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Hamburg und die Kühne-OperAls das Wünschen noch geholfen hat

Kommentar von Daniel Wiese

Der Milliardär Klaus-Michael Kühne will Hamburg eine neue Oper schenken. Für die Stadt könnte das teuer werden.

Die Oper, die keine mehr sein soll: das Hamburger Haus am Gänsemarkt Foto: Markus Scholz/dpa

G ibt es Geschenke, die zu groß sind, um sie ablehnen zu können? Ein Opernhaus, zum Beispiel, wäre schon ein ziemlich großes Geschenk, und die Stadt möchte man sehen, die ein solches Angebot ausschlüge. Wobei…

Klaus-Michael Kühne will Hamburg dieses Geschenk machen. „Rund 300 Mio. Euro: HSV-Milliardär Kühne bezahlt Hamburgs neue Oper“ titelte die Bild-Zeitung schon vor Wochen, seitdem verdichten sich die Anzeichen, das ein Deal kurz bevorsteht. In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt verriet Kühne, dass man mit den Verhandlungen gut vorankäme, er hoffe auf einen Baubeginn in einigen Monaten.

Nun ist es ja im Prinzip schön, wenn Menschen mit sehr viel Geld – Klaus-Michael Kühne gilt, obgleich er bei Zürich lebt, als reichster Deutscher – etwas der Allgemeinheit zugute kommen lassen. Wobei eine Oper natürlich jetzt auch nicht wirklich für alle ist, schon mit dieser Art zu singen, kann nicht jeder etwas anfangen. Der HSV, den Kühne sonst noch sponsort, hat da mehr Breitenwirkung, aber eben: zweite Liga forever.

Es muss also etwas anderes her, wenn der Unternehmer, 87, sich noch ein Denkmal in seiner Heimatstadt Hamburg setzen will. Sponsor der Salzburger Festspiele ist er bereits, und er ist Operngänger. Seine Frau habe ihn dazu gebracht, wie er vor zwei Jahren dem Spiegel erzählte. Die Frage ist nur: Braucht Hamburg überhaupt eine neue Oper?

Unter Denkmalschutz

Das jetzige Haus, die Staatsoper am Gänsemarkt, ist sanierungsbedürftig, 100 Millionen, heißt es, müssten in den nächsten Jahren wohl investiert werden. Aber sie liegt in der Innenstadt, an einem sehr traditionsreichen Ort, fußläufig zum Rathaus und zur Binnenalster und zum Park Planten un Blomen. Der Bau, nach hinten raus aus den 1920ern, vorne raus aus den 1950ern mit einer charakteristischen Glasfassade, steht unter Denkmalschutz.

Doch für Kühne, der in der ganzen Welt Unternehmen kauft und verkauft, wie es ihm passt, bedeutet das nicht viel. Er ist mit dem Hamburger Istzustand unzufrieden: Das Gebäude sei asbestverseucht, die Akustik schlecht, das Niveau mittelmäßig, sagte er in dem Spiegel-Gespräch, das in einem seiner Hotels auf Mallorca stattfand. Er wolle die Hamburger Oper nach vorne bringen und sei bereit „einen Beitrag zu leisten“.

Die Reaktionen von Seiten der Stadt Hamburg waren verhalten: So schlimm sei das mit dem Asbest auch wieder nicht, und Kühnes Pläne, na ja, also wenn es eine Schenkung wäre, vielleicht…

Doch die Verhandlungen hinter den Kulissen gingen weiter. Der Hamburger Kultursenator, Carsten Brosda (SPD), reiste mit Kühne zur Oper in Oslo, einem futuristischen Bauwerk direkt am Fjord. Im Mai diesen Jahres dann lehnte sich Brosda ein bisschen weiter aus dem Fenster: „Ein Kultursenator, der sagt, ich will keine neuen Kulturorte, wäre schlecht beraten“, sagt er dem Abendblatt. Man müsse allerdings erst einmal den Preis fixieren.

Mit Pferdefuß

Denn, wie es bei großen Geschenken so ist: sie haben oft einen Pferdefuß. Kühnes 300 Millionen dürften für eine neue Oper in der Hafencity kaum reichen. Die Stadt muss das Grundstück erschließen, die Opernbesucher müssen ja hinkommen in diesen entlegenen Teil der Hafencity, und für den Hochwasserschutz sorgen muss sie auch. Nicht ganz einfach, die Hafencity steht auf einer Insel in der Elbe. Es wird auf jeden Fall teuer werden.

Denn, wie es bei großen Geschenken so ist: sie haben oft einen Pferdefuß. Kühnes 300 Millionen dürften für eine neue Oper kaum reichen

Für den Fall, dass die Kühne-Oper kommt, hätte Hamburg dann allerdings eine Oper zu viel. Was wird mit dem Haus am Gänsemarkt? Bekommt Kühne es zum Austausch geboten? Was könnte da rein?

Fragen über Fragen. Mal angenommen, Kühne wäre kein Operngänger, oder er fände die jetzige Hamburger Staatsoper gut, so wie sie ist: Wäre dann wohl irgendjemand auf die Idee gekommen, dass Hamburg eine neue Oper braucht?

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • etzt hat der irgendwie ja auch Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne (87) sich gerade wieder als Wohltäter feiern lassen, ist über den roten Teppich zur Fischauktionshalle geschritten und hat den Gründerpreis 2024 entgegengenommen, von einem, so zeigen es die Fotos, lachenden Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), und dann passiert so was: Eine riesige Geschichte in Vanity Fair, dem in New York erscheinenden US-Magazin, beschäftigt sich mit der Herkunft des Familienvermögens.

    Detailliert zeichnet das Magazin nach, wie Vater und Onkel Kühne in der Nazizeit den jüdischen Miteigentümer Adolf Maas (der später in Auschwitz starb) aus ihrem Speditionsunternehmen drängten, sich eine jüdische Transportfirma aus Tschechien einverleibten und ihr Unternehmen zu einem Nazi-Vorzeigebetrieb machten, um später sehr viel Geld mit dem Transport geraubten jüdischen Eigentums nach Deutschland zu verdienen.

  • Das Ganze ist mehr als ein Pferdefuß. Ein Neubau ist unter 1,5 Milliarden wohl nicht zu haben. Und dann erst die späterem Unterhaltskosten, die allein die Stadt Hamburg zu tragen hätte.



    Ich bin begeisterter Opern- und Konzertgänger in München, aber in der heutigen Zeit soviel Steuergeld für ein Opernhaus auszugeben grenzte an Wahnsinn. Erstmal Sanierung und Neubau von Schulen und Wohnungen für alle Bürger. Wenn die Kühne-Stiftung das unbedingt will, dann könnte sie ja ganz privat ein solches Haus bauen und unterhalten.Privates Vermögen ist reichlich vorhanden. In den USA ist das von jeher so. Im Zweifelsfall rate ich zu einer Bürgerabstimmung in Hamburg, der Ausgang wäre jetzt schon gewiss.

  • Die einzige korrekte Antwort auf all die im Artikel abgerissenen Fragen lautet Vermögenssteuer. Dann ist genug da für alles, Wiedervernässung von Mooren und Opern/Vergnügungstempel

  • Herr Kühne schenkt der Stadt 300 Millionen unter der Bedingung, dass diese ein Opernhaus baut, alle Mehrkosten hat aber die Stadt zu tragen, und die können noch ein Mehrfaches betragen, den Stadthaushalt auf Jahre hinaus belasten.



    Das ist doch kein Geschenk mehr!

  • Man würde sich wünschen, Hr. Kühne hätte diese Oper der Stadt Köln geschenkt, dort wird seit etwa 10 Jahren einer der hässlichsten Plattenbauten aus den 50ern saniert, er nennt sich Wohn-Oper. Kosten derzeit etwas 2 Milliarden - Milliarden, nicht Millionen. Dies alles im staatlichen Auftrag unter den Augen der Frau Oberbürgermeisterin. Es wäre wünschenswert, die Stadt Köln hätte einen solchen Mäzen. Teuer wird es, wie man an Köln sieht, auch ohne Ihn.

  • Hr. Kühne sollte einfach die Sanierung des bestehenden Gebäudes bezahlen, wenn er etwas Gutes tun will und wenn es schon eine Oper sein soll. Damit wäre allen geholfen.

  • Hatten der Bau der Pyramiden, der Akropolis oder des Eifelturms irgendeinen Sinn? Wohl kaum. Nur gut, dass die kleinkarierte Frage nach der Sinnhaftigkeit so häufig übergangen wurde, denn sonst wären wir um einen beträchtlichen Teil unseres architektonischen Erbes ärmer. Häufig sind es doch gerade die sinnlosesten Bauten, die den größten ästhetischen Reiz ausüben. Einzig kritikwürdig an der Oper-Idee ist, dass Herr Kühne mit einem Vermögen von mehr als 30 Mrd. nicht bereit ist, die paar Euro mehr auf den Tisch zu legen, die für ein richtig tolles Bauwerk erforderlich wären.

    • @melly:

      Stimmt auch wieder.

      Kein Schwein fragt heute noch danach, was das Opernhaus von Sydney gekostet hat. Und der Bau der Oper von Oslo, hierzulande bekannt wegen Merkels Ausschnitt, war der Startschuss für die Revitalisierung der gesamten Innenstadt.

      • @Suryo:

        Die Stadt Oslo inklusive der Innenstadt befindet sich seit Jahrzehnten in einem Wandel (z.B. auch Aker Brygge seit den 80ern), hierbei war die Oper auf der anderen Seite der Innenstadt weniger der Startschuss und mehr ein Bestandteil.

        • @Marko Schulz:

          Das stimmt, aber erst die Oper hat die internationale Bekanntheit Oslos als Stadt mit interessanter moderner Architektur geschaffen.

    • @melly:

      Eiffelturm mit zwei f bitte, aber eigentlich egal, ich mag den eh nicht. Hohle Angeberarchitektur, geschieht dem Ding recht, dass die meisten Menschen es nur noch als Selfiekulisse betrachten, dafür reicht er ja allemal aus.