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Hamburg spart sich Grundleistungen„Sie frieren“

Laut Gesetz haben Flüchtlinge Anspruch auf Kleidung. Bei der Versorgung verlässt sich der Senat allerdings auf Ehrenamtliche.

Freiwillige Helferinnen sortieren in der Kleiderkammer Hamburg Spenden. Foto: Christian Charisius (dpa)

Die Hamburger Erstaufnahmeeinrichtungen tun sich teilweise schwer bei der Beschaffung von Kleidung für Flüchtlinge. Nach dem Asylbewerberleistungsgesetz haben diese zwar einen Anspruch darauf, eingekleidet zu werden. Der Senat hat diese Aufgabe aber im Wesentlichen privat organisierten Kleiderkammern, die von Spenden leben, überlassen.

„Ich bin von so vielen gefragt worden, ob ich Herrenschuhe besorgen könne, weil sie frieren“, erzählt Eva Lobermeyer, die den Flüchtlingen in dem ehemaligen Baumarkt am Hörgensweg in Schnelsen geholfen hat. Zum Teil liefen die Leute dort trotz des Herbstwetters in Sandalen oder Flipflops herum. Der jetzige Träger der Unterkunft, das städtische Unternehmen Fördern und Wohnen, habe es nicht geschafft, eine Kleiderausgabe einzurichten.

Schutzsuchenden stehen eine Reihe von Grundleistungen zu, die in der Regel als Sachleistungen, also nicht in Form von Geld, gewährt werden sollen. Dazu gehören Essen, Unterkunft und Heizung, Gesundheitspflege, Haushaltswaren und eben auch Kleidung. Darüber hinaus gibt es ein monatliches Taschengeld von 143 Euro „zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe“.

Zumindest Hygieneartikel und Haushaltsgerätschaften werden von Fördern und Wohnen auch beschafft, sagt die Sprecherin des Landesbetriebes, Susanne Schwendtke. Zum Thema Kleiderversorgung möchte sie sich grundsätzlich nicht äußern. Der Senat beantworte gerade eine parlamentarische Anfrage dazu. Ein Budget pro Flüchtling gibt es nicht. „Wir rechnen alles, was wir in der Erstaufnahme tun, nach Aufwand ab“, sagt Schwendtke.

Dabei profitiert der Senat von den ehrenamtlich betriebenen Kleiderkammern. Im Asylbewerberleistungsgesetz heißt es: „Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen gewährt werden.“ Der Senat kann sich das sparen, auf die große Spendenbereitschaft der HamburgerInnen bauen und auf das Engagement der Ehrenamtlichen, die diese Kleider sammeln, sortieren und verteilen.

Nach Aussage einer Helferin, die anonym bleiben möchte, gibt es dabei allerdings bisweilen Probleme. So tue sich Fördern und Wohnen teilweise schwer bei der Zusammenarbeit mit Ehrenamtlichen. „Es gibt eine Menge Leute, die helfen wollen“, sagt sie. Diese erhielten aber nur schleppend Ehrenamtsverträge, die es ihnen ermöglichen, die Unterkünfte zu besuchen. Dem Versuch, in Schnelsen eine Kleiderkammer aufzubauen, seien auf diese Weise Steine in den Weg gelegt worden.

„Ein Thema ist, dass wir keinen Platz haben für Kleiderkammern“, räumt Schwendtke ein. „Wir brauchen jeden Platz für Betten.“ In der Flüchtlingsunterkunft am Hörgensweg sei der Start aber auch besonders holprig gewesen, weil es dort zu Anfang ja nicht einmal einen Betreiber gegeben habe.

Wie berichtet, mussten die Menschen zunächst auf Isomatten schlafen. Es habe Wochen gedauert, bis Betten, Duschen und Waschmaschinen aufgebaut worden seien, erzählt Lobermeyer. Helfer hätten die Flüchtlinge zum Teil mit nach Hause genommen, damit sie duschen und waschen konnten.

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