Hamburger Hotel mit Beatles-Erbe: Zwei Sterne für die Nacht
Im Hamburger Hotel Pacific haben einst die Beatles und Jimi Hendrix genächtigt. Jetzt steht es auf der Liste der denkmalgeschützten Bauten.
Beim Hineinspähen sehe ich: hölzerne Tische, Anrichten, Rundbänke, Wirtshaus-stühle, einen dunklen Tresen und mit dem gleichen braunen Holz vertäfelte Wände. So gemütlich-rustikal hatte man das in den 1960er Jahren gern. Hier, in der kombinierten Lounge, Bar und Frühstücksraum ist die Möblierung von damals fast so geblieben.
Die nostalgische Spurensuche setze ich im Inneren des Hotels bei einer Besichtigung im Rahmen einer Kunstaktion fort. Auf Stufen aus schwarzem Terrazzo-Marmor schreite ich über vier Etagen durch das Treppenhaus aus Glasbausteinen. Beim Laufen durch die Gänge, von denen die insgesamt 55 Zimmer abgehen, fallen die Beschriftungen einiger Türen auf: „Dusche“ zum Bespiel, für die billigeren Zimmer, die nur ein Waschbecken haben, umgeben von rosa, hellgelben, lindgrünen oder blassblauen Kacheln – je nach Stockwerk.
Das BesondereIm Hotel Pacific haben einst die Beatles, Jimi Hendrix und andere Größen der 60er- und 70er-Jahre-Musik übernachtet. Anfang der 60er erbaut, hat das Haus außerdem ein hohes Maß an Authentizität hinsichtlich der Kubatur, des Aufrisses, der Grundrisse und wesentliche Bestandteile der Ausstattung zu bieten.
Das ZielpublikumBeatles. Und Menschen, die sich diese besondere Zeit noch mal vergegenwärtigen möchten.
Hindernisse auf dem WegKaum vorhanden. Das Haus ist per U-Bahn, Bus oder Fahrrad problemlos zu erreichen. Nur mit Parkplätzen wird es schwierig.
Allerdings gehen diese Details fast unter, denn in den Zimmern beherrschen bereits die 90er Jahre das Ambiente. Über den alten, rokokogemusterten Tapeten klebt jetzt Raufaser in angegrautem Vanillegelb.
Aber auch diese Zeiten sind vorbei: Seit Corona ist der Hotelbetrieb geschlossen. Von März 2022 bis Mai 2023 wurden die Räume noch als Unterkunft für ukrainische Geflüchtete genutzt. Dann war geschlossen. Vorübergehend konnte man mal wieder zur Besichtigung kommen, denn bis zum ersten Adventssonntag zeigten KünstlerInnen ihre Werke in den Räumen.
Kunst auf der Durchreise
Organisiert hat das die fortlaufende Kulturveranstaltung altonale, die mit dem „Kunstherbst“ erstmalig eine Schau für bildende KünstlerInnen umgesetzt hat. Erst Mitte Oktober kam die Zusage für das Hotel. Wie durch ein Hotel-Museum konnten Besucher durch alle Etagen laufen und neben den gezeigten Arbeiten auch über alte Lichtschalter mit Service-Rufknopf und Toiletteneinrichtungen staunen.
Durch die Fenster der rückseitigen Zimmer ist die Ruine eines ehemaligen Anbaus zu sehen, der auch Schlafplätze enthielt, umgeben von schick sanierten Backsteinwohnungen. In einer früheren Phase des Leerstands 2013 gab es hier schon mal eine „Velada“ mit internationalen KünstlerInnen oben in den Zimmern und Bands unten in der Lounge, die vor einigen Monaten als „Pacific Bar“ wiederbelebt wurde.
1961 eröffnete der von Hans Warncke entworfene Bau. Ende 1962, also in der letzten Phase ihrer Hamburger Berühmtwerdung, wohnten (unter vielen anderen mehr oder weniger bekannten Popstars) auch die Beatles hier. Das war in mehrerer Hinsicht praktisch, denn in etwa 10 Fußminuten erreichten sie den Top Ten Club, in dem sie auftraten. Außerdem konnten sie bei Musik-Rotthoff, der quasi hauseigenen Musikalienhandlung, ihr Equipment besorgen. Paul McCartney kaufte hier seinen berühmten Höfner-Bass. Mit seinem roten – nicht mehr leuchtenden – Schriftzug und den Worten „Ankauf-Verkauf-Reparatur“ sieht der Laden sieht heute noch aus wie damals. Bezahlt wird – auch wie einst – in bar.
Bescheiden und günstig
Trotz berühmter Gäste war das Hotel immer eine preiswerte Zwei-Sterne-Unterkunft und hat auch nie eine große Sache aus der eigenen Historie gemacht. Nur ein paar Fotos im Gastraum erinnern daran, während Reiseführer und das Stadtmarketing bei jeder Gelegenheit darauf hinwiesen.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Solange der reguläre Hotel-Betrieb lief, illuminierten ab Anbruch der Dunkelheit die gelben Leuchtbuchstaben PACIFIC am Dach die Szenerie. Nicht immer funktionierten sie vollständig, deswegen prangte auch für einige Zeit „EL P FIC“ vom Haus, wie eine Verheißung auf dem Weg zum nahen Rotlichtmillieu an der Reeperbahn. Das erzählt mir eine andere Besucherin, deren Arbeitsweg vor etwa 20 Jahren hier entlangführte. Leider leuchtet jetzt nichts mehr.
Noch steht das Pacific als unprätentiöser Zeitzeuge an der Kreuzung – und auf der Liste der denkmalgeschützten Bauten. Was hier weiterhin passieren wird, ist nicht öffentlich bekannt. Ideen von einer weiteren Nutzung als Hotel sickern durch, nach einer „Entkernung“ mit dem Erhalt der Fassade, eventuell sollen die Bauarbeiten im Herbst 2025 beginnen. Wer also noch einmal ein Stück Wahres sehen möchte, bevor das Bling-Bling es erstickt und der Schatten des auf der anderen Straßenseite hochwachsenden Bürokomplexes den Ort verdunkelt, sollte bald mal vorbeischlendern.
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