfD fälschlicherweise ein neuer Termin angeboten worden. Dies ist aber unabgestimmt erfolgt und wurde bereits zurückgezogen.“
Peter Martin Zybarth, Büroleiter von Falko Droßmann
Doch wird es dabei bleiben, dass es keine Veranstaltung mit der AfD geben wird? Auch nicht unabgestimmt, fälschlicherweise? Am Tag zuvor, am 23. Juni um 15:36 Uhr, hat Droßmanns Büroleiter – nach einer weiteren E-Mail, die der taz vorliegt – den AfD-Bezirksabgeordneten und Bundestagskandidaten allerdings selbst gebeten, den Termin zu verschieben: „Ich könnte nach interner Rücksprache den Montagabend oder Dienstagabend nach 18:00 anbieten.“ Dieses Angebot deckt sich mit den Angaben der AfD.
Falko Droßmann möchte als Direktkandidat für seinen Wahlkreis in den Bundestag einziehen. Den Oberstleutnant der Luftwaffe der Bundeswehr scheinen die Warnungen des Landesamts für Verfassungsschutz, dass sich die AfD auch an der Elbe radikalisiere, nicht nachhaltig zu beeindrucken.
Der Bezirk Mitte der AfD steht dem offiziell aufgelösten „Flügel“ in der Partei sehr nahe. Mennerich ist einer der Rechteren bei den Rechten. Die AfD war wegen der Veranstaltung in den Medien kritisiert worden: Der SPD-Bundestagskandidat erschien als Opfer einer „linken Nummer“ der AfD. Mit Fake News hätte die AfD das Bezirksamt vorgeführt, hieß es aus der Bürgerschaft. Die E-Mails, die nicht gefälscht wirken, lassen diese Erzählung nicht zu.
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