Hamburg ignoriert Nachtflugverbot: Nächtliche Unruhe
Hamburgs Flughafen verstößt öfter gegen das Nachtflugverbot. Der Rekord von 2016 ist bereits übertroffen. Gibt es eine Volkspetition?
Ein wesentlicher Grund für die Zunahme sind die gestiegenen Fluggastzahlen. Im September flogen neun Prozent mehr Passagiere als ein Jahr zuvor. Die Airport-Gesellschaft hofft, erstmals die Marke von 17 Millionen Passagieren zu überspringen.
Nach Angaben der Fluglärmschutzbeauftragten Gudrun Pieroh-Joußen sind somit seit Januar 831 Flugzeuge mit nächtlichen Verspätungen gelandet und in einigen Fällen auch gestartet. „Die Pünktlichkeitsoffensive ist leider noch kein Erfolg“, so ihr Resümee. In dieser Vereinbarung vom April 2016 hatten der Flughafen und mehrere große Airlines zugesagt, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um nächtliche Verspätungen auf dem von Wohngebieten umgebenen Airport zu vermeiden – bislang erfolglos.
„Die Situation verschärft sich weiter“, sagt Martin Mosel, Leiter des Arbeitskreises Luftverkehr beim Umweltverband BUND in Hamburg. Er befürchtet, dass bis zum Jahresende die Grenze von 1.000 Nachtflügen überschritten wird. Der bisherige Rekord aus dem Jahr 2016 liegt bei 773 – und der ist jetzt ja bereits nach neun Monaten übertroffen worden. „Die Verantwortlichen im Rathaus und am Flughafen müssen endlich aufwachen – die vielen Betroffenen sind es leider längst“, kommentiert Hamburgs BUND-Chef Manfred Braasch.
Mitte September hatte der BUND eine von rund 15.000 Menschen unterschriebene Volkspetition für ein „konsequentes Nachtflugverbot“ zwischen 22 und sechs Uhr bei der Bürgerschaftskanzlei eingereicht. Mindestens 100.000 Menschen seien gesundheitsschädlicher Lärmbelastung durch den Flugbetrieb ausgesetzt. Das müsse beendet werden: „Es gibt ein Grundrecht auf körperliche und seelische Unversehrtheit, aber kein Recht auf Fliegen zu jeder Tages- und Nachtzeit“, so Braasch damals.
Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und Grünen, Andreas Dressel und Anjes Tjarks, hatten Sympathie für die Volkspetition signalisiert und eine konstruktive Debatte in der Bürgerschaft zugesagt. Die Situation sei „nicht akzeptabel“, sagten beide.
Auch jetzt stellt Dressel klar, dass die Lage am Flughafen „nicht länger hinnehmbar“ sei. Noch in diesem Jahr würden in der politischen Diskussion über die Volkspetition „der Handlungsbedarf und mögliche Maßnahmen konkretisiert“. An eine Reduzierung der Betriebszeiten auf 22 Uhr glaubt Dressel jedoch nicht: „Wir müssen zuerst dafür sorgen, dass die geltenden Regeln eingehalten werden.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Die Wahrheit
Der erste Schnee
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?