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Hamburger Mietenspiegel 2017Mieten steigen langsam, aber sicher

Der neue Hamburger Mietenspiegel weist unverändert enorme Mietssteigerungen nach. Senat will Wohnungen bauen, Mietervereine fürchten Verdrängung.

Modernisierungen machen Wohnungen meist schöner, immer aber auch teurer Foto: dpa

Hamburg taz | Wohnen in Hamburg wird weiterhin immer teurer, wenn auch geringfügig langsamer. Das ist das Ergebnis des Hamburger Mietenspiegels 2017, den Bausenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) am Dienstag präsentierte. Demnach ist in guter Wohnlage, in der zwei Drittel aller Wohnungen liegen, unter 10 Euro Nettokaltmiete kaum noch eine Wohnung zu bekommen. Das mache es „nicht nur Geringverdienern, sondern auch Haushalten mit durchschnittlichem Einkommen schwer, eine bezahlbare Wohnung zu finden“, kommentiert Siegmund Cychla, Vorsitzender des Mietervereins Hamburg.

Stapelfeldt hingegen verweist darauf, dass der Preisanstieg sich verlangsamt habe. Gegenüber dem Mietenspiegel 2015 seien die Mieten nur um 5,2 Prozent auf durchschnittlich 8,44 Euro pro Quadratmeter gestiegen, in den beiden Jahren davor habe der Anstieg noch 6,1 Prozent betragen. Das verstärkte Wohnungsbauprogramm des Senats seit 2011 habe zu dieser Abmilderung beigetragen, ist Stapelfeldt überzeugt, dennoch gebe es „eine anhaltend hohe Nachfrage und einen weiterhin dynamischen Wohnungsmarkt“.

Die Attraktivität Hamburgs sorge eben für einen ungebremsten Zuzug in die wachsende Stadt an der Elbe: „Es wird auch zukünftig unsere Aufgabe sein, für mehr bezahlbaren Wohnraum zu sorgen“, so die Senatorin: „Wir müssen unablässig bauen, damit Hamburg eine Stadt für alle bleiben kann.“

Denn eben daran zweifeln vor allem die beiden Hamburger Mietervereine. „Völlig losgelöst von den sonstigen Lebenshaltungskosten gestiegen“ seien die Mieten in den vergangenen Jahren, kritisiert Sylvia Sonnemann, Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern. „Keine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt“ sieht Cychla vom Mieterverein. Zwei bis drei Mal höher als der Verbraucherindex stiegen die Mieten in Hamburg unvermindert an; der Erhöhung um 5,2 Prozent seit 2015 steht eine allgemeine Inflationsrate von lediglich 1,7 Prozent gegenüber.

Mietervereine fordern 10.000 neue Wohnungen pro Jahr

Lediglich in Altbauten vor 1918 gibt es eine Konsolidierung der Preise, bisweilen gar einen leichten Rückgang, ebenso in den 80er-Jahre-Bauten. Vor allem in den Neubauten seit 2011 hingegen explodieren die Preise: Den höchsten Mittelwert weisen hier Singlewohnungen bis 40 Quadratmeter mit 17,08 Euro auf, den absoluten Höchstwert Luxusappartments über 130 Quadratmeter mit 20,69 Euro. Wer hier wohnen will, muss also mehr als 2.600 Euro im Monat zahlen können – ohne Nebenkosten.

Beide Mietervereine fordern deshalb vom rot-grünen Senat, mindestens 10.000 neue Wohnungen pro Jahr zu bauen und dies „über Jahre zu verstetigen“. Zudem müsste die Mietpreisbremse weiter verschärft werden, im Mietenspiegel auch die geringeren Mieten der geförderten Genossenschaftswohnungen eingerechnet und die Verdrängung von Menschen aus günstigen Wohnungen durch soziale Erhaltungssatzungen für weitere Quartiere verhindert werden.

Der Mietenspiegel

Der Hamburger Mietenspiegel wird alle zwei Jahre im Auftrag der Baubehörde erstellt.

Er dokumentiert die zum Stichtag 1. April tatsächlich gezahlten Mieten im freifinanzierten Wohnungsbestand.

Der Mietenspiegel mit Tiefst-, Mittel- und Höchstwerten für jede Bauklasse ist Grundlage und Rahmen für die Mietzahlungen.

Der aktuelle Mietenspiegel samt Onlinerechner ist zu finden auf www.hamburg.de/mietenspiegel.

Zudem befürchten sie unschöne Post zu Weihnachten. Ein Viertel der Hamburger Haushalte müsse jetzt mit einer Mieterhöhung unter Berufung auf den neuen Mietenspiegel rechnen. Ohne Rechtsberatung solle man diese aber nicht akzeptieren, raten die Mietervereine.

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1 Kommentar

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  • Es reicht nicht, Wohnungen zu bauen. Es müssen massiv Sozialwohnungen gebaut werden. Am Besten, die Stadt würde die Genossenschaften beim Bauen massiv unterstützen, so dass der Bestand sozial kontrollierten Wohnraumes stabilisiert werden würde. Denn zunehmen kann er gar nicht, gehören viele 'Sozialwohnungen' privaten Investoren und Besitzern, die sich darüber freuen, dass der Wohnraum aus der Sozialbindung gefallen ist. Ich kann nicht nachvollziehen, warum sozialer Wohnungsbau immer noch nicht Priorität hat. Was nützen einem Polizisten und einer OP-Schwester, wenn um die Ecke 36 Wohneinheiten zum Kauf angeboten werden? Das Ehepaar kann nicht mal in Kaltenkirchen oder Neumünster ein Haus oder eine Wohnung zum vertretbaren Preis kaufen? Nur Wohnungen, die sozialverträglich sind, schaffen wirkliche Abhilfe und ein Einrechnen der Genossenschaftswohnungen in den Mietspiegel wäre schon mal gut. Aber auch Genossenschaften versuchen ihre Mieten / Pachten zu auszurichten, dass sich bei ihnen nicht Hartz-IV-BezieherInnen sammeln. Irgendwo müssen aber diese Menschen leben und gerade diese Gruppe braucht eine gute kommunale Infrastruktur - privat werden sie nicht versorgt. Ich sehe das so, dass der Senat gezielt Investoren und Käufer von Wohnungen bevorzugt. Und dafür werden sie auch die Quittung erhalten.